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  10. Oktober 2006   Newsletter  

LaRouche-Forum zur Weltkrise am Vorabend der US-Wahlen

LaRouches Politisches Aktionskomitees (LPAC) veranstaltet am 31. Oktober 2006 das zweite einer Reihe internationaler Internetforen. Die Hauptveranstaltungen finden wieder gleichzeitig in Berlin und Washington statt. Das Forum wird pünktlich um 16.00 Uhr in Berlin bzw. um 10.00 vormittags in Washington beginnen. Überall sonst kann man sich über das Internet zuschalten. Die Veranstaltung beginnt mit einer einführenden Ansprache von Lyndon H. LaRouche und wird insgesamt drei Stunden dauern. Des weiteren umfaßt das Internetforum Fragen und andere Beiträge seitens relevanter Institutionen sowie prominenter Persönlichkeiten. Fragen und Beiträge, die während der Sendung aus Zeitmangel nicht berücksichtigt werden können, werden auf der LPAC-Internetseite zugänglich gemacht. Die Veranstaltung kann live über www.larouchepac.com mitverfolgt werden.

Der Termin der Sendung wurde so gewählt, daß er in die entscheidenden letzten Tage vor den Kongreßwahlen in den USA fällt. Dieser Wahltag verspricht bereits ein entscheidender Wendepunkt in der gegenwärtigen Weltgeschichte zu werden, denn die Gefahr massiver amerikanischer Luftangriffe auf den Iran geht einher mit der immer näherrückenden Zusammenbruchskrise des amerikanischen und globalen Finanzsystems sowie einem politischen Aufbegehren weiter Teile der amerikanischen Bevölkerung, die zunehmend angewidert ist von den gängigen politischen Trends in der Demokratischen wie der Republikanischen Partei.

Es gibt durchaus die realistische Möglichkeit, solche Nationen an einen Tisch zu bringen, die willens sind, auf die derzeit eskalierende weltwirtschaftliche und sonstigen Krisen zu reagieren und sich auf die Unterstützung echter Alternativen zu einer neuen weltwirtschaftlichen Depression zu einigen.

LaRouche: Foleys Fall könnte Republikaner stürzen

Mit der Erklärung "Sodom and Tomorrow" ("Sodom und morgen") hat Lyndon LaRouche auf den Skandal des wegen sexueller Belästigung minderjähriger Kongreßpraktikanten zurückgetretenen ehem. Abg. Foley und die Vertuschung dieses Falls durch die Führung der Republikaner reagiert. Dieser gravierende Vorfall, so LaRouche, könne die ganze "Sache der Republikaner", die sich auf das "Fundament sexueller Themen " stütze, zum Einsturz bringen. "In Momenten großer Verwerfungen in nationalen Angelegenheiten können oft die scheinbar unwahrscheinlichsten Instrumente aufschreien -- gewissermaßen als Protest gegen eine große Ungerechtigkeit. Genau das ist diese Woche im Kongreß passiert, als sich die Hauptgruppe der Unterstützer für Karl "Elmer Gantry" Rove empört gegen die republikanischen Institutionen auflehnte, die ihrer Ansicht nach den ehem. Abg. Mark Foley (R-Florida) gedeckt haben. Die Entwicklungen um den Sprecher des Repräsentantenhauses Dennis Hastert droht urplötzlich das gesamte -- stark schwankende, wenn auch noch nicht einstürzende -- Gebäude von Bushs Präsidentschaft, die mit ihren Wutanfällen vor laufender Kamera versucht, durch einen faktischen Staatsstreich eine faschistische Tyrannei zu errichten, zum Einsturz zu bringen."

