Weltfinanzsystem auf Zusammenbruchskurs durch Weimarer Inflation
In einem Artikel im Nachrichtenmagazin EIR vom 20.4. schreibt Lyndon LaRouche:
"Das Täuschungsmanöver der scheidenden Verwaltung von Alan
Greenspan, Angaben zur Geldmenge M3 abzuschaffen, zielte eindeutig
darauf ab, zu verbergen, daß die Rate der Steigerungsrate der
Weltmarktpreise für wichtige Rohstoffe die ganze Welt auf eine
ähnliche Bahn der Hyperinflation gebracht hat wie die Weimarer
Republik in der zweiten Jahreshälfte 1923. Ein Vergleich der
Beschleunigung der Preissteigerung der wichtigsten Rohstoffe mit den
Trends in Deutschland 1923 führt zu dem Schluß, daß das weltweite
System unter der derzeitigen amerikanischen und europäischen Politik
wahrscheinlich nicht viel später als September 2006 an den Punkt des
Zusammenbruchs des Währungssystems gelangt, wenn nicht schon früher...
Es geht hier nicht darum, vorherzusagen, was bis zum Herbst
passieren könnte; es geht darum, die wichtigen politischen Kreise in
der Demokratischen Partei [in den USA] mit den Mitteln, die
gewöhnlich für störrische Esel reserviert sind, in Bewegung zu
setzen..., bis sie Notreformen der amerikanischen Politik betreiben,
die eine allgemeine Zusammenbruchskrise des amerikanischen und
weltweiten Systems aufhalten können. Es gibt nur sehr wenig Personen
- wie sie etwa die Mannschaft des Hamilton-Projekts der Brookings
Institution verkörpert --, die in der Lage sind, dies zu verstehen,
und die meisten der wesentlichen zu berücksichtigenden Fakten kennen.
In anderen Teilen der Welt gibt es Fachleute, die dies schnell
verstehen können, wenn man sie entsprechend rüde wachrüttelt...
Die geschickteren unter den Räubern, die scharfsinnig genug
sind, zu erkennen, daß das derzeitige Weltfinanzsystem jetzt schon
hoffnungslos zum Untergang verurteilt ist, müssen einen Ort für eine
,weiche Landung' außerhalb der Reichweite eines solchen allgemeinen
Finanz- und Währungszusammenbruchs finden. Lebenswichtige Rohstoffe
sind ein solcher Ort.
Deshalb ist die Inflationsrate der Inflationsrate auf den
wichtigen Rohstoffmärkten die charakteristische Kurve des derzeitigen
Weltwährungs- und -finanzsystems. Diese Rate der Inflationsrate, wie
sie sich in der geheimgehaltenen Entwicklung der Geldmenge M3
darstellt, entspricht der Kurve der hyperinflationären Entwicklung in
der Weimarer Republik von Juni bis November 1923."
Hyperinflation bei Rohstoffen
Die Preisinflation auf den Rohstoffmärkten, von Edelmetallen
bis zu Industriemetallen und Rohöl, ist völlig außer Kontrolle
geraten. Wie Lyndon LaRouche am 20.4. betonte, hat diese immer
raschere Steigerung der Rohstoffpreise Eigenschaften der
Hyperinflation in der Weimarer Republik 1923.
Im Jahr 2005 stiegen die Preise für die meisten Metalle um
zwischen 25%-50% an, in einigen Fällen wie Zink um fast 100%. Allein
im ersten Quartal 2006 stiegen die meisten Metallpreise dann
ebenfalls um 25%-50%. Und in den ersten beiden Aprilwochen stiegen
die Rohstoff-Futures-Preise wie folgt: Aluminium 5%, Erdöl 12%, Gold
9%, Silber 25%, Zinn 11%, Kupfer 20%, Zink 22%, Nickel 22%, Platin 6%
sowie der Benzinpreis im Endverbrauch um 14% Das entspricht einer
durchschnittlichen Inflationsrate von etwa 1% am Tag! Wenn dieser
Trend anhält, werden sich die Preise für Rohstoff-Futures im Laufe
des Jahres verzehn- oder verzwanzigfachen und damit die
Inflationsrate in der Weimarer Republik Mitte 1923 erreichen.
