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  24. Oktober 2006   Newsletter  

„Wie man nicht Schach spielt“

Anläßlich der Veröffentlichung seines jüngsten Politik-Papiers „Wie man nicht Schach spielt“, das in der jüngsten Ausgabe des Nachrichtenmagazins EIR erschien, erklärte Lyndon LAROUCHE am 15.10. gegenüber Mitgliedern der LaRouche-Jugendbewegung (LYM):

„Wir haben es mit einer Lage zu tun, in der die USA oder einige der dortigen Personen bereits einen Krieg führen, einen Weltkrieg. Man hört, ,Wird Cheney einen Krieg gegen den Iran beginnen?’, ,Wird es hier oder dort einen Zwischenfall geben?’ — der dann als Vorwand für ein militärisches Vorgehen gegen den Iran, Nordkorea oder ein anderes Ziel genutzt würde. „Für mich als jemanden, der ein bißchen Geschichte miterlebt hat, vor allem die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, klingt das alles ziemlich unsinnig ... Als Hitler tatsächlich diktatorische Vollmachten erhielt, und das war der Fall, als er vor dem Hintergrund des Reichstagsbrandesdiktatorische Vollmachten, wie sie George W. BUSH haben wollte, verliehen bekam, von diesem Moment an, und das war wenige Tage vor dem Amtsantritt Franklin Delano ROOSEVELTs als Präsident der USA, war der Zweite Weltkrieg bereits geplant! Alle sogenannten ,Zwischenfälle’, die sich in den 30er Jahren ereigneten, diese Krise hier, jene Krise dort — alle diese Zwischenfälle liefen auf eines hinaus: Die Welt bewegte sich auf Krieg zu ...

Und dies war bereits vorbestimmt, eine Woche bevor Franklin Roosevelt sein Amt als amerikanischer Präsident antrat. Und Roosevelt wußte das. Er kannte nicht alle Details, aber er kannte die Lage ... Mit einer ähnlichen Situation haben wir es jetzt zu tun. Wir befinden uns heute in der gleichen Lage... Es gab kein Irak-Problem! Es gibt kein Iran-Problem! Es gibt kein Nordkorea-Problem! Oh ja, es gibt am Rande jeder Gesellschaft immer irgendwelche Konflikte, in die man sich einmischen kann. Aber dies sind mögliche Züge auf einem Schachbrett, Manöver in einer Schachpartie. Und diese Züge bezwekken ein Ergebnis. Das Ergebnis lautet wie? Die Zerstörung der Vereinigten Staaten als Nation. Das ist eines der Ziele ...

In den USA gibt es Leute in der Tradition der anglophilen Roosevelt-Hasser „mit weißen Schuhen“, die das hassen, was die USA repräsentieren, die ihre Kontrolle über die Regierung und die Institutionen der USA dazu benutzen wollen, die USA dazu zu bewegen, eine Schlüsselrolle bei ihrer Selbstzerstörung zu spielen ... Sie nennen das ,Globalisierung’. Was ist Globalisierung? Sie ist das Ende der Existenz des souveränen Nationalstaates überall auf der Erde! Und wie wollen sie das erreichen? Indem man die USA dazu verleitet, Selbstmord zu begehen, indem sie einen selbstmörderischen Krieg gegen den Irak beginnen. Genau das war es, und wenn wir uns in einen selbstmörderischen Krieg gegen den Iran drängen lassen, dann wird es genau das sein. Es heißt, faktisch Krieg gegen China und Rußland führen ... Es gibt keinen ,Zwischenfall’! Es gibt keine ,Probleme’, die Menschen dazu veranlassen, Krieg zu führen! Es gibt ein Streben nach Krieg, das sich einen Vorwand dazu sucht! Und ihnen gehen angesichts der wirtschaftlichen Lage allmählich die Alternativen aus. Das derzeitige Weltfinanzund -Währungssystem ist dabei zusammenzubrechen ...

