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27. April 2006, 19.00 Uhr:
INTERNETFORUM MIT LYNDON LAROUCHE!
www.larouchepac.com

Weltfinanzsystem auf Zusammenbruchskurs durch Weimarer Inflation

In einem Artikel im Nachrichtenmagazin EIR vom 20.4. schreibt Lyndon LaRouche:

"Das Täuschungsmanöver der scheidenden Verwaltung von Alan Greenspan, Angaben zur Geldmenge M3 abzuschaffen, zielte eindeutig darauf ab, zu verbergen, daß die Rate der Steigerungsrate der Weltmarktpreise für wichtige Rohstoffe die ganze Welt auf eine ähnliche Bahn der Hyperinflation gebracht hat wie die Weimarer Republik in der zweiten Jahreshälfte 1923. Ein Vergleich der Beschleunigung der Preissteigerung der wichtigsten Rohstoffe mit den Trends in Deutschland 1923 führt zu dem Schluß, daß das weltweite System unter der derzeitigen amerikanischen und europäischen Politik wahrscheinlich nicht viel später als September 2006 an den Punkt des Zusammenbruchs des Währungssystems gelangt, wenn nicht schon früher...

Es geht hier nicht darum, vorherzusagen, was bis zum Herbst passieren könnte; es geht darum, die wichtigen politischen Kreise in der Demokratischen Partei [in den USA] mit den Mitteln, die gewöhnlich für störrische Esel reserviert sind, in Bewegung zu setzen..., bis sie Notreformen der amerikanischen Politik betreiben, die eine allgemeine Zusammenbruchskrise des amerikanischen und weltweiten Systems aufhalten können. Es gibt nur sehr wenig Personen - wie sie etwa die Mannschaft des Hamilton-Projekts der Brookings Institution verkörpert --, die in der Lage sind, dies zu verstehen, und die meisten der wesentlichen zu berücksichtigenden Fakten kennen. In anderen Teilen der Welt gibt es Fachleute, die dies schnell verstehen können, wenn man sie entsprechend rüde wachrüttelt...

Die geschickteren unter den Räubern, die scharfsinnig genug sind, zu erkennen, daß das derzeitige Weltfinanzsystem jetzt schon hoffnungslos zum Untergang verurteilt ist, müssen einen Ort für eine ,weiche Landung' außerhalb der Reichweite eines solchen allgemeinen Finanz- und Währungszusammenbruchs finden. Lebenswichtige Rohstoffe sind ein solcher Ort.

Deshalb ist die Inflationsrate der Inflationsrate auf den wichtigen Rohstoffmärkten die charakteristische Kurve des derzeitigen Weltwährungs- und -finanzsystems. Diese Rate der Inflationsrate, wie sie sich in der geheimgehaltenen Entwicklung der Geldmenge M3 darstellt, entspricht der Kurve der hyperinflationären Entwicklung in der Weimarer Republik von Juni bis November 1923."

Hyperinflation bei Rohstoffen

Die Preisinflation auf den Rohstoffmärkten, von Edelmetallen bis zu Industriemetallen und Rohöl, ist völlig außer Kontrolle geraten. Wie Lyndon LaRouche am 20.4. betonte, hat diese immer raschere Steigerung der Rohstoffpreise Eigenschaften der Hyperinflation in der Weimarer Republik 1923.

Im Jahr 2005 stiegen die Preise für die meisten Metalle um zwischen 25%-50% an, in einigen Fällen wie Zink um fast 100%. Allein im ersten Quartal 2006 stiegen die meisten Metallpreise dann ebenfalls um 25%-50%. Und in den ersten beiden Aprilwochen stiegen die Rohstoff-Futures-Preise wie folgt: Aluminium 5%, Erdöl 12%, Gold 9%, Silber 25%, Zinn 11%, Kupfer 20%, Zink 22%, Nickel 22%, Platin 6% sowie der Benzinpreis im Endverbrauch um 14% Das entspricht einer durchschnittlichen Inflationsrate von etwa 1% am Tag! Wenn dieser Trend anhält, werden sich die Preise für Rohstoff-Futures im Laufe des Jahres verzehn- oder verzwanzigfachen und damit die Inflationsrate in der Weimarer Republik Mitte 1923 erreichen.