Die dritte Aprilwoche war dann die wohl ungewöhnlichste
Handelswoche auf den Rohstoffmärkten seit Jahrzehnten. Vom 17.4-20.4.
steig der Goldpreis um 49$ pro Feinunze und erreichte mit 649$ den
höchsten Stand seit Dezember 1980. Am Donnerstagnachmittag wurde der
hyperinflationäre Prozeß kurzzeitig durch Verkäufe für
"Gewinnmitnahmen" unterbrochen. Einige Beobachter führten dies auf
das übliche Eingreifen zur "Absturzverhinderung" kurz vor dem
Halbjahrestreffen der Siebenergruppe und des IWF in Washington zurück.
Innerhalb weniger Stunden gab der Goldpreis um 30$ nach, um dann
am nächsten Tag wieder anzusteigen und die Woche mit einem Zuwachs
von 35$ abzuschließen. Nachdem Silber am 20.4. seinen höchsten Stand
seit 26 Jahren erreichte, fiel es am Donnerstag um 14%, den größten
Tageseinbruch seit 23 Jahren, worauf am folgenden Tag ein neuerlicher
Anstieg um 8,6% folgte, der größte seit elf Jahren. Trotz des
kurzfristigen Knicks am 20.4. erlebten alle Industriemetalle in der
Woche enorme Steigerungen: Kupfer 10,4%, Zink 6,3%, Nickel 4%,
Aluminium 3,2%, Blei 3%. Parallel zu Kupfer, Zink und anderen
Industriemetallen stieg der Rohölpreis ebenfalls an und erreichte zum
Wochenschluß ein Allzeithoch von über 75$.
Die treibende Kraft (wenn auch nicht die tiefere Ursache) für
die Preisexplosion sind Hedgefonds und Rohstoffindexfonds, die völlig
losgelöst von realem Angebot und Nachfrage spekulative Gelder
investieren. Man hatte einen Anstieg der Gesamtsumme der in Rohstoffe
investierten Gelder von 80 Mrd.$ im Jahr 2005 auf 120 Mrd.$ im Jahr
2006 prognostiziert, tatsächlich wurde schon im April die
100-Mrd.-$-Marke überschritten.
Ein weiterer Faktor sind Fusionen und Übernahmen. Wie Merrill
Lynch in seinem Wochenbericht zu Edelmetallen meldet, gab es seit
September 2005 allein in der weltweiten Goldindustrie mindestens 20
große Fusionen und Übernahmen (verglichen mit nur fünf in der ersten
Jahreshälfte 2005). Im Aluminiumbereich erwarb Alcan, der zweitgrößte
Hersteller, Pechiney Metals (Montreal) und Novellis Metalsund schloß
mehrerer seiner eigenen Produktionsstätten. Daher rechnet man 2006
mit einer um 300 000 t geringen Jahreserzeugung von Aluminium. Im
Bereich Kupfer und Nickel bildet sich der weltgrößte Hersteller aus
dem Zusammenschluß von British Inco Ltd. Und Falconbridge Ltd. mit
Sitz in Toronto; beide verringern die Nickel- und Kupferproduktion
gegenüber 2004 trotz der hohen Preise. Im Energiebereich zeigt sich
der Zusammenschluß eher spekulativer Fonds mit anderen Fonds am
Beispiel der drei Mrd.$ umfassenden Fusion von Petrofund mit dem Penn
West Fund, aus der der größte kanadische Energiekonzern hervorgehen
soll.
Probleme bei Hypotheken wachsen weiter
Nach anfänglichen Schritten führender Zentralbanken, die
kurzfristigen Zinsen zu erhöhen, sind die Renditen aus
Zehn-Jahres-Regierungsanleihen in den USA, Japan und Europa
angestiegen. Entsprechend sind auch die Hypothekenzinsen gestiegen,
und erste Zeichen für schwere Probleme auf den Immobilienmärkten
werden sichtbar.