Wenn die USA nicht ihre Politik ändern und eine neue Führungsstärke an den Tag legen, welche die Kräfte der Nationen und der Welt bündeln kann, so wie Franklin Roosevelts Maßnahmen die Kräfte zusammenbrachten, um die Bedrohung durch Hitler zu zerschlagen, solange das nicht geschieht, und dies muß seitens der USA geschehen, gibt es wenig Chancen für irgendeinen Teil der Erde. Und hier sind wir, mit mir altem Mann, in dieser Führungsposition ohne formelle Macht ... Wenn ich mich umschaue, gibt es dort draußen viele gute Leute. Es gibt viele Menschen mit Führungsqualitäten, Menschen, die in einem gewissen Sinne bei dem unverzichtbar sind, was wir tun müssen. Aber sie werden es nicht tun, solange meine Führung in dieser Situation sie nicht dazu bringt, es zu tun ...Wir müssen ein Währungs- und Finanzsystem wiederherstellen, wie es Roosevelt errichtete, das mit unserer Verfassung übereinstimmt.“ Systemkrise: Die Ruhe vor dem Sturm

Wie berichtet, wird mittlerweile in der internationalen Finanzwelt offen von einer drohenden systemischen Krise gesprochen und in diesem Zusammenhang vor allem die üble Rolle der Hedgefonds unterstrichen. Allerdings handelt es sich dabei eher um eine "Geisterdebatte", da bisher niemand wagt, die Geschäftspraktiken der Hedgefonds durch Vorschriften einzuschränken. Denn wenn in den Finanzministerien und Aufsichtsbehörden auch laut vor Hedgefonds und deren Gefahren für die Stabilität des Weltfinanzsystems gewarnt wird, so beteuern aber die Minister und Offiziellen derselben Institutionen, daß man im Grunde nichts gegen diese Bedrohung unternehmen könne, außer vielleicht mal ein bißchen darüber diskutieren.

Ein Beispiel dafür ist das Berliner Finanzministerium. Wie die Londoner Financial Times am 18. Oktober an prominenter Stelle berichtete, erklärte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück tags zuvor, die deutsche Regierung werde das Thema Hedgefonds zu einem zentralen Punkt der G-8 machen, wenn Deutschland im nächsten Jahr den Vorsitz in der Gruppe der "acht führenden Industrienationen" übernimmt. Denn immerhin, so Steinbrück, gebe es nach dem Kollaps des amerikanischen Hedgefonds Amaranth in den USA eine "neue Sensitivität" bzgl. der von diesen spekulativen Fonds ausgehenden Systemrisiken. "Die Diskussion in den USA ist qualitativ ganz anders als vor vier bis fünf Jahren ", betonte Steinbrück, und fuhr fort: "Der Fall Amaranth hat hierbei sicherlich eine Rolle gespielt." Nun gebe es "deutliche Anzeichen", daß man auch in den USA die "Transparenz" dieser Fonds verstärken wolle. Das Debakel von Amaranth habe, wie schon der Kollaps von Long Term Capital Management (LTCM) im Jahre 1998, erneut aufgezeigt, daß die immens großen und zugleich undurchsichtigen Operationen der Hedgefonds das gesamte Finanzsystem gefährden. Sogleich machte Steinbrück dann aber klar: "Wir sprechen hier nicht über eine neue Regulierung. Es geht allein um die Frage der Transparenz."

Tatsächlich wurde dann am 18. Oktober in Berlin auf einer Kabinettssitzung entschieden, daß man Hedgefonds zu einem Schwerpunktthema beim G-8-Gipfel Anfang nächsten Jahres im Ostseebad Heiligendamm machen werde. Eine ungenannte "Berliner Regierungsquelle" machte aber gegenüber der Financial Times sofort deutlich, das Ganze werde vermutlich keinerlei Konsequenzen für die Offenlegungspflichten von Hedgefonds haben. Denn "irgendeine Form von Regulierung" werde es "wegen des Widerstands aus den USA und Großbritannien nicht geben". In diesen beiden Ländern unterhalten fast alle Hedgefonds der Welt ihre Büros, obwohl sie, um Bankenaufsicht und Steuerpflicht zu umgehen, ihren nominellen Hauptsitz oft auf den Cayman Islands haben. Es sei schon ein Fortschritt, so die Quelle, daß Washington und London mittlerweile überhaupt zu Diskussionen über Hedgefonds bereit sind. "Vor zwei Jahren ist man noch vor die Wand gelaufen, wenn man den Begriff nur erwähnt hat."

