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  11. April 2006   Newsletter  

Machtkampf in Washington:
Schlinge um Cheneys Hals wird immer enger

Wie berichtet, gab Sonderermittler Patrick Fitzgerald am 5. April in Washington neue Informationen über die Rolle von US-Vizepräsident Dick Cheney und seinem ehem. Stabschef Lewis "Scooter" Libby in der sog. "Plame-Affäre" bekannt. Fitzgeralds Darstellung in seiner "Antwort der Regierung auf den dritten Antrag der Verteidigung zur Beweisaufnahme" konzentriert sich auf Libbys Weitergabe von Geheiminformationen aus der Nationalen Geheimdiensteinschätzung (NIE) an die New York Times-Reporterin Judith Miller am 8. Juli 2003. Zur Erläuterung des Zusammenhangs schreibt Fitzgerald, daß der Gastkommentar von Botschafter a.D. Joe Wilson vom 6. Juli 2003, in dem dieser das Märchen vom "Uranerz aus Niger" widerlegte, "im Büro des Vizepräsidenten als direkter Angriff auf die Glaubwürdigkeit des Vizepräsidenten (und des Präsidenten) in einer Frage von außerordnetlicher Bedeutung betrachtet wurde: der Begründung für den Krieg im Irak."

Laut Fitzgerald hatte Libby vor der Grandjury ausgesagt, daß Cheney es für "sehr wichtig" hielt, daß bestimmte Elemente aus der NIE bekannt würden, Libby jedoch zögerte, sie mit Miller zu diskutieren, da die NIE der Geheimhaltung unterlag. Fitzgerald weiter: "Der Angeklagte [Libby] sagte aus, daß der Vizepräsident [Cheney] ihn später informierte, daß der Präsident [Bush] den Angeklagten ermächtigt habe, die in Rede stehenden Teile der NIE weiterzugeben. Der Angeklagte sagte aus, er habe auch mit David Addington gesprochen, dem damaligen Rechtsberater des Vizepräsidenten, den der Angeklagte für einen Experten des Nationalen Sicherheitsrechts hält; dabei vertrat Herr Addington die Ansicht, daß die Erlaubnis des Präsidenten, ein Dokument zu veröffentlichen, einer Entklassifizierung des Dokuments gleichkomme." Einige Tage später habe Cheney dann nicht, wie sonst üblich, den Pressesprecher seines Büros, sondern ausdrücklich Libby angewiesen, die Presse über die NIE und Wilsons Niger-Reise zu informieren, und dabei auch Einzelheiten aus einem von Wilson verfaßten Telegramm zu veröffentlichen. Bei dieser Gelegenheit sprach Libby mit Matt Cooper vom Magazin Time und erneut mit Judith Miller.

Daß Präsident Bush die Geheimhaltungsstufe der NIE in dieser Sache nicht aufhob, geht schon aus der Tatsache hervor, daß Libby ebenfalls aussagte, daß zu dieser Zeit der stellv. Nationale Sicherheitsberater Hadley versuchte, die Aufhebung der Geheimhaltungsstufe der NIE zu erwirken. Fitzgerald dazu: "Der Angeklagte [Libby] erwähnte jedoch nicht, daß er es bewußt unterließ, Herrn Hadley darauf hinzuweisen, daß der Angeklagte die NIE bereits publik gemacht hatte, indem er sie an Reporter weitergab, während Herr Hadley versuchte, die Geheimhaltung formell aufheben zu lassen." Was aus Fitzgeralds Darstellung des Zusammanhangs also deutlich wird, ist, daß niemand anderer als Cheney - und nicht etwa Bush oder sonst jemand im Weißen Haus - die Operation zur Diskreditierung Wilsons leitete, und daß Cheney höchstpersönlich Libbys Aktivitäten steuerte.

In ihrer Reaktion auf diese neuen Enthüllungen griffen zwei führende Demokraten Präsident Bush und Vizepräsident Cheney an. In einem Brief an Präsident Bush betonte der kalifornische Abgeordnete Henry Waxman:

    "Die Behauptung, Vizepräsident Cheney habe höchstpersönlich bestimmtes Material entklassifiziert, ist ebenfalls Grund zur Sorge." Waxman fügt hinzu, es verblieben "schwerwiegende unbeantwortete Fragen, mit welcher Berechtigung Vizepräsident Cheney handelte, als er seine Mitarbeiter anwies, diese Geheiminformationen bekannt werden zu lassen." Der New Yorker Senator Charles Schumer erklärte: "Je mehr wir hören, desto deutlicher wird es, daß dies über Scooter Libby hinausgeht. Wenigstens sollten Präsident Bush und Vizepräsident Cheney das amerikanische Volk umfassend darüber informieren, welche Rolle sie dabei spielten, daß Geheiminformationen bekannt wurden. Glaubten sie, sie wären hierzu berechtigt, und wenn ja, unter welchen Umständen?"