Die dritte Aprilwoche war dann die wohl ungewöhnlichste Handelswoche auf den Rohstoffmärkten seit Jahrzehnten. Vom 17.4-20.4. steig der Goldpreis um 49$ pro Feinunze und erreichte mit 649$ den höchsten Stand seit Dezember 1980. Am Donnerstagnachmittag wurde der hyperinflationäre Prozeß kurzzeitig durch Verkäufe für "Gewinnmitnahmen" unterbrochen. Einige Beobachter führten dies auf das übliche Eingreifen zur "Absturzverhinderung" kurz vor dem Halbjahrestreffen der Siebenergruppe und des IWF in Washington zurück.

Innerhalb weniger Stunden gab der Goldpreis um 30$ nach, um dann am nächsten Tag wieder anzusteigen und die Woche mit einem Zuwachs von 35$ abzuschließen. Nachdem Silber am 20.4. seinen höchsten Stand seit 26 Jahren erreichte, fiel es am Donnerstag um 14%, den größten Tageseinbruch seit 23 Jahren, worauf am folgenden Tag ein neuerlicher Anstieg um 8,6% folgte, der größte seit elf Jahren. Trotz des kurzfristigen Knicks am 20.4. erlebten alle Industriemetalle in der Woche enorme Steigerungen: Kupfer 10,4%, Zink 6,3%, Nickel 4%, Aluminium 3,2%, Blei 3%. Parallel zu Kupfer, Zink und anderen Industriemetallen stieg der Rohölpreis ebenfalls an und erreichte zum Wochenschluß ein Allzeithoch von über 75$.

Die treibende Kraft (wenn auch nicht die tiefere Ursache) für die Preisexplosion sind Hedgefonds und Rohstoffindexfonds, die völlig losgelöst von realem Angebot und Nachfrage spekulative Gelder investieren. Man hatte einen Anstieg der Gesamtsumme der in Rohstoffe investierten Gelder von 80 Mrd.$ im Jahr 2005 auf 120 Mrd.$ im Jahr 2006 prognostiziert, tatsächlich wurde schon im April die 100-Mrd.-$-Marke überschritten.

Ein weiterer Faktor sind Fusionen und Übernahmen. Wie Merrill Lynch in seinem Wochenbericht zu Edelmetallen meldet, gab es seit September 2005 allein in der weltweiten Goldindustrie mindestens 20 große Fusionen und Übernahmen (verglichen mit nur fünf in der ersten Jahreshälfte 2005). Im Aluminiumbereich erwarb Alcan, der zweitgrößte Hersteller, Pechiney Metals (Montreal) und Novellis Metalsund schloß mehrerer seiner eigenen Produktionsstätten. Daher rechnet man 2006 mit einer um 300 000 t geringen Jahreserzeugung von Aluminium. Im Bereich Kupfer und Nickel bildet sich der weltgrößte Hersteller aus dem Zusammenschluß von British Inco Ltd. Und Falconbridge Ltd. mit Sitz in Toronto; beide verringern die Nickel- und Kupferproduktion gegenüber 2004 trotz der hohen Preise. Im Energiebereich zeigt sich der Zusammenschluß eher spekulativer Fonds mit anderen Fonds am Beispiel der drei Mrd.$ umfassenden Fusion von Petrofund mit dem Penn West Fund, aus der der größte kanadische Energiekonzern hervorgehen soll.

Probleme bei Hypotheken wachsen weiter

Nach anfänglichen Schritten führender Zentralbanken, die kurzfristigen Zinsen zu erhöhen, sind die Renditen aus Zehn-Jahres-Regierungsanleihen in den USA, Japan und Europa angestiegen. Entsprechend sind auch die Hypothekenzinsen gestiegen, und erste Zeichen für schwere Probleme auf den Immobilienmärkten werden sichtbar.