So stieg beispielsweise der sogenannte "Negativwert". Damit ist
eine Situation gemeint, in der der Wert der Hypotheken, die auf einer
Immobilie lasten, höher als ihr Marktwert ist. Praktisch jede zehnte
Hypothek auf Häuser in den USA besitzt heute einen "Negativwert".
Bedeutsam ist aber der Anstieg der Wachstumsrate in diesem Bereich im
Hinblick auf das Aufnahmejahr der Hypothek. Bei 1985 aufgenommenen
Hypotheken weisen nur 65 einen "Negativwert" auf. Bei Hypotheken, die
2003 aufgenommen wurden, sind es bereits 8,4%. Aber bei Hypotheken
aus dem Jahr 2005 sind es 29%. Dies ruft eine erhebliche Instabilität
hervor, denn die Hypothek bleibt ja als Belastung, auch wenn
Eigentümer die Immobilien verlaufen oder umziehen. Ein weiteres
Anzeichen für die Probleme bei Immobilien ist die Zunahme der
Verfallserklärungen. Nach Angaben von RealtyTrac kam es im Februar zu
117259 Verfallserklärungen, ein Anstieg um 68% gegenüber Februar 2005.
Ein Kommentar von Bloomberg verweist auf die Tatsache, daß das
gesamte amerikanische Bankensystem und nicht nur Fannie Mae und
Freddie Mac massiv in Hypotheken investiert haben. Nach neuesten
Zahlen der Federal Reserve rund ein Drittel sämtlicher Forderungen
von US-Geschäftsbanken (ohne Fannie und Freddie) aus
Hypothekenkrediten bestehen. Zählt man hypothekengesicherte Anleihen
hinzu, dann sind es sogar 44%. Aber die Lage ist noch schlimmer: Wenn
man nicht nur amerikanische Banken einebzieht, sondern auch
ausländische Banken, die in den USA geschäftlich tätig sind, so
weisen diese Wertanlagen von 6,91 Bio.$, 2,9 Bio.$ an
Hypothekenkrediten und 993 Mrd.$ an durch Hypotheken- und
Institutionen abgesicherten Wertpapieren (Wertpapiere, die von Fannie
Mae und Freddie Mac ausgegeben werden) auf. Insgesamt erreicht der
Anteil der hypothekengestützten Wertanlagen der amerikanischen Banken
56,4%. Eine Explosion der Immobilienblase hätte demnach verheerende
Folgen für das Bankensystem.
Cheneys Europareise
Wenn US-Vizepräsident Dick Cheney ins Ausland fährt, sollten die
Alarmglocken läuten. Seine Nahostreise im März 2002 besiegelte den
Kriegsplan gegen den Irak. Seine Polenreise im Januar 2005
signalisierte militärpolitisch wie energie- und geopolitisch eine
Eskalation gegen Rußland in der Ukraine, Weißrußland und dem
Kaukasus. Seine Westasienreise im vergangenen Dezember und Januar
signalisierte das Anheizen des Konflikts um das iranische
Atomprogramm. Anfang Mai will Cheney nun die baltischen Länder,
Kroatien und Kasachstan besuchen.
Nach Besuchen in den baltischen Staaten Litauen, Lettland und
Estland wird Cheney am 4.5. am "Gemeinsamen Gipfel der Ostsee- und
Schwarzmeerregionen" in Vilnius teilnehmen. Er will dort die sog.
"Freiheitsagenda des Präsidenten" vorstellen, die sich gegen Rußland
und dessen Verbündete richtet. Anschließend fliegt er nach
Kasachstan, wo der Iran auf der Tagesordnung stehen wird.
Cheney plant auch einen Aufenthalt im kroatischen Dubrovnik zu
Verhandlungen mit den Staats- bzw. Regierungschefs der Länder der
"Adria-Charta" - Kroatien, Albanien und Mazedonien. Im Mai 2003
hatte die US-Regierung mit diesen drei Ländern die Charta
unterzeichnet. Im Februar 2006 fand in Washington ein Treffen der
Außenminister von Kroatien, Mazedonien und Albanien statt, an dem
auch Vertreter von Serbien-Montenegro und Bosnien-Herzegowina
teilnahmen.