Nach diesen neuen Enthüllungen Fitzgeralds, die sicherlich nicht zufällig zu dem Zeitpunkt kommen, an dem Cheney & Co. ihre Bemühungen eskalieren, einen Krieg gegen den Iran vom Zaun zu brechen, wird die Luft für Cheney - und nicht so sehr für Bush, der bei Fitzgerald relativ ungeschoren davonkommt - ganz, ganz dünn. Wie stark Cheney jetzt der Wind ins Gesicht bläst, geht schon daraus hervor, daß am 9. April ausgerechnet die Washington Post, die ansonsten dem Vizepräsidenten und seinen Neocons eher wohlgesonnen ist, einen ausführlichen Artikel veröffentlichte, der sich ausschließlich mit der zentralen Rolle von Cheney in dieser Sache beschäftigte.

BüSo tritt bei Wahlen in Berlin an

Mit ihrem Landesparteitag in Berlin begann die BüSo (Bürgerrechtsbewegung Solidarität), die Partei der LaRouche-Bewegung in Deutschland, am 1.4. den Wahlkampf für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus am 17. September. Die Landesvorsitzende Monika HAHN eröffnete den Parteitag, indem sie auf die verheerende soziale und wirtschaftliche Lage in der Bundeshauptstadt hinwies. Die Hauptrede hielt die BüSo-Bundesvorsitzende Helga ZEPP-LAROUCHE. Sie betonte, diese Wahl sei von nationaler Bedeutung. Während des Wahlkampfs in den nächsten fünf Monaten werde sich die finanzielle, wirtschaftliche und politische Krise drastisch verschärfen, ebenso geopolitische Krisen wie die im Irak und Iran. Von überragender Bedeutung sei der derzeitige Machtkampf in den USA, bei dem Lyndon LaRouche und seine Bewegung eine Schlüsselrolle spielen. Für Deutschland forderte Frau Zepp-LaRouche einen Wertewandel hin zu Souveränität, Reindustrialisierung und klassischer Kultur. Im Mittelpunkt des Berliner Wahlkampfs stehe die REINDUSTRIALISIERUNG der Stadt in der Tradition der großen Industriellen Beuth, Borsig, Rathenau und Siemens sowie eine kulturelle Renaissance in der Tradition von Lessing, Mendelssohn und Humboldt.

Die Teilnehmer wählten eine Liste von 20 Kandidaten, die von Daniel BUCHMANN (25) von der LaRouche-Jugendbewegung (LYM) angeführt wird. Buchmann erklärte, als Kind habe er noch die großen Industriebetriebe in Ostberlin gesehen, die inzwischen geschlossen wurden. Das Wahlprogramm der BüSo Eurasien - Zukunft für Berlin, mit Einführungen von Zepp-LaRouche und Buchmann, fordert die Schaffung einer Million qualifizierter, gutbezahlter Arbeitsplätze durch die Reindustrialisierung Berlins, das heute eine halbe Million Arbeitslose und 80% Dienstleistungsjobs hat.

In dem Programm werden modernste Verkehrstechnik, insbesondere Magnetbahnen, sowie Raumfahrt- und medizinische Forschung als vorrangige wissenschaftsorientierte Projekte für die Neuindustrialisierung aufgeführt. Bei Sperenberg, etwa 50 km südlich von Berlin, solle ein ganz neuer "eurasischer Flughafen" entstehen. Berlin müsse zum Drehkreuz für eurasische wirtschaftlich-technische Entwicklung werden.

Zentralbanken im Dilemma

Die gegenwärtige Lage auf den Weltfinanzmärkten zeichnet sich durch EXTREME NERVOSITÄT und Instabilität aus. Hintergrund der wachsenden Angst ist ein ziemlich verzweifelter Versuch der führenden Zentralbanken, die verschiedenen Finanzblasen der Ära Greenspan unter Kontrolle zu bekommen. Die Zentralbanken haben damit begonnen, die kurzfristigen Zinsen zu erhöhen, um die LIQUIDITÄTSZUFUHR ZU DROSSELN, weil sie erkannt haben, daß weiteres Liquiditätspumpen unweigerlich zum Systemzusammenbruch führen würde.