So stieg beispielsweise der sogenannte "Negativwert". Damit ist eine Situation gemeint, in der der Wert der Hypotheken, die auf einer Immobilie lasten, höher als ihr Marktwert ist. Praktisch jede zehnte Hypothek auf Häuser in den USA besitzt heute einen "Negativwert". Bedeutsam ist aber der Anstieg der Wachstumsrate in diesem Bereich im Hinblick auf das Aufnahmejahr der Hypothek. Bei 1985 aufgenommenen Hypotheken weisen nur 65 einen "Negativwert" auf. Bei Hypotheken, die 2003 aufgenommen wurden, sind es bereits 8,4%. Aber bei Hypotheken aus dem Jahr 2005 sind es 29%. Dies ruft eine erhebliche Instabilität hervor, denn die Hypothek bleibt ja als Belastung, auch wenn Eigentümer die Immobilien verlaufen oder umziehen. Ein weiteres Anzeichen für die Probleme bei Immobilien ist die Zunahme der Verfallserklärungen. Nach Angaben von RealtyTrac kam es im Februar zu 117259 Verfallserklärungen, ein Anstieg um 68% gegenüber Februar 2005.

Ein Kommentar von Bloomberg verweist auf die Tatsache, daß das gesamte amerikanische Bankensystem und nicht nur Fannie Mae und Freddie Mac massiv in Hypotheken investiert haben. Nach neuesten Zahlen der Federal Reserve rund ein Drittel sämtlicher Forderungen von US-Geschäftsbanken (ohne Fannie und Freddie) aus Hypothekenkrediten bestehen. Zählt man hypothekengesicherte Anleihen hinzu, dann sind es sogar 44%. Aber die Lage ist noch schlimmer: Wenn man nicht nur amerikanische Banken einebzieht, sondern auch ausländische Banken, die in den USA geschäftlich tätig sind, so weisen diese Wertanlagen von 6,91 Bio.$, 2,9 Bio.$ an Hypothekenkrediten und 993 Mrd.$ an durch Hypotheken- und Institutionen abgesicherten Wertpapieren (Wertpapiere, die von Fannie Mae und Freddie Mac ausgegeben werden) auf. Insgesamt erreicht der Anteil der hypothekengestützten Wertanlagen der amerikanischen Banken 56,4%. Eine Explosion der Immobilienblase hätte demnach verheerende Folgen für das Bankensystem.

Cheneys Europareise

Wenn US-Vizepräsident Dick Cheney ins Ausland fährt, sollten die Alarmglocken läuten. Seine Nahostreise im März 2002 besiegelte den Kriegsplan gegen den Irak. Seine Polenreise im Januar 2005 signalisierte militärpolitisch wie energie- und geopolitisch eine Eskalation gegen Rußland in der Ukraine, Weißrußland und dem Kaukasus. Seine Westasienreise im vergangenen Dezember und Januar signalisierte das Anheizen des Konflikts um das iranische Atomprogramm. Anfang Mai will Cheney nun die baltischen Länder, Kroatien und Kasachstan besuchen.

Nach Besuchen in den baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland wird Cheney am 4.5. am "Gemeinsamen Gipfel der Ostsee- und Schwarzmeerregionen" in Vilnius teilnehmen. Er will dort die sog. "Freiheitsagenda des Präsidenten" vorstellen, die sich gegen Rußland und dessen Verbündete richtet. Anschließend fliegt er nach Kasachstan, wo der Iran auf der Tagesordnung stehen wird.

Cheney plant auch einen Aufenthalt im kroatischen Dubrovnik zu Verhandlungen mit den Staats- bzw. Regierungschefs der Länder der "Adria-Charta" - Kroatien, Albanien und Mazedonien. Im Mai 2003 hatte die US-Regierung mit diesen drei Ländern die Charta unterzeichnet. Im Februar 2006 fand in Washington ein Treffen der Außenminister von Kroatien, Mazedonien und Albanien statt, an dem auch Vertreter von Serbien-Montenegro und Bosnien-Herzegowina teilnahmen.