Neocons sauer auf Merkel
Nach außen hin scheinen das Verhältnis der deutschen Bundeskanzlerin
Angela Merkel zu den Regierungen in Washington und London problemlos
zu sein, doch die Wirklichkeit sieht anders aus.
Der zunehmende Unmut der anglo-amerikanischen Neokonservativen
gegenüber Merkel drückte sich grober Weise in einem Foto von Merkel
in der britischen Boulevardzeitung The Sun vom 19.4. aus. Man
sah Frau Merkel von hinten, wie sie gerade während des Osterurlaubs
in Italien ihren Badeanzug auszieht. Die Schlagzeile dazu lautete:
Big in the Bumdestag (Ein geschmackloses Wortspiel aus "Bundestag"
und engl. bum = "Hinterteil".) Merkel wird keine juristischen
Schritte ergreifen, ließ aber ihren Sprecher Thomas Steg erklären,
die Sun diskreditiere damit Großbritannien und die britischen Medien.
Natürlich würde keine Zeitung solche Fotos ausländischer
Regierungschefs ohne Zustimmung "von oben" abdrucken.
In der letzten Woche berichtete das deutsche Nachrichtenmagazin
Der Spiegel, in ihrem Telefongespräch mit George W. Bush am 12.4.
habe Merkel den Präsidenten gedrängt, direkte Gespräche mit dem Iran
aufzunehmen und einer Konfrontation mit Rußland aus dem Weg zu gehen
- und dies nicht nur, weil man die Russen für eine diplomatische
Lösung mit dem Iran brauche. Außerdem habe Merkel Bush gesagt, der
kommende G-8-Gipfel in St. Petersburg und die einjährige russische
G-8-Präsidentschaft müßten ein Erfolg werden.
Kürzlich äußerte sich Merkel vor dem Außenpolitischen Ausschuß
des Deutschen Bundestags abweichend von der Haltung der US-Regierung,
die dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Mangel an "Demokratie"
vorwirft. Sie lobte, daß Putin die Zeit der ungeordneten
Privatisierungen beendete und den russischen Staat wieder ordnete.
Merkel soll sogar gesagt haben, eine Fortsetzung der Privatisierungen
in Rußland hätte einen "Ausverkauf an amerikanische Ölinteressen"
bedeutet. Am 27.4. wird Merkel zusammen mit einer hochkarätigen
Wirtschaftsdelegation Rußland besuchen und in Tomsk Gespräche mit
Putin führen. Am 3.5. wird Merkel sich mit Bush in Washington treffen.
Helga Zepp-LaRouche:
"Kann Europa den Dritten Weltkrieg stoppen?"
(BüSo)
Helga Zepp-LaRouche gab am 21. April die folgende Erklärung ab:
Mit der bejahenden Antwort von US-Präsident Bush auf die Frage eines
Reporters, ob der Einsatz von Atomwaffen Teil der Optionen gegenüber
dem Iran sei, ist in der strategischen Lage ein Phasenwechsel
eingetreten. Denn am gleichen Tag gab die Shanghaier Organisation für
Zusammenarbeit (SCO) bekannt, daß der Iran, sowie die Mongolei,
Indien und Pakistan bei dem anstehenden Gipfel im Juni als
Vollmitglieder aufgenommen werden.
Was wäre die Konsequenz, wenn die USA den Mitgliedsstaat eines
militärischen und wirtschaftlichen Bündnisses mit Atomwaffen
angreift, zu dem auch Rußland, China und Indien gehören? Es wäre der
Absturz in ein dunkles Zeitalter. Der Ölpreis stiege auf 150 bis 200
Dollar pro Barrel, und das würden die Weltwirtschaft und das
Weltfinanzsystem nicht überleben. Der Krieg der Zivilisationen wäre
nicht zu stoppen: Eine Milliarde Muslime würden sich dauerhaft gegen
den Westen stellen, genuiner Terrorismus weltweit und in den USA
selber eskalierte. Ein asymmetrischer globaler Nuklearkrieg wäre die
Folge.
Die Ankündigung der SCO, den Iran und die drei weiteren Staaten
aufzunehmen, ist eine Botschaft, die deutlicher nicht sein könnte.