Allerdings könnte das "Anziehen der Geldschraube" auch das Gegenteil bewirken, nämlich ein PLATZEN DER BLASEN von Immobilien, Waren, "aufstrebenden Märkten" und Unternehmensanleihen. Die internationalen Finanzmedien sind voller entsprechender nervöser Warnungen. Doch das Dilemma geht noch weiter: Wenn die Zentralbanken aus Angst vor einem Platzen der riesigen Blasen jetzt die Politik der Liquiditätsverknappung aussetzen oder umkehren, wäre das für die Anleger ein klares Zeichen, wie prekär die Lage auf den Weltfinanzmärkten ist - es würde also die Ängste noch vertiefen. Dieses Dilemma verbirgt sich hinter der überraschenden Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) am 6.4., vorerst auf weitere Zinserhöhungen zu verzichten. Trotzdem steigen rund um den Globus die Renditen auf langfristige Anleihen, die noch nicht direkter Kontrolle der Zentralbanken unterstehen. Am 7.4. erreichten die Zinsen auf 10jährige US-SCHATZANLEIHEN mit 4,96% den höchsten Stand seit vier Jahren. Im Februar hatten sie noch bei 4,5% gelegen. In Japan stieg die Rendite 5jähriger Regierungsbonds auf 1,40%, dem höchsten Stand seit Februar 2000. Auch Anleihen der Regierungen der Eurozone stehen so hoch wie zuletzt vor vier Jahren.

Dieser Anstieg der Zinsen auf Regierungsanleihen in den USA, Europa und Japan treibt die HYPOTHEKENZINSEN nach oben - 6,43% auf eine durchschnittliche 30-Jahres-Hypothek in den USA am 6.4., der höchste Stand seit 31 Monaten - und entzieht gleichzeitig den verschiedenen CARRY TRADES die Grundlage. Fast täglich bringt die Finanzpresse alarmierende Berichte über die Gefahren der Carry-Trade-Blasen in Ländern wie Island, Neuseeland, Australien, der Türkei, Ungarn u.v.a.

Derweil dauert die spekulative Manie auf den Warenmärkten an - wobei natürlich auch die Flucht in reale Werte in einer Zeit extremer Unsicherheit eine Rolle spielt. Der GOLDPREIS erreichte am 5.4. mit 601,90 $ den höchsten Stand seit Januar 1981. Silber kletterte zum ersten Mal seit 23 Jahren über die 12-$-Marke. Bei mehreren Industriemetallen, u.a. KUPFER und ZINK, ist ein Allzeithoch zu verzeichnen. Allein seit Jahresbeginn stiegen die Preise für Zink um 47%, Kupfer 30%, Palladium 37%, Silber 35%. Auch der ÖLPREIS befindet sich auf dem Weg in ein Allzeithoch.

Warnung vor Störungen des Systems

In einer Rede vor dem Harvard Center of European Studies warnte IWF-Direktor Rodrigo de RATO am 4.4., "globale Ungleichgewichte" könnten, wenn sie sich schnell und chaotisch abwickeln, "Störungen der Weltfinanzmärkte" und/oder eine "weltweite Rezession" auslösen. "Es gibt zwei offensichtliche Wege, wie sich eine ungeordnete Anpassung der globalen Ungleichgewichte vollziehen könnte", sagte de Rato. "Der eine wäre ein abrupter Fall der Rate des Konsumwachstums in den Vereinigten Staaten... In diesem Szenario käme es zu einem Schrumpfen der weltweiten Nachfrage und möglicherweise einer weltweiten Rezession. Eine andere Möglichkeit ist, daß die Finanzmärkte eine Anpassung erzwingen. In diesem Szenario könnte es sein, daß die Investoren nicht mehr gewillt sind, steigende Mengen an US-Finanzwerten zu gegenwärtigen Wechselkursen und Zinsraten zu halten. Dies führte zu einer Abwertung des US-Dollar und einem Anstieg der US-Zinsen, was wiederum ein Schrumpfen der Binnennachfrage in den USA verursachen würde. Und auch hier: Geschähe dies abrupt, könnte es einen schweren Abschwung sowie Störungen der Weltfinanzmärkte verursachen."

Das sichtbarste Problem sei das hohe Leistungsbilanzdefizit der USA. De Rato erwähnte aber auch einen Einbruch des USImmobilienmarkts. Einige politisch Verantwortliche seien überzeugt, die globalen Ungleichgewichte könnten entweder unbegrenzt weiterbestehen oder würden sich mit der Zeit auflösen. "Ich halte diese Ansichten für optimistisch, zu einem Grade, der an gewollte Blindheit grenzt", sagte er. Der Präsident der New Yorker Federal Reserve, Timothy GEITHNER, hat am 5.4. in einer Rede vor der New York Bankers Association schon zum dritten Mal in diesem Jahr öffentlich vor dem steigenden Risiko eines Crashs im Finanzsystem gewarnt.

