"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Mai 2008 Nahrungsmittel für den Frieden

UN-Berichterstatter macht WTO, IWF und Biotreibstoffe verantwortlich für "wirkliche Tragödie" der Welthungerkatastrophe

Jean Ziegler, UNO-Berichterstatter für das Recht auf Nahrung, prangerte bei seiner Pressekonferenz vom 28. April in Genf die Welthandelsorganisation (WTO), Biotreibstoffe und die "moralische verirrte" Politik des IWF als verantwortlich für den wachsende Hunger auf der Welt an.

Ziegler nahm an einem Treffen verschiedener UNO-Agenturen teil, die sich mit Soforthilfen zur Bewältigung der Welthungerkatastrophe beschäftigen sollten. Zieglers Amtszeit endete am 30. April und er nahm bei seiner letzten Pressekonferenz kein Blatt vor den Mund. Der WTO-Direktor Pascal Lamy arbeite vollkommen "gegen die Interessen der Menschen, die als Opfer des Hungers sind." Die Bestrebungen der WTO, jetzt unbedingt die Doha-Runde für noch weitergehende Handelsliberalisierungen abzuschließen, werde noch mehr Menschen das Leben koste. Nicht Handelsliberalisierung, sondern im Gegenteil protektionistischer Schutz und entsprechende Zahlungen ermöglichten Bauern und Kleinbauern, Nahrungsmittel herstellen zu können!

Ziegler verglich die IWF-Politik mit dem Kolonialismus, da sie auf dasselbe hinauslaufe. Man ermutige arme Länder, statt Nahrungsmitteln andere Produkte herzustellen, um mit den Exporterlösen ihre Schulden abzuzahlen. Dies zwinge die Bauern, Subsistenzwirtschaft zu betreiben, und landwirtschaftliche Produkte nur fürs eigene Überleben anzubauen. Man müsse endlich mit der Produktion solcher "Kolonialgüter" aufhören.

Ziegler rief in einem leidenschaftlichen Appell zu einer Ausweitung der Zuwendungen für das UN-Welternährungsprogramm auf, das für 75 Millionen Menschen die einzige Möglichkeit der Nahrungsmittelversorgung darstellt. In den letzten drei Monaten sei die Kaufkraft der armen Menschen auf der Welt um 40% gefallen, vor allem aufgrund der Inflation der Nahrungsmittelpreise. Ohne Hilfe würden in den nächsten Monaten Millionen Menschen z.B. im Gazastreifen oder Darfur sterben und Nahrungsmittelaufstände und Unruhen sich ausweiten. Die hohen Nahrungsmittelpreise "destabilisieren die Welt", betonte Ziegler. Täglich richte der Hunger "Massaker" an, die immer schlimmer würden, während Spekulanten das Auf und Ab der Preise an den internationalen Märkten für ihren Profit nützten.

In diesem Zusammenhang griff Ziegler auch den Biotreibstoffwahn an, den er als eine der Hauptursachen für die explodierenden Nahrungsmittelpreise bezeichnete. Wenn Leute gegen die "globale Erwärmung" kämpfen wollten, dann bitte ohne Massenmord, so Ziegler. Biotreibstoffe stellten heute "ein Verbrechen gegenüber einen großen Teil der Menschheit" dar, und das sei "nicht zu tolerieren". Ziegler rief zu einem vollständigen Stopp der Herstellung von Biotreibstoffen auf, der mindestens fünf Jahre andauern müsse.