Auch die Bundesbank hat sich in dieser Frage zu Wort gemeldet. Vorstandsmitglied Edgar Meister erklärte am 17. Oktober in Frankfurt: "Der Amaranth-Verlust stellt keinen Einzelfall in der jüngsten Vergangenheit der Hedgefondsbranche dar. " Da es keine Finanzaufsicht für diese Fonds gebe, würden ähnliche Zusammenbrüche meistens vertuscht und niemals ans Tageslicht gelangen. Bislang seien die Auswirkungen solcher Ereignisse auf die Finanzmärkte beschränkt gewesen. Das dürfe aber nicht zu trügerischer Sicherheit verleiten. "Vielmehr kann darin eine Warnung und eine Aufforderung zum Handeln gesehen werden." Aber wie stellt sich der für die Bankenaufsicht zuständige Bundesbankvorstand dieses "Handeln" vor? Da es nach wie vor keine Chance für eine internationale Regulierung von Hedgefonds gebe, schlägt Meister kleinlaut vor, man könne ja die Fonds zur freiwilligen Verabschiedung einer Art "Verhaltenskodex" ermuntern. Und dann müsse man nur noch die privaten Ratingagenturen dazu gewinnen, die Einhaltung dieses Verhaltenskodex' in jedem Einzelfall zu benoten.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in Großbritannien. Am 17. Oktober feuerte Sir John Gieve, der Vizegouverneur der Bank von England, eine Salve auf die Hedgefonds ab. Komme es zu einer echten Streßsituation an den Kapitalmärkten, so Gieve, dann gingen viele dieser Fonds unter. Das rasante Wachstum der Zahl dieser Fonds und des von ihnen eingesammelten Kapitals - es wird heute auf rund 1600 Mrd. Dollar geschätzt - fand unter ausgesprochen günstigen Umständen statt. Das Risikomanagement der meisten Fonds, so Gieve, ist bisher noch nie durch einen "ernsthaften Schock" getestet worden. Die Pleite von Amaranth sei einigermaßen glimpflich abgelaufen. Aber künftige Zusammenbrüche könnten sehr viel schwerwiegendere Folgen haben. "Wir sollten nicht davon ausgehen, daß es beim nächsten Mal ähnlich sanft abgehen wird - und natürlich wird es ein nächstes Mal geben. Wenn wir in den kommenden Jahren eine neue Finanzkrise erleben, werden wir mit Sicherheit einige Hedgefonds in ihrem Zentrum oder nahe diesem vorfinden", warnte er.