Neocons sauer auf Merkel

Nach außen hin scheinen das Verhältnis der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den Regierungen in Washington und London problemlos zu sein, doch die Wirklichkeit sieht anders aus.

Der zunehmende Unmut der anglo-amerikanischen Neokonservativen gegenüber Merkel drückte sich grober Weise in einem Foto von Merkel in der britischen Boulevardzeitung The Sun vom 19.4. aus. Man sah Frau Merkel von hinten, wie sie gerade während des Osterurlaubs in Italien ihren Badeanzug auszieht. Die Schlagzeile dazu lautete: Big in the Bumdestag (Ein geschmackloses Wortspiel aus "Bundestag" und engl. bum = "Hinterteil".) Merkel wird keine juristischen Schritte ergreifen, ließ aber ihren Sprecher Thomas Steg erklären, die Sun diskreditiere damit Großbritannien und die britischen Medien. Natürlich würde keine Zeitung solche Fotos ausländischer Regierungschefs ohne Zustimmung "von oben" abdrucken.

In der letzten Woche berichtete das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel, in ihrem Telefongespräch mit George W. Bush am 12.4. habe Merkel den Präsidenten gedrängt, direkte Gespräche mit dem Iran aufzunehmen und einer Konfrontation mit Rußland aus dem Weg zu gehen - und dies nicht nur, weil man die Russen für eine diplomatische Lösung mit dem Iran brauche. Außerdem habe Merkel Bush gesagt, der kommende G-8-Gipfel in St. Petersburg und die einjährige russische G-8-Präsidentschaft müßten ein Erfolg werden.

Kürzlich äußerte sich Merkel vor dem Außenpolitischen Ausschuß des Deutschen Bundestags abweichend von der Haltung der US-Regierung, die dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Mangel an "Demokratie" vorwirft. Sie lobte, daß Putin die Zeit der ungeordneten Privatisierungen beendete und den russischen Staat wieder ordnete. Merkel soll sogar gesagt haben, eine Fortsetzung der Privatisierungen in Rußland hätte einen "Ausverkauf an amerikanische Ölinteressen" bedeutet. Am 27.4. wird Merkel zusammen mit einer hochkarätigen Wirtschaftsdelegation Rußland besuchen und in Tomsk Gespräche mit Putin führen. Am 3.5. wird Merkel sich mit Bush in Washington treffen.

Helga Zepp-LaRouche:
"Kann Europa den Dritten Weltkrieg stoppen?" (BüSo)

Helga Zepp-LaRouche gab am 21. April die folgende Erklärung ab:

Mit der bejahenden Antwort von US-Präsident Bush auf die Frage eines Reporters, ob der Einsatz von Atomwaffen Teil der Optionen gegenüber dem Iran sei, ist in der strategischen Lage ein Phasenwechsel eingetreten. Denn am gleichen Tag gab die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) bekannt, daß der Iran, sowie die Mongolei, Indien und Pakistan bei dem anstehenden Gipfel im Juni als Vollmitglieder aufgenommen werden.

Was wäre die Konsequenz, wenn die USA den Mitgliedsstaat eines militärischen und wirtschaftlichen Bündnisses mit Atomwaffen angreift, zu dem auch Rußland, China und Indien gehören? Es wäre der Absturz in ein dunkles Zeitalter. Der Ölpreis stiege auf 150 bis 200 Dollar pro Barrel, und das würden die Weltwirtschaft und das Weltfinanzsystem nicht überleben. Der Krieg der Zivilisationen wäre nicht zu stoppen: Eine Milliarde Muslime würden sich dauerhaft gegen den Westen stellen, genuiner Terrorismus weltweit und in den USA selber eskalierte. Ein asymmetrischer globaler Nuklearkrieg wäre die Folge.

