LaRouches Vorhersage findet Echo in Europa
Lyndon LaRouches Vorhersage vom 20.4., ohne einen radikalen
politischen Kurswechsel der G-7-Regierungen werde die
hyperinflationäre Dynamik bei den Rohstoffpreisen bis zum Frühherbst
zu einer Zusammenbruchskrise des Weltfinanzsystems führen, hat in
Deutschland ein interessantes Echo gefunden. LaRouches Prognose zur
Wirtschafts- und Finanzpolitik war auch ein Kernthema seines
Internetforums am 27.4. in Washington.
Am 5.5. erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf
Seite 9 eine Anzeige für das Buch "Das Greenspan Dossier" von Roland
Leuschel und Claus Vogt. Dort wird LaRouche an prominenter Stelle
zitiert: "Das derzeitige Finanzsystem ist am Ende. Unser Land und die
Welt stehen heute vor der größten Krise der neuzeitlichen Geschichte,
größer noch als der Zweite Weltkrieg!"
Leuschel (69) war jahrzehntelang Chefökonom der Banque Bruxelles
Lambert; seit Mitte der 90er Jahre ist er ein ausgesprochener Gegner
der "postmodernen" Finanzpolitik, wie sie Alan Greenspan betrieb. Mit
LaRouches Analyse und Vorschlägen vertraut, prägte Leuschel das Wort
vom "Salamicrash" als Beschreibung für die Unhaltbarkeit der
gegenwärtigen Finanzordnung. Leuschel ist heute als privater Berater
und Autor tätig.
Am 1.5. brachte die deutsche Internetzeitung Saar-Echo einen
Leitartikel mit der Überschrift "Weltfinanzkollaps im September?" und
dem Untertitel "US-Oppositionspolitiker erklärt die gegenwärtige Lage
im Weltfinanzsystem, fordert die Regierungen zum Handeln auf".
Der Artikel im Saar-Echo, der auf dem Leitartikel der Neuen
Solidarität derselben Woche über LaRouches Internetforum vom 27.4.
basiert, faßt die Hauptpunkte der Rede LaRouches zusammen: die
Parallelen der gegenwärtigen Hyperinflation zur Hyperinflation in der
Weimarer Republik 1923; daß man mit "regionalen Lösungen" in Europa
oder Asien die Weltfinanzkrise nicht überwinden kann; daß die USA die
Initiative ergreifen müssen, weil sie über die entsprechenden
Verfassungsmechanismen verfügen und dort mit der Politik von F.D.
Roosevelt einen Präzedenzfall für Kreditschöpfung zum Bau großer
Infrastrukturprojekte und Industrieprogramme zur Wiederbelebung der
Realwirtschaft existiert.
Strategie der Spannung: Cheneys Rundumschlag gegen Moskau
Während Bundeskanzlerin Angela Merkel letzte Woche in den USA weilte,
fuhr US-Vizepräsident Dick Cheney in der litauischen Hauptstadt
Vilnius schwerste Geschütze gegen Rußland seit dem Amtsantritt der
Regierung Bush auf. Aber auch Deutschland hatte Cheney im Visier.
Kein Wunder, denn der "globalisierten" Macht- und Kriegspolitik der
anglo-amerikanischen Neocons stellt sich jetzt eine neue
Kräftekonstellation in Eurasien entgegen, in der Berlins
"strategischer Partner" Rußland die Schlüsselrolle spielt. Diese
Kräftekonstellation gründet sich vor allem auf ein Wiedererstarken
der russischen Staatlichkeit, sein nuklearstrategisches Potential und
seinen Rohstoff- und Energiereichtum. Vor diesem Hintergrund hat der
amerikanische Vizepräsident Cheney am 4. Mai Rußland faktisch zum
neuen "Feindbild" der Neokons erklärt. Vor einer Konferenz der
Ostsee- und Schwarzmeer-Anrainerstaaten in Litauens Hauptstadt
Vilnius - bei der Rußland, Weißrußland und die Türkei fehlten -
lancierte Cheney den bislang schärfsten und provokantesten Angriff
auf Rußland seit dem Amtsantritt der Regierung Bush im Jahre 2001.