Zum nötigen Verständnis dieser aktuellen Entwicklungen verweist LaRouche auf die 80er Jahre, als er ein massives Notprogramm zur AIDS-Bekämpfung gefordert und gewarnt hatte, "daß die Verbreitung dieser Epidemie eine Massenreaktion gegen die Rock-Drogen-Sex-Gegenkultur auslösen würde." Rove, der erkannt hatte, daß LaRouches Prognose richtig war, reagierte darauf allerdings mit dem "Aufbau einer rechten politischen Bewegung religiöser Fanatiker, die vor allem aus den Reihen der verängstigten Generation der ,Tweener' kamen." Diese "neue Form der ,fundamentalistischen' Rechten, der heute auch der als Symptom relevante Präsident und Leithammel George W. Bush jun. angehört, wurde ein entscheidender marginaler Faktor im Wahlgeschehen dessen, was vor George W. Bush unsere verfassungsmäßige Republik war."

Gleichzeitig, so LaRouche weiter, "wirkte noch eine andere Realität", nämlich die Tatsache, daß der wirtschaftliche und soziale Kollaps genau diese "rechts-populistische Wählerschicht unter den Tweenern traf", die sich jetzt gegen Bush wendet. Nach dem Foley-Skandal "waren ihre Nasen plötzlich voll vom Gestank der Tatsache, daß sie völlig ausgenutzt und verraten wurden. Die durchsichtigen Vertuschungsversuche von [Parlamentspräsident] Hastert im Fall des ehem. Abg. Foley waren der Strohhalm, den Roves Wahlkamel nicht mehr tragen konnte.

Für die Bush-Republikaner scheint die Zeit plötzlich rückwärts zu laufen, ihre politische Welt steht kurz vor der Kongreßwahl auf dem Kopf... Die Karrieren von Karl Rove und George W. Bush in Washington ruhten auf dem Fundament sexueller Themen; und die Sache der Republikaner kollabiert nun, weil das Fundament einstürzt... Roves Tat ist typisch für den Mißbrauch der Religion durch die ,Elmer Gantrys' und ihre Ebenbilder in der Vergangenheit. Der Prediger wurde sozusagen hinterm Zelt erwischt, als er Hahn mit den Hennen spielte... Während die nationale Empörung über die 'Elmer Gantrys' der Bush-Truppe einen Erdrutsch auslösen kann, der den ganzen Bush-Apparat stürzen kann, versucht die Bush-Truppe, ihre schwindende Unterstützung durch Roves Tweener-Basis mit Angriffen an zwei Fronten wett zu machen: Durch den Aufkauf des großen käuflichen Teils unter den Führern der afroamerikanischen Stimmen... Gleichzeitig versucht sie, die jungen Erwachsenen im Studentenalter von der Novemberwahl abzuhalten, z.B. durch die Operationen John Trains... der ehem. unabhängige Zeitungen wie die New Yorker Village Voice aufkauft und umdreht."

Trains Apparat nutzte rechtslastige Lohnschreiber wie die Drogen-Befürworter Dennis King und "Chip" Berlet sowie die American Family Foundation etc., um (gratis erhältliche) Campus-Zeitschriften zu finanzieren, mit dem Ziel, Studenten vom Wählen abzuhalten. Das LaRouche-Aktionskomitee verteilt jetzt ein Pamphlet, in dem das dokumentiert und aufgedeckt wird. LaRouche schließt seine Erklärung, indem er betont: "Sobald die breiten Massen den Gestank von Foleys Skandal rochen und sahen, wer die Sache vertuschte -- vom Parlamentspräsidenten bis ganz nach unten --, reagierten sie wie Leute, die plötzlich entdeckt haben, daß sie die ganze Zeit betrogen und benutzt worden waren." LaRouche verwies noch einmal auf die 80er Jahre, in denen diese Dinge wurzeln, und stellte fest: "Das ist der Stoff, aus dem Revolutionen gemacht werden." (Die ganze Erklärung finden Sie in englischer Sprache auf www.larouchepac.com.)

