"Nichts mehr davon, ich bitt euch. Zu essen gebt ihm, zu wohnen.
Habt ihr die Blöße bedeckt, gibt sich die Würde von selbst."
Friedrich Schiller
  Dezember 2008 Nahrungsmittel für den Frieden

Frankreich verteidigt Nahrungsmittelsicherheit bei EU-Landwirtschaftstreffen

Der französische Landwirtschaftsminister Michel Barnier unternahm bei den Verhandlungen der EU-Landwirtschaftsminister am 28. November einen wichtigen Vorstoß zur Verteidigung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) und damit staatlicher Regulierung zur Erhaltung der Nahrungsmittelsicherheit.

Die EU-Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel will die landwirtschaftliche Produktion zugunsten von Finanzhilfen für Maßnahmen der sog. "ländlichen Entwicklung und Schutz der Umwelt" beiseite drängen. Die Direkthilfe für Nahrungsmittelproduktion soll nach dem Willen der Freihandelsfanatiker in der EU nach Möglichkeit ganz verschwinden. Am Vorabend des Treffens hatten deshalb tausende Landwirte in Brüssel gegen diese Zielrichtung demonstriert. Auch Tabakerzeuger aus Frankreich, Griechenland, Polen, Griechenland und Spanien nahmen an den Protesten teil.

Barnier, der das EU-Treffen leitete, konnte 24 der 27 EU-Mitgliedsländer gewinnen, seiner Erklärung über die Weiterführung der GAP über 2013 hinaus und für eine "ehrgeizige" GAP zuzustimmen - sehr zur Überraschung seiner Gegner. Großbritannien und Schweden waren dagegen und behaupten, die EU verwende für die GAP zu viel Geld (40% des EU-Haushalts, was pro Bürger eine durchschnittliche Belastung von 100 € im Jahr bedeutet, aber eine sichere Nahrungsmittelversorgung garantiert.)

Barnier unterstrich jetzt erneut in einer Zeitungskolumne (Project Syndicate), wie wichtig eine Regulierung im Bereich Landwirtschaft und Nahrungsmittel ist. "Eine weitere Liberalisierung des Nahrungsmittelhandels wird keine Nahrungsmittelsicherheit hervorbringen. Die Märkte in diesem Bereich sind zu sprunghaft. Vor allem ärmere Länder sind auf Regulierung angewiesen, um diese Auswirkungen auszugleichen."

"In einer Welt, in der sich die Produktivität auf einer Skala zwischen 1 bis 1000 bewegt, wäre es sehr unklug, sich nur auf die Märkte zu verlassen, wenn die ärmsten Länder in die Lage versetzt werden sollen, ihre Wirtschaft auszuweiten. Es ist auch sehr unwahrscheinlich, dass die Wirtschaft wächst, indem man das dem Wettbewerb überlässt zwischen Lebensmittelmultis und den Produzenten in Ländern, in denen immer noch Hungernöte herrschen." Eine eigenständige Nahrungsmittelversorgung für arme Länder könne man viel eher erreichen, indem ausländische Expertise und die lokale Kenntnis über die Geographie, die Umwelt- und Wirtschaftsbedingungen vereint, Risiken gestreut und Projekte und Ressourcen gemeinsam entwickelt würden.

Barnier verwies auf die Erfolge der [geschützten und kooperativen] europäischen Agrarpolitik nach dem 2. Weltkrieg, als in weniger als 20 Jahren eine Nahrungsmittelversorgung erreicht werden konnte. Länder, die ihre landwirtschaftliche Entwicklung vor den internationalen Märkte schützten, wie Indien oder Vietnam, hätten die Armut wesentlich reduzieren können. Jetzt sei die Zeit gekommen, der Landwirtschaft eine Priorität einzuräumen, "um Wachstum mit einem menschlicheren Gesicht" sicherzustellen. Dieses werde sehr schnell "zu einem Hauptthema für alle", und Frankreich als ein Kernland der EU wolle seine Rolle bei dieser kollektiven Anstrengung spielen.