Gleich bei der Begrüßung hieß Cheney nicht nur die anwesenden
Regierungsvertreter und Mandatsträger willkommen, sondern auch "die
mutigen Führer der 'farbigen Revolutionen'" - namentlich Saakaschwili
aus Georgien und Juschtschenko aus der Ukraine. Die baltischen
Staaten seien die "Frontlinie der Freiheit", so Cheney, um dann
fortzufahren: "Was für Vilnius gilt, gilt auch für Tiblisi und Kiew -
und für Minsk und Moskau." Weißrußland nannte Cheney "die letzte
Diktatur in Europa"; für das dortige "Regime" sei "kein Platz in
Europa".
Doch dann kam Cheneys eigentliche "Botschaft": Zwar sei Rußland
nicht "prädestiniert, ein Feind zu werden", aber "im heutigen Rußland
arbeiten die Reformgegner daran, die Errungenschaften der vergangenen
Dekade zurückzudrehen. In vielen Bereichen der Zivilgesellschaft -
von der Religion und den Medien bis zu Protestgruppen und politischen
Parteien - hat die Regierung auf unfaire und unangemessene Weise die
Rechte ihres Volkes beschnitten. Andere Handlungen der russischen
Regierung waren kontraproduktiv und könnten sich auf die Beziehungen
mit anderen Ländern auswirken. Es dient keinen legitimen Interessen,
wenn Erdöl und Erdgas zu Instrumenten der Einschüchterung und
Erpressung werden - entweder durch Versorgungsmanipulationen oder
durch die Monopolisierung der Transportwege. Es gibt keine
Rechtfertigung für Handlungen, die die territoriale Integrität eines
Nachbarn untergraben oder die Einmischung in demokratische Prozesse
bedeuten. Rußland muß seine Entscheidung treffen."
In wirtschaftspolitischer Hinsicht erklärte Cheney: "In Zeiten
des wirtschaftlichen Übergangs kann es die Versuchung geben, auf eine
Weise vorzugehen, die kurzfristige Vorteile bringt - Preiskontrollen,
Protektionismus oder Staatseigentum. Aber die Erfahrung unserer
Welt... beweist, daß geschlossene und überregulierte Systeme nur den
Fortschritt hindern und eine Nation herunterziehen. Langfristiges
Wachstum beruht auf dem freien Markt." Man fragt sich, ob sich Cheney
der unfreiwilligen Ironie eines Satzes bewußt ist, der da lautet:
"Klar ist, daß in der heutigen Welt unsere Werte und unsere
strategischen Interessen ein und dasselbe sind".
Kremlsprecher Dimitrij Peskow nannte Cheneys Rede eine
"vollkommen unverständliche" und "subjektivistische" Einschätzung, die
offensichtlich übersehe, daß "die russischen Energieressourcen
Rußlands Reichtum sind, der zuallererst den Interessen des russischen
Volkes zu dienen hat und nicht den Interessen anderer Länder". Das
klingt ziemlich diplomatisch, aber die Reaktionen in den russischen
Medien sprechen eine andere Sprache. Dort ist von "Anmaßung",
"Provokation" und "neuem Kalten Krieg" die Rede. Wahrscheinlich wird
Präsident Putin am 10. Mai in seiner Rede zur Lage der Nation auf
Cheney antworten.