Überparteiliche Aktionen gegen einen Krieg gegen den Iran

Der demokratische Abg. Gilchrest schickte am 29.9. einen Brief an Präsident Bush mit der Forderung, direkte Gespräche mit dem Iran aufzunehmen: "Wenn wir das amerikanische Volk, unsere Verbündeten und die internationale Gemeinschaft überzeugen wollen, daß wir entschlossen sind, diesen Fall diplomatisch zu lösen, dann müssen die USA direkte diplomatische Kanäle mit Teheran eröffnen... Wir glauben, daß Amerikas Diplomaten die besten der Welt sind, und daß man es ihnen erlauben sollte, ihre Talente in unserem Konflikt mit dem Iran zu nutzen. Wir fordern Sie daher mit allem Respekt auf, den Prozeß direkter Gespräche mit dem Iran baldmöglichst zu beginnen." Neben Gilchrest unterzeichneten 8 Demokraten und 11 Republikaner. Der demokratische Abg. Kucinich brachte am selben Tag eine Resolution zur "Oktoberüberraschung" ein, die den Präsidenten verpflichten soll, dem Kongreß alle Dokumente im Besitz des Weißen Hauses auszuhändigen "über

  • 1) das iranische Atomprogramm und dessen Fähigkeit, die USA mit Atomwaffen zu bedrohen;
  • 2) eine Entscheidung für einen Regimewechsel durch militärische Mittel, innere oder äußere Dissidentengruppen oder andere Maßnahmen;
  • 3) verdeckte Operationen bewaffneter US-Kräfte im Iran und die Ausbildung von Gruppen oder Organisationen, die dem jetzigen Regime gegenüber feindlich eingestellt sind;
  • 4) die Einrichtung einer neuen Pentagon-Abteilung [zum Iran] ähnlich dem ehem. 'Büro für Sonderpläne' (OSP) [vor dem Irak-Krieg];
  • 5) die Vorbereitung von Einsatzbefehlen für die US-Marine für Einsätze in den Gewässern vor dem Iran;
  • 6) alle Passagen der Nationalen Geheimdiensteinschätzung (NIE) über Konsequenzen eines Angriffs auf den Iran (Ölpreis, wirtschaftliche Wirkung eines Ölpreisanstiegs, Wahrscheinlichkeit zunehmender Angriffe auf US-Truppen im Irak und Zunahme des Antiamerikanismus weltweit)".
  • Finanz- und Wirtschaftskrise: verzweifeltes Vertuschen

    Im Vorfeld der Kongreßwahlen in den USA am 7.11. unternehmen die Regierung Bush und die US-Notenbank Federal Reserve verzweifelte Anstrengungen zur Vertuschung des verheerenden Zustands der US-Wirtschaft, der wahrscheinlich kurz nach der Wahl für Erschütterungen im Weltfinanzsystem sorgen wird. Diese Strategie umfaßt z.B. künstliches Drücken des Ölpreises; Verbreiten des Gerüchts, am US-Immobilienmarkt gebe es keinen Crash, sondern nur eine "Abkühlung"; Rekordstände an den Aktienmärkten; sowie Vorstellung geschönter Zahlen über Beschäftigung, Konsumausgaben, Inflation etc.

    Am 5.10. sagte US-Präsident George W. Bush: "Unsere Wirtschaft ist stark. Die Löhne steigen. Die Energiepreise fallen, was bedeutet, daß die Menschen Geld haben werden, das sie sparen, investieren und ausgeben können... Ich bin erfreut über den wirtschaftlichen Fortschritt, den wir machen." Zwei Tage zuvor hatte Vizepräsident Dick Cheney praktisch das gleiche gesagt. Der frühere Federal-Reserve-Chef Alan Greenspan meinte, im Immobiliensektor sei "das Schlimmste vorüber".