Sie besagt nichts weniger, als daß die USA es über kurz oder lang mit
dem größeren Teil Asiens und den drei Großmächten Rußland, China und
Indien aufnehmen müßten, griffen sie den Iran an. Ein dramatischer
Zug auf dem Schachbrett des strategischen Kräfteverhältnisses, ohne
Zweifel.
Zwar betonte der russische Stabschef Balujewskij, Rußland werde sich
neutral verhalten, warnte aber zugleich, daß eine militärische
Operation gegen den Iran zu einer Katastrophe in der gesamten Region
und darüberhinaus führen würde. Und als sich Rußland und China bei
den Gesprächen der fünf permanenten UN- Sicherheitsratsmitglieder der
Forderung nach Sanktionen gegen den Iran widersetzten, erklärte
US-Außenministerin Rice kurzerhand, die USA seien nicht auf den
UN-Sicherheitsrat angewiesen, man könne wieder mit einer "Koalition
der Willigen" operieren.
Am Rande des Abgrunds
Wir befinden uns am Rande des Abgrundes. Der durchschnittlich
denkende Bürger in Deutschland wird jetzt sagen, daß ein Angriff auf
den Iran angesichts der Konsequenzen so verrückt wäre, daß niemand
ihn ernstlich in Erwägung zöge. Aber was ist mit Afghanistan? Was ist
mit dem Irak? Das Problem besteht darin, daß Bush und seine Regierung
trotz der bellikosen Äußerungen in Wirklichkeit dabei sind,
auseinanderzubrechen, und sie die Fülle der Krisen nicht mehr im
Griff haben.
Um nur die dramatischsten dieser Krisen aufzuzählen, die sich alle
mit atemberaubender Geschwindigkeit zuspitzen: Das globale
Finanzsystem steuert unaufhaltsam auf seinen systemischen Kollaps zu.
Nachdem die Zentralbanker gerade voller Panik die jahrelange Politik
der wunderbaren Geldvermehrung durch Niedrigstzinsen umgekehrt haben,
weil ihnen die hyperinflationären Konsequenzen bei den Rohstoff- und
Energiepreisen unheimlich wurden, und sie die Zinsen anzuheben
begannen, sind sie jetzt von der Möglichkeit terrorisiert, daß die
diversen Blasen, z.B. im amerikanischen Immobiliensektor, platzen,
und rudern hektisch wieder in die umgekehrte Richtung.
Die Inflationsraten bei Energie- und Rohstoffpreisen haben im ersten
Quartal und dem April exponentielle Steigerungsraten angenommen. Es
geschieht derzeit auf Weltmaßstab das, was in der Weimarer Republik
im Sommer 1923 explodierte: Hyperinflation! Zwischen dem
hyperinflationären Kollaps des Systems und dem Platzen der Blasen
durch restriktive Zinspolitik gibt es innerhalb des bestehenden
Systems keinen Ausweg. Die Zentralbanken stecken in der Zwickmühle.
Außerdem ist die Lage im Irak vollkommen außer Kontrolle. Die
US-Truppen kontrollieren weder Bagdad noch den Irak und sind froh,
wenn sie nicht umkommen; ein Bürgerkrieg droht weit über die Grenzen
des Irak hinaus zu eskalieren. Die Revolte der pensionierten Generäle
und Admiräle, die den Rücktritt von Verteidigungsminister Rumsfeld
fordern, ist nur die Spitze des Eisbergs: Aktive Spitzenmilitärs
haben mit Rücktritt gedroht, sollte es zum Schlag gegen den Iran
kommen. Gleichzeitig fördern die Untersuchungen des Sonderermittlers
Fitzgerald immer mehr Hinweise zu Tage, daß das Büro Dick Cheneys das
Zentrum vieler illegaler Operationen - u.a. im Falle Valery Plame -
war. Der Ruf nach einem Amtsenthebungsverfahren wird in Kongreß und
Senat lauter.
Gerade diese völlig desperate Situation der Regierung Bush/Cheney
macht die Lage so gefährlich. Es wäre nicht das erste Mal in der
Geschichte, daß eine Regierung in einer ausweglosen Lage durch Krieg
einen Befreiungsschlag versuchte.
