August 2002 LaRouche zur globalen Krise

Am 17. August 2002 sprach Lyndon LaRouche vor dem Institut für Sino-Strategische Studien im kalifornischen Whittier. Wir geben hier einen Ausschnitt aus seiner Rede wieder, in denen er seine Vorschläge für ein neues Finanzsystem in knapper Form erläutert.

Es gibt eine Lösung für diese Krise!

Die gegenwärtig explodierende Währungs-/Finanz- und Wirtschaftskrise ist keine Konjunkturkrise, sondern eine Systemkrise. Das gegenwärtige System selbst hat sie über einen Zeitraum von etwa 35 Jahren hervorgerufen. Es gibt keine Lösung dieser Krise, ohne dieses System zu ersetzen. Auf ähnliche Weise sind in der Vergangenheit Imperien und Dynastien gestürzt, ja sogar ganze Zivilisationen verschwunden.

Wenn das System nicht geändert wird, ist das folgende weltweite Szenario praktisch unausweichlich.

Nimmt man die Gesamtheit der regulären und irregulären Verschuldung in den Weltfinanzen einschließlich aller Arten von Finanzderivaten und "Ramschanleihen", so ergibt sich, daß das Verhältnis von Schulden zu realem Mehrwert in der Welt heute dem Schuldenverhältnis vergleichbar ist, das in der Mitte des 14.<\!q>Jahrhunderts das Lombard-Bankensystem in Europa zum Einsturz brachte. Der Versuch der Finanziers, die Geldschulden in voller Höhe einzutreiben, stürzte Europa damals in ein "neues finsteres Zeitalter", wie es die Historiker nennen, in dem schätzungsweise ein Drittel der europäischen Bevölkerung ausgelöscht wurde. Wenn man diesen Vergleich zur heutigen Welt anstellt, muß man zwei Tatsachen klar erkennen. Erstens, daß die Welt nur durch eine Abkehr vom gegenwärtigen Weltwährungs- und Finanzsystem gerettet werden kann. Zweitens, warum einige mächtige finanzielle Sonderinteressen so verzweifelt entschlossen sind, sich der Einrichtung eines neuen Währungs- und Finanzsystems entgegenzustemmen.

Es gibt eine Lösung für diese Krise. Meiner Ansicht nach muß man drei Schritte unternehmen, um einen Ausweg aus der weltweiten, sich verschärfenden kombinierten Finanz- und Währungskrise, Wirtschaftskrise und strategischen Krise zu finden.

Schritt Nummer Eins: Man benutzt die Erfahrung des relativ erfolgreichen Bretton-Woods-System von 1945-1964 als Bezugspunkt für die Einrichtung eines neuen Weltwährungssystems. Dies bedeutet ein System fester Wechselkurse im Rahmen einer protektionistischen Wirtschaftspolitik, die durch Verträge zwischen Nationen geregelt wird.

Ein solcher Vorschlag wurde von Gruppen führender Parlamentarier in Italien und anderen Ländern unterstützt.

Nach meiner persönlichen Einschätzung sollte man dann den Preis von Währungsreservegold irgendwo zwischen 800 und 1000 Dollar je Feinunze ansetzen -- vielleicht setze ich den Preis zu niedrig an, aber diese Schätzung illustriert den Punkt. Welthandel und Realwirtschaft werden auf der Grundlage langfristiger Kredite reorganisiert -- deren Laufzeit in der Größenordnung eines Vierteljahrhunderts liegt und deren Kosten einen einfachen Zinssatz von 1-2 Prozent nicht übersteigen --, mit denen man die Entwicklung der grundlegenden wirtschaftlichen Infrastruktur und andere Vorhaben mit besonderer Priorität finanziert.

Zur Gründung eines solchen neuen Systems müßten völlig souveräne Nationalstaaten eingreifen und zusammenarbeiten, um das existierende Finanz- und Währungssystem einem von Regierungen geleiteten Konkursverfahren zu unterziehen. Der Leitsatz wäre dabei von Anfang an, so wie bei Präsident Franklin Roosevelts Maßnahmen, das naturrechtliche Verfassungsprinzip des Gemeinwohls. Alle wesentlichen Beschäftigungsverhältnisse, Produktion und Rentenzahlungen müssen wie gewohnt weiterlaufen. Das Niveau der Produktion und Verteilung realer Güter und notwendiger Dienstleistungen muß gehalten werden. Man braucht Sofortmaßnahmen zur Ausweitung der Beschäftigung durch staatlich abgesicherte Kredite, besonders in denjenigen Bereichen der Infrastruktur, die für das gegenwärtige und zukünftige nationale Interesse wichtig sind.

Schritt Nummer Zwei: Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Nationen sind bestimmte technische Maßnahmen erforderlich, um das allgemeine Nettoniveau der physisch-produktiven Arbeitskraft weltweit zu erhöhen, indem Technologie von technologieexportierenden Gebieten in Gebiete mit Technologiedefiziten fließt. Typisch für diese notwendigen Maßnahmen ist der Vorschlag für eine Eurasische Landbrücke, den meine Mitstreiter in den letzten zehn Jahren unterbreitet haben. Die eurasische Zusammenarbeit -- im Kern wahrscheinlich die Kooperation Europas mit einer Gruppe von Nationen, die sich im Rahmen einer strategisch-wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Rußland, China und Indien zusammenfinden werden -- ist typisch für die Art von Wachstumsprogrammen, die notwendig sind, um eine Rückkehr zu einem Äquivalent des Bretton-Woods-Systems von 1945-1964 zu erreichen.

Schritt Nummer Drei: Es ist die Zeit erreicht, in der wir über die relativ primitive Ebene der Zusammenarbeit, bei der friedliche Zusammenarbeit nur als eine Form bloßer Negation von Konflikten behandelt wurde, hinausgehen müssen. Wir brauchen eine Annäherung an die Politik, die der damalige US-Außenminister John Quincy Adams für die Zukunft des amerikanischen Kontinents vorgeschlagen hat: eine Prinzipiengemeinschaft absolut souveräner Nationalstaaten. Souveränität muß heißen, daß die Staaten sich gemäß jenen nationalen Kulturen selbst regieren, über die die Mitglieder der Nation Ideen vermitteln können, die "tiefgehende und leidenschaftliche Konzepte über Mensch und Natur" betreffen, wie es der englische Dichter Shelley nannte. Doch unter diesen Nationen muß unser gemeinsames Ziel dasselbe sein: das Gemeinwohl jeder Nation und das Gemeinwohl, das durch Zusammenarbeit zwischen Nationen positiv gefördert wird. Diejenigen Nationen, die bereit sind, eine solche Politik zu betreiben, sollten das jetzt tun. Wir sollten nicht versuchen, dies als unseren Willen anderen Nationen aufzuzwingen, sondern ein Beispiel setzen, dem diese anderen hoffentlich nacheifern werden.

Praktisch sitzen alle Nationen in einem Boot -- einem Boot, das gerade sinkt. Wir werden das Boot nur retten können, wenn wir den grundlegenden wissenschaftlichen und davon abgeleiteten technischen Fortschritt der physischen Arbeitsproduktivkraft energisch vorantreiben. Dies bedeutet, daß man Wissenschaft und Technik mit denen, die sie brauchen, teilt. Ohne das Motiv, einfach nur um des Gemeinwohls der Menschheit willen dem Nachbarn und Nächsten zu nutzen, werden wir den notwendigen Willen zur Überwindung der Gefährdungen des Gemeinwohls, die heute unter den Völkern der Welt immer mehr um sich greifen, wahrscheinlich nicht aufbringen können.