Die Antwort des britischen Finanzministeriums auf diese Warnungen lautete, man sei nach wie vor "skeptisch gegen jede Form von Hedgefondsregulierung". Aber man werde noch einmal eine Studie in Auftrag geben, um diesen Komplex im Detail zu untersuchen. Während an dieser Front also mit keinerlei substantiellen Vorkehrungen gegen die nächste Finanzkrise zu rechnen ist, braut sich an anderer Stelle längst eine finanzielle Megakatastrophe zusammen: Es geht um die absehbare Implosion des US-Immobilienmarktes, inkl. der darauf verwetteten Hypothekenkredite und Finanzderivate. Regierungen sprechen zwar über dies Thema in der Öffentlichkeit bislang nicht, aber an den Finanzmärkten selbst ist das anders. Am 18. Oktober überschrieb die Neue Zürcher Zeitung ihren Überblick zum Geld- und Kapitalmarkt mit den Worten "Investoren blicken bange in Richtung USA - Spekulationen über die Folgen der Abschwächung am US-Immobilienmarkt". Dann heißt es: "Die Krise am US-Immobilienmarkt ist zur Zeit das beherrschende Thema am Schweizer Kapitalmarkt und verunsichert die Investoren. Die Spekulationen über die Folgen der Abschwächung am Häusermarkt auf den Privatkonsum blühen, so ein Marktbeobachter." Schließlich seien die Auswirkungen für die amerikanische Wirtschaft "zurzeit nicht abzuschätzen". In vielen Teilen der USA ist die Wachstumsrate der Preise für Wohnhäuser - ein wesentlicher Grund für die explosionsartige Ausweitung der Hypothekenkredite - im Laufe des Sommers fast schlagartig auf Null gefallen. In vielen Gegenden ist die Zahl der Hauskäufe schon deutlich rückläufig. Insbesondere in Kalifornien, wo der spekulative Handel mit völlig überteuerten Häusern - ermöglicht durch extrem windige Formen von Hypothekenfinanzierungen - besondere Blüten getrieben hat, spitzt sich jetzt die Lage zu. Am 17. Oktober meldete die auf Immobilien spezialisierte Agentur DataQuick Informations Service, daß es im September in acht Regionen Kaliforniens bereits zu erheblichen Preiseinbrüchen im Vergleich zum Vorjahr gekommen ist, und zwar hauptsächlich im Umfeld San Franciscos.

Einige Beispiele: Sonoma County -7,7%; Contra Costa County -5,5%; San Diego County -4,4%; Ventura County -3,3%. Die Zahl der Hauskäufe brach in Kalifornien im September um 29% gegenüber dem Vorjahr ein. Dabei haben die Verkäufer, sofern es sich um Baugesellschaften handelt, längst die verzweifelte Taktik der US-Autoindustrie übernommen: Sie überbieten sich gegenseitig mit ganzen Paketen von Rabetten und Geschenken, um einen Käufer für ihre Häuser zu finden. Da werden Garagen hinzugeschenkt oder sogar die Beteiligung an der Abzahlung der Hypothekenkredite angeboten. Auch 10 000 Dollar in bar für den Hauskäufer sind jetzt keine Seltenheit mehr. Ohne diese "Beihilfen" wären sowohl die Zahl als auch der Preis von Häusern längst schon viel stärker eingebrochen, als es die offiziellen Zahlen ausdrücken.

Mit ähnlich "kreativen Mitteln" bemüht sich die Regierung Bush verzweifelt, die Lage der US-Wirtschaft bis zu den Kongreßwahlen am 7. November einigermaßen rosig erscheinen zu lassen. Für eine gewisse Zeit wurde der Erdöl- und Benzinpreis künstlich nach unten gedrückt; z.B. durch die Entscheidung der Regierung, die Auffüllung der strategischen Ölreserve für das Jahr 2006 bis zur maximalen Kapazität von 727 Millionen Barrel, die eigentlich jetzt stattfinden sollte, auf das erste Quartal 2007 zu verschieben. Dadurch ist momentan mehr Öl am Markt vorhanden, was natürlich den Preis beeinflußt, d.h. senkt. Bush kennt sich mit dieser Form von Ölpreismanipulation gut aus. Schon vor den Präsidentschaftswahlen 2004 ließ er für einige Monate die Auffüllung der strategischen Ölreserve aussetzen, um kurzfristig die Stimmung im Lande und an den Tankstellen anzuheben. Und dann gibt es da noch die merkwürdige Entscheidung von Goldman Sachs, ihren einflußreichen Rohstoffindex GSCI unmittelbar vor den Kongreßwahlen umzustrukturieren: Die Gewichtung von Benzin im Index wurde drastisch von 8% auf 2,5% verringert. Da sich viele Fonds bei ihren Rohstoffspekulationen an diesem Index orientieren, werden nun viele Benzin-Futures überflüssig und unter Preis verkauft. Die Folge: Der Terminpreis für Benzin fällt und damit auch der Preis an den Tankstellen. Man munkelt, diese Maßnahme sei ein Beweis für den langen Arm des Henry Paulson, der noch vor wenigen Monaten bei Goldman Sachs die Geschäfte leitete und jetzt als US-Finanzminister in der Regierung sitzt.