Die Ankündigung der SCO, den Iran und die drei weiteren Staaten aufzunehmen, ist eine Botschaft, die deutlicher nicht sein könnte. Sie besagt nichts weniger, als daß die USA es über kurz oder lang mit dem größeren Teil Asiens und den drei Großmächten Rußland, China und Indien aufnehmen müßten, griffen sie den Iran an. Ein dramatischer Zug auf dem Schachbrett des strategischen Kräfteverhältnisses, ohne Zweifel.

Zwar betonte der russische Stabschef Balujewskij, Rußland werde sich neutral verhalten, warnte aber zugleich, daß eine militärische Operation gegen den Iran zu einer Katastrophe in der gesamten Region und darüberhinaus führen würde. Und als sich Rußland und China bei den Gesprächen der fünf permanenten UN- Sicherheitsratsmitglieder der Forderung nach Sanktionen gegen den Iran widersetzten, erklärte US-Außenministerin Rice kurzerhand, die USA seien nicht auf den UN-Sicherheitsrat angewiesen, man könne wieder mit einer "Koalition der Willigen" operieren.

Am Rande des Abgrunds

Wir befinden uns am Rande des Abgrundes. Der durchschnittlich denkende Bürger in Deutschland wird jetzt sagen, daß ein Angriff auf den Iran angesichts der Konsequenzen so verrückt wäre, daß niemand ihn ernstlich in Erwägung zöge. Aber was ist mit Afghanistan? Was ist mit dem Irak? Das Problem besteht darin, daß Bush und seine Regierung trotz der bellikosen Äußerungen in Wirklichkeit dabei sind, auseinanderzubrechen, und sie die Fülle der Krisen nicht mehr im Griff haben.

Um nur die dramatischsten dieser Krisen aufzuzählen, die sich alle mit atemberaubender Geschwindigkeit zuspitzen: Das globale Finanzsystem steuert unaufhaltsam auf seinen systemischen Kollaps zu. Nachdem die Zentralbanker gerade voller Panik die jahrelange Politik der wunderbaren Geldvermehrung durch Niedrigstzinsen umgekehrt haben, weil ihnen die hyperinflationären Konsequenzen bei den Rohstoff- und Energiepreisen unheimlich wurden, und sie die Zinsen anzuheben begannen, sind sie jetzt von der Möglichkeit terrorisiert, daß die diversen Blasen, z.B. im amerikanischen Immobiliensektor, platzen, und rudern hektisch wieder in die umgekehrte Richtung.

Die Inflationsraten bei Energie- und Rohstoffpreisen haben im ersten Quartal und dem April exponentielle Steigerungsraten angenommen. Es geschieht derzeit auf Weltmaßstab das, was in der Weimarer Republik im Sommer 1923 explodierte: Hyperinflation! Zwischen dem hyperinflationären Kollaps des Systems und dem Platzen der Blasen durch restriktive Zinspolitik gibt es innerhalb des bestehenden Systems keinen Ausweg. Die Zentralbanken stecken in der Zwickmühle.

Außerdem ist die Lage im Irak vollkommen außer Kontrolle. Die US-Truppen kontrollieren weder Bagdad noch den Irak und sind froh, wenn sie nicht umkommen; ein Bürgerkrieg droht weit über die Grenzen des Irak hinaus zu eskalieren. Die Revolte der pensionierten Generäle und Admiräle, die den Rücktritt von Verteidigungsminister Rumsfeld fordern, ist nur die Spitze des Eisbergs: Aktive Spitzenmilitärs haben mit Rücktritt gedroht, sollte es zum Schlag gegen den Iran kommen. Gleichzeitig fördern die Untersuchungen des Sonderermittlers Fitzgerald immer mehr Hinweise zu Tage, daß das Büro Dick Cheneys das Zentrum vieler illegaler Operationen - u.a. im Falle Valery Plame - war. Der Ruf nach einem Amtsenthebungsverfahren wird in Kongreß und Senat lauter.

Gerade diese völlig desperate Situation der Regierung Bush/Cheney macht die Lage so gefährlich. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte, daß eine Regierung in einer ausweglosen Lage durch Krieg einen Befreiungsschlag versuchte.