    Lyndon LaRouche betonte dagegen am 7.10.: "Wir sind jetzt an einem Punkt, wo das internationale Finanz- und Währungssystem hoffnungslos dem Untergang geweiht ist. Es befindet sich im Endstadium eines Auflösungsprozesses. Trotz allem Hin- und Herschwanken, Maskieren, Betrug, Lügen und werweißwas steht dieses Finanz- und Wirtschaftssystem vor der Auflösung... Das Weltfinanzsystem ist vollkommen auf den Dollar gestützt. Es stützt sich auf die Annahme, daß der Dollar im Verhältnis zu anderen Währungen einen bestimmten Wert hat. Und wenn der Dollar zusammenbricht, ist allen Teilen des Weltfinanzsystems in seiner jetzigen Form der Boden entzogen. In dem Augenblick, wenn der Dollar untergeht, werden sämtliche Teile der Weltwirtschaft einen allgemeinen Zusammenbruch erfahren."

    Der frühere US-Finanzminister Robert Rubin antwortete auf eine Frage der Financial Times über den Rekordstand der Börse: "Ich glaube, es hat nicht sehr viel Bedeutung, wenn der Dow Jones eine Rekordhöhe erreicht. Die Märkte waren in der Vergangenheit in vielen Fällen sehr schlechte Indikatoren für die Zukunft -- wir alle erinnern uns, daß der Dow vor dem 19. Oktober 1987 einen Höchststand erreichte, dann fiel der Markt an einem Tag um 22%. Ende 99 oder Anfang 2000 erreichte der Markt Rekordhöhen und dann brach er zusammen."

    Mehr Probleme von Hedgefonds und Beteiligungsfonds

    Während 2600 neue Hedgefonds gegründet wurden, sind in den letzten zwei Jahren mehr als eintausend geschlossen worden, so Hedge Fund Research aus Chikago, und im Zuge einer erwarteten "Konsolidierungswelle" rechnet man mit weiteren Schließungen.

    Allein im Jahr 2005 mußten 11,4% der Fonds, die zu Jahresbeginn existierten, wieder aufgeben -- ein doppelt so hoher Anteil wie 2004. Und allein in der ersten Hälfte dieses Jahres mußten mehr als 300 Hedgefonds schließen. Der jüngste große Fall ist Vega Asset Management, der gegenüber seinem Rekordstand vor zwei Jahren 75% verloren hat. Damals war Vega mit 12Mrd.$ Einlagen einer der größten Fonds der Welt, aber allein seit Januar 2006 verlor er mit Wetten auf US-Schatzanleihen 6 Mrd.$.

    Die Neue Zürcher Zeitung berichtete am 3.10. in einem Artikel über "Den Haag im Schatten von Heuschrecken", im liberalen Holland habe Wirtschaftsminister Joop Wijn kürzlich erklärt, Beteiligungsgesellschaften (Private Equity Funds) "fressen Unternehmen auf wie Heuschrecken ". US-Beteiligungsfonds hätten den niederländischen Medienkonzern VNU übernommen und stünden vor der Übernahme des Industriekonzerns Stork sowie des Einzelhandelsriesen Anhold, um nur die bekanntesten Fälle zu nennen.

    Dabei umgingen die Fonds systematisch Regulierungen, die vorschreiben, einen Erwerb von 5% oder mehr Aktienanteilen bei der holländischen Finanzaufsicht AFM zu melden. Die Vorschrift soll es betroffenen Unternehmen ermöglichen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die Beteiligungsgesellschaften benutzten Derivate und formal "unabhängige" Tocherfonds, um eine Meldung bei der AFM zu vermeiden, bis ihr Anteil bereits 10-30% betrug, so daß die Unternehmen ahnungslos waren. Laut NZZ hat die holländische Regierung nun Gesetze eingebracht, die ein Umgehen der 5%-Vorschrift verhindern sollen und es betroffenen Unternehmen ermöglichen, rechtlich gegen Übernahmen durch Beteiligungsfonds vorzugehen.