Cheneys Kampfansage an die russische Führung hat durchaus auch
Implikationen für Deutschland - seine Geißelung der "Monopolisierung
der Transportwege" für Energie ist natürlich eine Attacke auf die im
Bau befindliche deutsch-russische Ostsee-Gaspipeline. Ein ganz enger
Verbündeter der Neocons in Washington ist der polnische
Verteidigungsminister Rade Sikorsky. Auf einer Konferenz in Brüssel,
nur wenige Tage vor Cheneys Rede in Vilnius, griff Sikorsky
Deutschland wegen dessen Politik gegenüber Rußland, insbesondere im
Energiebereich, massiv an. Zur Ostsee-Gaspipeline sagte er: "Polen
reagiert besonders allergisch auf Korridore und Abmachungen über
unsere Köpfe hinweg... Das war die Molotow/Ribbentrop-Tradition. Das
war das 20. Jahrhundert. Wir wollen das nicht wiederholt sehen."
Während Cheneys Auftritt in Vilnius weilte Bundeskanzlerin Angela
Merkel in den USA. Ihre Gespräche mit Präsident Bush wurden in den
Medien als überaus freundschaftlich, ja herzlich beschrieben. Aber
bei dem Presseauftritt im Weißen Haus, bei dem Bush mit Komplimenten
für Merkel nicht geizte, sagte er einen Satz, der in der
Medienberichterstattung unterging: "Und wir stimmen nicht überein,
natürlich tun wir das. Aber die Nichtübereinstimmungen sind so, daß
wir trotzdem sicherstellen, daß es eine positive Beziehung ist." Es
kann kein Zweifel darüber bestehen, daß bei den
"Nichtübereinstimmungen" zwischen Bush und Merkel Rußland ganz oben
steht.
Die deutsche Interessenlage gebiete, so Michael Liebig diese
Woche in der Neuen Solidarität, "bei einer Konfrontationshaltung
gegenüber Rußland nicht mitzuspielen. Die Regierung Bush/Cheney steht
innen und außenpolitisch vor einem Scherbenhaufen - und das weiß man
in Berlin. Daß sich eine neue Kräftekonstellation in Eurasien
herausbildet, in der Rußland die Schlüsselrolle spielt, weiß man auch
in Berlin. Die deutsche Interessenlage gebietet, sich einer
'Flucht-nach-vorn' in neue Konfrontation und weitere Kriege der
Regierung Bush/Cheney entgegenzustellen. Wenn dies höflich, aber
bestimmt geschieht, kann dies helfen, die vernünftigen Kräfte in den
USA - auch und gerade in Bushs eigener Republikanischen Partei - zu
stärken. Wenn Cheney in Europa an der 'Frontlinie der Freiheit'
gegenüber Rußland den wilden Mann markiert, dann sollte man nicht
vergessen, daß die Zustimmung für ihn an der amerikanischen
'Heimatfront' unter 20 Prozent liegt."
Blair: Kapitän der Titanic?
Die Labour-Partei des britischen Premierministers Tony Blair mußt bei
den Kommunalwahlen am 4.5. eine deutliche Niederlage einstecken. Sie
lag mit 26% hinter den Konservativen (40%) und sogar hinter den
Liberalen mit 27%. Von den 4350 zur Wahl stehenden Sitzen verlor
Labour 306 und büßte die Mehrheit in 18 Stadtparlamenten ein. Am
stärksten profitierten die Konservativen, die 350 Sitze gewannen.
Selbst die kleine neofaschistische British National Party gewann 11
Sitze von Labour und verdoppelte damit ihren Anteil.
Wenige Stunden nach dieser Niederlage kündigte Blair eine
umfassende Kabinettsumbildung an. Anderntags titelten die Zeitungen:
"Alptraum in der Downing Street" (Daily Telegraph), "Blair wird zum
Schlächter nach Wahlmassaker" (The Times) oder "Putschisten versuchen
Blair zu stürzen" (The Guardian).
In der Tat wird Blair aus Parteikreisen gedrängt, ein Datum für
einen frühzeitigen Rücktritt zu nennen. 75 Labour-Hinterbänkler
forderten ihn in einem Brief auf, einem Rücktritt zuzustimmen, sonst
werde man ein formales Verfahren beantragen. Blair hat sich bereits
mit seinem wahrscheinlichen Nachfolger Gordon Brown getroffen, und
angeblich sprachen sie über einen "geordneten Führungswechsel".