Krise in Südwestasien:

Bush/Cheney wollen Bürgerkrieg im Irak und Krieg gegen den Iran

Die Verluste in der irakischen Bevölkerung und bei den amerikanischen Besatzungstruppen steigen immer weiter an. Iraks Regierung unter Al Maliki steht kurz vor dem Kollaps. Trotzdem arbeiten US-Präsident Bush und sein Vize Cheney ebenso gezielt wie fieberhaft daran, auch noch das Nachbarland Iran militärisach anzugreifen. Als Bush jetzt auf eine neue Studie der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore und der Mustansirischa-Universität in Bagdad angesprochen wurde, derzufolge seit März 2003 infolge des Krieges 655 000 Iraker ums Leben gekommen sind, entgegnete Bush, seiner Ansicht nach seien "nur" 30 000 Menschen gestorben. Auch der US-Oberbefehlshaber im Irak, General George Casey, meinte in diesem Zusammenhang, ihm lägen keine Zahlen vor, die höher als 50 000 lägen, und für ihn habe diese Untersuchung keinerlei Glaubwürdigkeit. Allerdings ist die Studie, die am 14. Oktober in dem renommierten britischen Medizinjournal Lancet veröffentlicht wurde, außerordentlich seriös; sie wurde von Mai bis Juli dieses Jahres von renommierten Wissenschaftlern erstellt und stützt sich auf Befragungen von 1849 Haushalten mit insgesamt 12 801 Personen in 47 irakischen Bezirken. Die in der Studie genannten Opferzahlen ergeben sich aus der Extrapolation der Daten auf die irakische Gesamtbevölkerung von 26 Millionen Menschen. Laut Studie gehen 610 000 Todesfälle auf das Konto von Gewalteinwirkung, die übrigen sind Folge von Krankheiten. Wichtig ist, daß die Todesrate durch Gewalteinwirkung seit 2003 immer weiter ansteigt: Sie hat sich zwischen Mai 2004 und Juni 2005 von 6,6 auf 12 Todesfälle je tausend Einwohner fast verdoppelt.

Bush und seine Anhänger stellen die Untersuchungsmethoden der Studie in Frage, was von Fachleuten aber zurückgewiesen wurde. So erklärte der Gesundheitsexperte Paul Bolton von der Universität Boston, das methodische Vorgehen sei korrekt: "Der Präsident verläßt sich hauptsächlich auf passive Überwachung, wobei die medizinischen Einrichtungen wie Krankenhäuser die Zahl der Todesfälle anhand der Leichen beziffern, die ihnen übergeben werden." Zudem kommt es gar nicht auf die absolute Zahl der Opfer an, denn jedes Opfer war ein einzigartiger Mensch, der zudem nicht hätte sterben müssen. Die ganze Haltung der Regierung Bush in dieser Sache zeigt aber, daß der Krieg im Irak einen völkermörderischen Charakter hat. Paul Craig Roberts, Finanzstaatssekretär unter Präsident Reagan, zog am 12. Oktober daher auch korrekterweise den Vergleich zum Hitler-Regime.

Die Lage im Irak ist inzwischen völlig außer Kontrolle geraten, und das hat jetzt auch das amerikanische Volk erkannt. Neuesten Umfragen zufolge bläst den Republikanern kurz vor den Zwischenwahlen der Wind ins Gesicht, und zwar nicht nur aufgrund des peinlichen Skandals um den Abgeordneten Mark Foley, sondern auch als Folge des wachsenden Unmuts über das Irak-Desaster. Als Antwort arbeitet die Regierung Bush/Cheney auf einen weiteren Krieg hin: Diesmal soll es gegen den Iran gehen. Ob ihnen diese Flucht nach vorne gelingt oder nicht, wird sich in den kommenden Wochen entscheiden. Aber daß Bush/Cheney einen neuen Krieg anstreben, macht überdeutlich, daß diese Regierung gehen muß. In Washington muß eine neue politische Konstellation ans Ruder kommen, mit einer völlig anderen Wirtschafts- und Außenpolitik, wie sie LaRouche und seine Bewegung vorschlagen.