Geithner sagte: "Die kritischere Rolle der Hedgefonds und anderer Nichtbank-Finanzinstitute auf Kredit- und anderen Märkten birgt das Potential, die Auswirkungen von Notlagen dieser Institute auf Marktdynamik und Liquidität zu vergrößern, wenn die Gegenparteirisiken nicht richtig gemanagt werden. Die Proliferation neuartiger Derivate und strukturierter Finanzprodukte hat die Natur der Hebelwirkung [Leverage] im Finanzsystem verändert. Die zusätzliche Hebelwirkung in diesen Finanzinstrumenten... könnte die Auswirkungen einer drastischen Veränderung der Wahrnehmung makroökonomischer Risiken oder Kredite auf Wertpapierpreise und Liquidität potentiell verstärken." Die größere Konzentration auf einigen Finanzmärkten habe das Potential, im Falle eines Bankzusammenbruchs "das System anfälliger zu machen", sagte Geithner.

"Manöver" Finanzkrise

Am 10.4. erschien in der Financial Times ein Artikel mit der Überschrift "Europa simuliert finanzielle Kernschmelze". Die FTbezieht sich auf ein "Manöver" am Frankfurter Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) am 7.4., wo "eine kontinentweite Finanzkrise simuliert wurde". EZB, nationale Zentralbanken, Finanzministerien und Aufsichtsbehörden simulierten "den Zusammenbruch einer Großbank mit Operationen in mehreren großen Ländern". "Das ist, als würde man prüfen, ob ein Kernkraftwerk es übersteht, wenn ein Flugzeug hineinstürzt", zitiert die FTeinen der Mitwirkenden. Parallel dazu diskutierten europäische Finanzminister auf einem Treffen am 8.4. in Wien über einen "vertraulichen Bericht" über Systemrisiken. Den Bericht verfaßte das Economic and Financial Committee, einer Gruppe hochrangiger Vertreter von Finanzministerien und Zentralbanken aus der EU. Sie identifizieren Hedgefonds und Private Equity Fonds als Quellen für Finanzkrisen, auf die die EU nicht vorbereitet ist, und drängen die Aufsichtsbehörden, Notfallpläne entsprechend zu erweitern und mehr Krisensimulationen zu veranstalten. In dem Bericht, der bloomberg zugespielt wurde, heißt es: "Hedgefonds können zur Markteffizienz und zum Verteilen von Risiken beitragen, sie können aber auch eine Quelle von Systemrisiken sein." Die Aufsichtsbehörden sollten sicherstellen, daß keine gescheiterten Transaktionen oder Fondszusammenbrüche Folgewirkungen für die gesamten Märkte haben.

Prof. Hankel verurteilt Euro-System

Der deutsche Wirtschafsprofessor Wilhelm HANKEL hat am 29.3. in einem Interview mit EIR aufgezeigt, wie die innere Mechanik des Euro-Währungssystems Deutschland, den Hauptmotor der europäischen Wirtschaft, "ausblutet". Deutschland ist nicht nur der größte Nettobeitragszahler zur Europäischen Union, es ist inzwischen auch der größte "Kapitallieferant" für die übrigen Staaten der Eurozone. Aufgrund der Einheitswährung würden die gewaltigen Exportüberschüsse Deutschlands "AUFGEZEHRT", um die enormen Leistungsbilanzdefizite von Ländern wie Spanien, Frankreich, Italien und Griechenland zu decken. Die Konstruktion der Europäischen Währungsunion (EWU) bedeute einen "unsichtbaren Transfer" wirtschaftlicher und finanzieller Ressourcen aus Deutschland zur "Subventionierung" der Defizitstaaten der EWU. Die Wirkung in Deutschland sei jedoch deutlich zu sehen: sinkende Löhne, zunehmende Arbeitslosigkeit und schrumpfende Kapitalinvestitionen.

Mit der Aufgabe der Landeswährungen seien gerade die Instrumente, die ein Sozialstaat zur Erfüllung seiner Verpflichtung zum Gemeinwohl seiner Bürger brauche, an die EZB und die Europäische Kommission abgegeben worden. Die Geschichte von Währungsunionen zeige jedoch, daß immer dann, wenn der Konflikt so weit eskalierte, daß entweder die Nationalstaaten oder die Währungsunionen vor der Auflösung standen, am Ende die Nationalstaaten überlebten. Prof. Hankel forderte eine geordnete Rückkehr zur Währungssouveränität der europäischen Nationalstaaten. Der Euro sollte in eine "Verrechnungseinheit" der eng kooperierenden Staaten Europas umgewandelt werden, ähnlich dem ECU des Europäischen Währungssystems (EWS) 1979-92. Hinsichtlich einer Reform des Weltfinanzsystems unterstützte Prof. Hankel Lyndon LAROUCHEs Vorschlag eines Neuen Bretton Woods.



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