Wie erwartet entließ Blair Innenminister Charles Clark, dessen
Ministerium fahrlässigerweise gefährliche Straftäter nach
Haftverbüßung nicht abgeschoben hatte. Der stellv. Premierminister
John Prescott, der wegen einer Affäre mit seiner Sekretärin in die
Schlagzeilen geraten war, mußte Kompetenzen abgeben. Unerwartet mußte
auch Außenminister Jack Straw gehen, der angeblich ein militärisches
Vorgehen gegen den Iran abgelehnt hatte. Seine Nachfolgerin wurde die
frühere Umweltministerin und Blair-Loyalistin Margaret Beckett. Der
bisherige Verteidigungsminister John Reid soll das Innenressort
übernehmen; an seine Stelle im Verteidigungsministerium tritt nun Des
Browne.
Wenige Stunden nach der Umbildung trat Gesundheitsministerin
Jane Kennedy aus Protest gegen Blairs Reform des britischen
Gesundheitswesens zurück. Der Labour-Abgeordnete Frank Dobson, ein
langjähriger Blair-Gegner, verglich die Kabinettsumbildung mit einem
"Herumrücken der Deckstühle auf der Titanic".
De Villepins Abstieg
"Könnte de Villepin noch schlimmer sein als Sarkozy?" Dies fragen
viele Erzfeinde von Nicolas Sarkozy in der konservativen Mehrheit und
weite Teile der französischen Bevölkerung, nachdem Ministerpräsident
Dominique de Villepin sich nur ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl
2007 in der "Clearstream-Affäre" blamiert hat. Der Skandal bereitete
seinem Aufstieg ein jähes Ende und macht ihn für die Konservativen
zur Belastung.
De Villepin und sein enger Freund Jean Louis Gergorin,
Vizepräsident des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, stehen im
Verdacht, eine schmutzige Operation gegen Sarkozy sowie andere
Politiker und Unternehmer organisiert zu haben. Deren Namen tauchten
auf einer gefälschten Liste von Personen auf, die angeblich Konten
bei dem Finanzinstitut Clearstream hatten, das seit 2001 im Verdacht
der Geldwäsche steht. Gergorin und sein Computerexperte Imad Lahoud
werden verdächtigt, die Liste fabriziert zu haben. Von Sarkozy und
anderen angestrengte Ermittlungen der Staatsanwaltschaft entlarvten
sie als recht plumpe Fälschung.
Trotz dieses sog. "französischen Watergate" weigert sich de
Villepin bisher zurückzutreten und beschuldigte die Medien und
andere, ihn zu verleumden. Der Skandal enthüllt das Ausmaß der
Operationen, die de Villepin seit Jahren gegen die Gegner von
Präsident Jacques Chirac organisiert. Chirac verließ sich seit 1995
völlig auf ihn - eine Art "französischen Karl Rove -, bis de
Villepin 2002 Außenminister wurde. Nun aber muß Chirac ihn loswerden,
um die eigene Haut zu retten.
Dem Figaro zufolge ist für de Villepin der Anfang vom Ende
gekommen. Am Wochenende des 6.-7.5. traf Chirac die
Verteidigungsministerin und mögliche Präsidentschaftskandidatin
Michèle Alliot Marie, mehrere andere Minister und "soziale" Vertreter
der konservativen Mehrheit, die den Regierungschef ablösen könnten.
Chirac soll Sarkozy zugesichert haben, keine neue Regierung ohne
dessen Einverständnis einzusetzen, wenn er im Gegenzug hilft, den
Skandal einzudämmen. Findet Chirac keinen Nachfolger für de Villepin,
was nicht unwahrscheinlich ist, müßte er vorgezogene
Präsidentschaftswahlen fordern.