Die Lage in Europa
Und wie sieht die Situation in Europa aus? Der typische europäische
Politiker perfektioniert seine Fähigkeit zur psychologischen
Verdrängung und sagt: "Bushs Bemerkungen sind nur Teil der
Drohkulisse, die USA werden den Iran nicht angreifen." Oder er
reagiert mit einem entsetzten "Um Gottes Willen! Ein Krieg mit dem
Iran? Das war's dann!", und beeilt sich dann, den dritten von sieben
Kurzurlauben in diesem Jahr anzutreten, und möglichst schnell an
etwas anderes zu denken.
Die Fähigkeit zur psychologischen Verdrängung ist in Europa und in
Deutschland enorm. Die meisten Menschen haben eine geradezu
sensationelle Fähigkeit, etwas anderes zum Nachdenken zu finden als
die Realität. Dazu gehört auch die Vorstellung, es gebe irgendeine
Lösung in Europa. Die wichtigste Voraussetzung für eine wirkliche
Lösung der sich vor uns zuspitzenden Katastrophe ist aber das
kompromißlose Eingeständnis, daß bisher niemand in den Institutionen
in Deutschland oder Europa bereit ist, etwas wirksames zu tun, um die
Katastrophe zu verhindern.
Das heißt nicht, daß es nichts gibt, was Deutschland oder Europa tun
könnten. Aber dazu wäre es absolut notwendig, die Bahnen des hier
üblichen Denkens zu verlassen, über die tieferen Ursachen der Krise
nachzudenken und die Axiome des Denkens zu ändern, die implizit zu
dieser Krise beigetragen haben.
Auch wenn die Neokons durchaus ein qualitativ neues Element
darstellen, und hinter der Politik der Regimewechsel ihre Absicht
steht, Amerika nach dem Kollaps der Sowjetunion von einer Republik in
ein Weltimperium zu verwandeln, so ist ein Teil der Europäer doch
nicht ohne indirekte Komplizenschaft. Denn der andere Name für
"Weltimperium" ist "Globalisierung", und der angeblichen
Unumkehrbarkeit dieser Globalisierung hat man hierzulande zugestimmt.
Alle die, die am Tanz ums Goldene Kalb teilgenommen haben, die selber
hofften, an der Börse reich zu werden, die bereit waren,
Spekulationsgeschäfte mit hohem Risiko zu machen, haben sich nicht
gescheut, Nutznießer eines Systems zu sein, bei dem eben nur ein
relativ kleiner Teil der Weltbevölkerung superreich, der absolut
größte Teil aber immer ärmer geworden ist. Und wenn ein ganzer
Kontinent - Afrika - dabei umkommt, dann meinen sie nur, "zu dumm."
Es gibt keine dümmeren Leute als die gierigen. Und diejenigen, die
sich noch vor kurzem hämisch freuten, daß sie genau wüßten, wie man
Geld Geld verdienen läßt, die ereilt jetzt eine grausame
Gerechtigkeit.
Europa kann eine ganze Menge tun. Europäische Politiker könnten z.B.
das betäubende Schweigen durchbrechen, mit dem sie auf Bushs
Ankündigung reagiert haben, daß er den Ersteinsatz von Atomwaffen
gegen den Iran für eine Option hält.
Die Nationen Europas können z.B. die Frage des Bankrotts des globalen
Finanzsystems zum Gegenstand eines Sondergipfels machen, zu dem sie
die Staatschefs der Welt einladen. Die Regierungen Europas werden
ohnehin nicht darum herumkommen, all die illusionäre Propaganda, die
sie während der zurückliegenden Wahlkämpfe verbreitet haben, zu
überdenken und zuzugeben, daß alle ihre Aussagen zur
Wirtschaftspolitik vollkommen absurd gewesen sind. Wenn sie ehrlich
sind, werden sie zugeben, daß die BüSo Recht hatte. Und wenn sie
intelligent sind, werden sie ihre Politik ändern und sich für ein
Neues Bretton-Woods-System einsetzen.