Im Irak selbst lassen sich keine Anzeichen für eine Abnahme der Gewalt erkennen, im Gegenteil: die mörderische Kriegführung, in die Schiiten gegen Sunniten und Araber gegen Kurden verstrickt sind, nimmt immer weiter zu. Gleiches gilt auch für die Opfer unter den amerikanischen und britischen Soldaten - alleine vom 1. bis 20. Oktober wurden 74 US-Soldaten im Irak getötet. Soviele Opfer hat es noch in keinem Monat im Irak gegeben - und der Monat ist noch nicht zuende! Am 19. Oktober mußte General Caldwell vom Hauptquartier der US-Truppen im Irak einräumen, daß die großangekündigte "Säuberungsaktion" gegen Aufständische im Großraum Bagdad gescheitert ist. Im Verlauf der Operation Together Forward stieg die Anzahl der Angriffe und Anschläge der Aufständischen in Bagdad um 43 Prozent! Am 20. Oktober war selbst Bush gezwungen, erstmals die Lage der US-Truppen im Irak mit der im Vietnamkrieg zu vergleichen - allerdings hielt ihn das nicht davon ab, weiter Druchhalteparolen "bis zum Sieg" auszugeben.

Der stellvertretende UN-Generalsekretär Jan Egeland erklärte am 12. Oktober in Genf: "Unser Appell richtet sich an alle, die in der Lage sind, die Gewalt einzudämmen: Religiöse, ethnische und kulturelle Führungspersönlichkeiten müssen erkennen, daß die Gewaltspirale völlig außer Kontrolle geraten ist." Durch "religiös motivierte Gewalt und Militäroperationen" seien in den letzten acht Monaten 315 000 Iraker aus ihren Wohnorten vertrieben worden - im Durchschnitt also tausend Menschen am Tag. Nach UN-Angaben wurden seit 2003 mindestens 900 000 Iraker vertrieben.

Berichte aus dem Irak zeigen, wie weit die Lage eskaliert ist: Jeder Stadtteil in Bagdad wird jetzt entweder als "schiitisch" oder "sunnitisch" eingeordnet; ein Stadtteil wie Adamija wird als "besetzt von Sunniten" bezeichnet, ein anderer sei gerade von ihnen "befreit" worden - je nach Einstellung des Berichtenden. In Bagdad kursieren Spezialkarten, auf denen die jeweilige religiös-ethnische Zuordnung von Stadtvierteln dargestellt ist. Die Bevölkerung benutzt verstärkt gefälschte Ausweise, um die jeweiligen Kontrollpunkte passieren zu können. Oder man vermeidet es überhaupt, Stadtteile aufzusuchen, die von den "anderen" kontrolliert werden. Teil der ethnisch-religiösen Kämpfe sind die brutalen Einzel- und Massenhinrichtungen, die jetzt fast täglich stattfinden. Hinzukommt, daß das Bildungswesen, das Rückgrat jeder zivilisierten Gesellschaft, kollabiert. Einer der wichtigsten Gründe für diese katastrophale Lage ist die "Ent-Baathisierung", die der frühere Chef der Provisorischen Koalitionsregierung Paul Bremer durchgesetzt hatte. Bremer ließ fast alle irakischen Soldaten, Polizisten und Regierungsangestellten aus ihren Ämtern entfernen. Die früheren Mitglieder der Ba'ath-Partei, bei denen es sich im wesentlichen um Sunniten handelte, wurden nicht nur arbeitslos, sondern zugleich Freiwild für ihre schiitischen Rivalen. Dadurch fehlt es jetzt der irakischen Polizei an qualifiziertem Personal, um für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Hinzu kommt, daß die irakischen Sicherheitskräfte von den Aufständischen unterwandert sind. Allein in den letzten Wochen wurden rund 4000 irakische Polizisten wegen Zweifeln an ihrer Loyalität entlassen.