Die Lage in Europa

Und wie sieht die Situation in Europa aus? Der typische europäische Politiker perfektioniert seine Fähigkeit zur psychologischen Verdrängung und sagt: "Bushs Bemerkungen sind nur Teil der Drohkulisse, die USA werden den Iran nicht angreifen." Oder er reagiert mit einem entsetzten "Um Gottes Willen! Ein Krieg mit dem Iran? Das war's dann!", und beeilt sich dann, den dritten von sieben Kurzurlauben in diesem Jahr anzutreten, und möglichst schnell an etwas anderes zu denken.

Die Fähigkeit zur psychologischen Verdrängung ist in Europa und in Deutschland enorm. Die meisten Menschen haben eine geradezu sensationelle Fähigkeit, etwas anderes zum Nachdenken zu finden als die Realität. Dazu gehört auch die Vorstellung, es gebe irgendeine Lösung in Europa. Die wichtigste Voraussetzung für eine wirkliche Lösung der sich vor uns zuspitzenden Katastrophe ist aber das kompromißlose Eingeständnis, daß bisher niemand in den Institutionen in Deutschland oder Europa bereit ist, etwas wirksames zu tun, um die Katastrophe zu verhindern.

Das heißt nicht, daß es nichts gibt, was Deutschland oder Europa tun könnten. Aber dazu wäre es absolut notwendig, die Bahnen des hier üblichen Denkens zu verlassen, über die tieferen Ursachen der Krise nachzudenken und die Axiome des Denkens zu ändern, die implizit zu dieser Krise beigetragen haben.

Auch wenn die Neokons durchaus ein qualitativ neues Element darstellen, und hinter der Politik der Regimewechsel ihre Absicht steht, Amerika nach dem Kollaps der Sowjetunion von einer Republik in ein Weltimperium zu verwandeln, so ist ein Teil der Europäer doch nicht ohne indirekte Komplizenschaft. Denn der andere Name für "Weltimperium" ist "Globalisierung", und der angeblichen Unumkehrbarkeit dieser Globalisierung hat man hierzulande zugestimmt.

Alle die, die am Tanz ums Goldene Kalb teilgenommen haben, die selber hofften, an der Börse reich zu werden, die bereit waren, Spekulationsgeschäfte mit hohem Risiko zu machen, haben sich nicht gescheut, Nutznießer eines Systems zu sein, bei dem eben nur ein relativ kleiner Teil der Weltbevölkerung superreich, der absolut größte Teil aber immer ärmer geworden ist. Und wenn ein ganzer Kontinent - Afrika - dabei umkommt, dann meinen sie nur, "zu dumm." Es gibt keine dümmeren Leute als die gierigen. Und diejenigen, die sich noch vor kurzem hämisch freuten, daß sie genau wüßten, wie man Geld Geld verdienen läßt, die ereilt jetzt eine grausame Gerechtigkeit.

Europa kann eine ganze Menge tun. Europäische Politiker könnten z.B. das betäubende Schweigen durchbrechen, mit dem sie auf Bushs Ankündigung reagiert haben, daß er den Ersteinsatz von Atomwaffen gegen den Iran für eine Option hält.

Die Nationen Europas können z.B. die Frage des Bankrotts des globalen Finanzsystems zum Gegenstand eines Sondergipfels machen, zu dem sie die Staatschefs der Welt einladen. Die Regierungen Europas werden ohnehin nicht darum herumkommen, all die illusionäre Propaganda, die sie während der zurückliegenden Wahlkämpfe verbreitet haben, zu überdenken und zuzugeben, daß alle ihre Aussagen zur Wirtschaftspolitik vollkommen absurd gewesen sind. Wenn sie ehrlich sind, werden sie zugeben, daß die BüSo Recht hatte. Und wenn sie intelligent sind, werden sie ihre Politik ändern und sich für ein Neues Bretton-Woods-System einsetzen.



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