    In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschien am 4.10. ein längerer Beitrag über eine drohende Konkurswelle wegen Private Equity-Übernahmen. Darin heißt es, wegen der enormen Überschuldung von Firmen, die von Beteiligungsgesellschaften auf der Basis von Krediten übernommen wurden, rechneten Analysten nun mit einer Bankrottwelle. Wegen dieser "kreditfinanzierten Übernahmen" (LBOs) durch Beteiligungsgesellschaften würden sich in den nächsten zwei Jahren schätzungsweise 30 Mrd. Euro an "faulen Krediten" anhäufen -- ein Viertel davon in Deutschland. Nach Angaben von J.P. Morgan gab es in den letzten beiden Jahren in Europa Übernahmen durch Beteiligungsfirmen in einer Gesamthöhe von 218 Mrd. Euro.

    Systemkrise: Airbus und EADS brauchen "Eurasischen Ausweg"

    Die Krisensitzung des Airbus-Vorstands am 3. Oktober bestätigte die meisten Gerüchte der letzten Wochen über eine Schieflage des Unternehmens EADS. Der neue Super-Airliner A-380 wird noch später in die Serienfertigung gehen können als bisher angenommen, das allererste Flugzeug dieses Typs wird der Käufer Singapore Airlines frühestens im Oktober 2007 erhalten - der ursprüngliche Lieferplan sah zunächst den März 2006, dann nach Korrekturen im Frühjahr den Dezember vor. Die golf-arabische Fluglinie Emirates wird froh sein können, wenn sie bis 2010 ein Drittel ihrer 43 bestellten A-380 erhält. Selbst dieser mehrfach korrigierte Zeitplan kann sich noch in weitere Ferne verschieben. Auch die Zukunft des Langstreckenmodells A-350 ist unsicher, nachdem der Firmenvorstand angesichts der Krise davon sprach, man dürfe "keine Tabuthemen aussparen".

    Viel dazugelernt hat der Vorstand allerdings nicht: Er bleibt bei Ausgabenkürzungen, bei Plänen für längere Wochenarbeitszeiten und geringere Gehaltserhöhungen für die insgesamt 40 000 Mitarbeiter. Außerdem soll die Modellentwicklung noch stärker als bisher auf Computersimulation umgestellt werden, obwohl etliche der technischen Probleme des A-380 gerade auf den Mangel an realistischer Durchplanung und Erprobung zurückzuführen sind. Drastische Einsparmaßnahmen des deutschen Airbus-Großaktionärs DaimlerChrysler sind dafür verantwortlich, daß es zu erheblichen Engpässen bei den Ingenieurskapazitäten kam, sodaß die Firma auf unerwartete technische Probleme nicht sofort reagieren konnte. Am Einsparkurs soll sich jedoch grundsätzlich nichts ändern, der Vorstand will die Personal- und Verwaltungskosten um 30 Prozent senken, um so den Großteil der erwarteten Verluste von fast 5 Milliarden Euro bis 2010 auszugleichen. Umfangreiche Verlagerungen von Produktionen sind wahrscheinlich, der Verlust mehrerer tausend Arbeitsplätzen, vielleicht sogar ganzer Standorte in Deutschland, Frankreich, Spanien und England ist vorgezeichnet.

    Die Krise bei Airbus, dem Kernstück der Luft- und Raumfahrtgruppe EADS, ist ein deutliches Zeichen dafür, daß die mit großem Fanfarengetöse vor sechs Jahren gegründete Gruppe mit dem Versuch, den Druck der Globalisierung mit globalistischen Methoden zu bekämpfen, gescheitert ist. Der Versuch, ein starkes europäisches Gegenstück zum amerikanischen Luftfahrtgiganten Boeing zu schaffen, ist fehlgeschlagen, weil Airbus an denselben Problemen der Globalisierung gescheitert ist wie Boeing. Und weil das Management von DaimlerChrysler ganz aus der Luftfahrtbranche heraus und sich künftig nur auf den Automobilsektor konzentrieren will, droht noch eine weitere Gefahr: ein großer Teil der Aktien von DaimlerChrysler könnte in die Hände von nichtdeutschen Beteiligungsgesellschaften geraten, so daß Finanzheuschrecken die Kontrolle über ein Kernstück deutscher und europäischer Hochtechnik erlangen könnten.