In der ersten Oktoberwoche reiste US-Außenministerin Rice zu einem unangekündigten Besuch in den Irak. Dort teilte sie Ministerpräsident Al Maliki kategorisch mit, er habe nur noch zwei Monate Zeit, die Welle der Gewalt zu beenden. Und in wahrhaft pluralistischer demokratischer Denkweise forderte Rice alle Seiten auf, die Gewalt einzustellen. Al Maliki hatte zwei Wochen zuvor den Notstand ausgerufen. Aber die Sicherheitslage verschlechterte sich nur noch weiter. Al Maliki reagierte auf den amerikanischen Druck in einem Interview mit USA Today. Für das jetzige Chaos seien vor allem die damaligen Entscheidungen Bremers verantwortlich. "Wir zahlen heute immer noch den Preis für die Fehler der multinationalen Kräfte beim Aufbau des Innen- und Verteidigungsministeriums." Inzwischen scheint Al Maliki zu befürchten, daß er bald von den Amerikanern abserviert werden wird. In der Tat wird ein solcher "Regimewechsel" in Bagdad immer wahrscheinlicher. Der amerikanische Mittelostexperte Robert Dreyfuss schrieb am 5. Oktober, möglicherweise gäbe die US-Regierung ihrem Militär im Irak und US-Botschafter Zalmay Khalizad "grünes Licht", Ministerpräsident Al Maliki "abzusägen", so wie Präsident Kennedy 1963 "grünes Licht" zum Sturz des südvietnamesischen Präsidenten Ngo Dinh Diem gab.

Al Maliki sitzt jetzt zwischen allen Stühlen. So mußte er Scheich Mazen Al Saedi, einen führenden Vertreter der Schiiten-Bewegung Muktada Al Sadrs aus dem Gefängnis entlassen, obwohl der von amerikanischen Truppen verhaftet worden war. Die Entscheidung fiel nach einem Treffen zwischen Al Maliki und der höchsten schiitischen Autorität im Irak, Ajatollah Ali Al Sistani, und einer Begegnung mit Al Sadr selbst. Gleichzeitig liefern sich amerikanische und irakische Truppen heftige Gefechte mit Al Sadrs Milizen. Umgekehrt signalisieren die USA nun Gesprächsbereitschaft mit den Sunniten. Abdel Rahman Abu Khula, ein Vertreter der "Islamischen Armee des Irak ", die sich vor allem aus früheren Baath-Funktionären und Armeeoffizieren zusammensetzt und 17 Widerstandsorganisationen vertritt, erklärte, es liefen schon Gespräche mit den USA. Seine Organisation will sich von den terroristischen Aktivitäten Al Kaidas abgrenzen.

Die chaotische Situation wird noch durch zwei weitere Entwicklungen beeinflußt: Am 12. Oktober stimmte das irakische Parlament für ein Gesetz, das es erlaubt, "föderale Regionen" zu bilden. Auch wenn die meisten sunnitischen Gruppen und selbst einige Schiiten der Sitzung fernblieben, reichten die Stimmen der Anwesenden aus, das Gesetz zu verabschieden. Ein solcher Schritt hin zur Gründung autonomer Regionen im Irak, etwa einer kurdischen im Norden, einer sunnitischen im mittleren Teil und einer schiitischen im Süden des Landes, liefe letztlich auf eine Teilung des Landes hinaus. Der zweite Faktor betrifft einen amerikanischen Militärschlag gegen den Iran, der natürlich auch die Lage im Irak entscheidend verändern würde, denn der Irak wäre der erste Schauplatz iranischer Gegenschläge nach einem Angriff der USA auf Teheran. Ginge es der amerikanischen Regierung wirklich ernsthaft um eine Lösung der schweren Krise im Irak und in der Region, sähe sie Teheran als wichtigsten Partner bei den Bemühungen zur Stabilisierung der Lage. Aber dies setzte eine völlige Umkehr der Politik der US-Regierung voraus, und die kann nur durch einen "Regimewechsel" in Washington erreicht werden.



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