    Das ruft die Bundesregierung, die mit viel Glück vor vier Jahren ein ähnliches Schicksal für die Howaldtswerften verhindern konnte, als Großaktionär Babcock-Borsig Aktiengroßverkäufe machte, auf den Plan. Es wird daran gedacht, Aktien von Daimler-Chrysler über die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu erwerben, um so Know-how, Produktion und Beschäftigung - 20 000 Arbeitsplätze in der Fertigung und noch einmal 20 000 bei den Zulieferern - in Deutschland zu halten. Die französische Regierung hat ihren eigenen Anteil an EADS bereits auf 15 Prozent erhöht, auch die spanische Regierung könnte ihren bisherigen Anteil von 5,44 Prozent aufstocken. Aber nicht nur DaimlerChrysler schafft Unruhe, auch die britische BAE Systems will ihren Anteil von 20 Prozent verkaufen. Beteiligt ist auf Regierungsseite weiterhin Rußland, das über die Außenhandelsbank VTB einen Anteil von 4,8 Prozent hält und ebenfalls gerne aufstocken möchte - allein schon wegen besserer Mitspracherechte an der Unternehmensstrategie.

    Denn obwohl man es in Westeuropa bisher ungern sieht, liegt die Chance für EADS und Airbus, aus den selbst mitverschuldeten Turbulenzen herauszufinden, tatsächlich in der Ausweitung der Kooperation mit Rußland. Aus russischer Sicht ist der Luft- und Raumfahrtsektor neben dem Energiesektor der zweite wichtige Bereich, in dem sich die industrielle Partnerschaft zwischen Europa und Rußland beweisen muß. Putins Berater Arkadij Dworkowitsch erinnerte erst vor wenigen Tagen daran, daß Rußland große Erwartungen an sein Engagement bei EADS knüpfe, daß man diese Erwartungen nicht enttäuschen sollte. In der Tat sind die Grundlagen für ein weiteres Zusammenwirken bereits gelegt, denn EADS hält einen Anteil von 10 Prozent beim führenden russischen Luftfahrtproduzenten Irkut, und es gibt mehr als 20 Kooperationen mit russischen Luftfahrtfirmen, wobei es um die Fertigung ganzer Komponenten in Rußland für Airbus-Modelle geht. Komponenten für den künftigen Airbus-Militärgroßtransporter A-400 M sind da nur der spektakuläre Aspekt des russischen Interesses an der Entwicklung und Fertigung von Luftfrachtern für den Kontinentaltransport zwischen Europa und Asien - eine Art transsibirische Eisenbahn der Lüfte.

    Auf europäischer Seite ist man noch skeptisch, dabei wäre gerade für Deutschland diese Perspektive wichtig, weil sich daraus folgerichtig Projekte für neue große Luftfrachtdrehscheiben ergäben. Man könnte so das Konzept für einen eurasischen Frachtflughafen südlich von Berlin bei Sperenberg wiederbeleben. Berlin käme dann als Standort für die Produktion in Luft- und Raumfahrt auch stärker in Betracht. Für die ambitionierten Raumfahrtpläne in Rußland, China und Indien, die alle den Mond und Mars anpeilen, wäre die EADS der natürliche Partner, unter der Voraussetzung jedoch, daß die europäischen Regierungen sicherstellen, daß der Luft- und Raumfahrtsektor nicht länger zum Spielball globalisierter Spekulanten und Einsparfanatiker wird. Regierungsabkommen zwischen Europa, Rußland und weiteren eurasischen Nationen müssen einen verläßlichen Rahmen für eine sinnvolle Produktion in den Bereichen Luft- und Raumfahrt schaffen. Und damit hätte der nächste Dreiergipfel Chirac-Merkel-Putin, zu dem man die Inder und Chinesen auch einladen könnte, bereits ein hervorragendes eurasisches Thema.



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