Nachruf auf Lyndon H. LaRouche jr. (1922-2019)
Das Nachrichtenmagazin Executive Intelligence Review
veröffentlichte am 21. Februar auf seiner Internetseite den folgenden
ausführlichen Nachruf auf seinen Gründer.
Lyndon H. LaRouche jr., der amerikanische Ökonom und Staatsmann, der
zwischen 1957 und 2007 die weltweit zutreffendsten Wirtschaftsprognosen
erstellt hat, ist am 12. Februar 2019 verstorben. Als Autor von tausenden
Artikeln und über hundert Büchern und umfangreichen Pamphleten und
strategischen Studien war LaRouche eine der umstrittensten politischen
Persönlichkeiten der amerikanischen Geschichte.
Einer der Gründe hierfür waren LaRouches herausragende, kühne und
ausdauernde Präsidentschaftskampagnen 1976-2004, um nach den Morden an John F.
Kennedy, Malcolm X, Martin Luther King und Robert Kennedy die
verfassungsmäßige Selbstregierung der Vereinigten Staaten wiederherzustellen.
Ein weiterer Grund war seine erfolgreiche Einrichtung eines unabhängigen
Presse- und Nachrichtendienstes, der ihm und seinen Mitarbeitern die
Möglichkeit einer ungefilterten Bewertung von Ereignissen verschaffte und es
ihnen erlaubte, den wahren Zustand der amerikanischen Volkswirtschaft und
häufig auch den wahren Hintergrund sonst undurchschaubarer amerikanischer und
internationaler politischer Prozesse publik zu machen.
LaRouche begründete eine internationale philosophische Vereinigung auf der
Grundlage des wiederbelebten Wissens um die jahrtausendealte Kontroverse
zwischen der platonischen Tradition und der aristotelischen Schule – dem Kampf
zwischen dem republikanischen Staatsmodell und dem oligarchischen
Imperialsystem.
LaRouches Einfluß außerhalb der Vereinigten Staaten ergab sich daraus, daß
es ihm gelang, Hunderte politisierte Studenten aus verschiedenen Ländern zu
rekrutieren, besonders aus Europa, Kanada, Mittel- und Südamerika. Diese
persönlich ausgewählte Intelligenzia verschaffte ihm die Fähigkeit, mit Hilfe
kleiner, aber gut ausgebildeter und extrem gut informierter Gruppen politische
Veränderungen einzuleiten und umzusetzen. So wurden viel größere Kräfte in
verschiedenen Ländern katalysiert, indem sie „wie ein Kopf auf vielen
Kontinenten“ wirkten.
LaRouche war dafür bekannt, daß er von jedem Bürger der Vereinigten Staaten
und von allen Bürgern souveräner Nationen verlangte, sich in wichtigen
politischen Fragen, die die Zukunft ihrer Länder und der Menschheit insgesamt
betreffen, kundig zu machen; nur solche politischen Forderungen zu erheben und
zu verfechten, die „das allgemeine Wohl von uns selbst und unserer Nachwelt
befördern“; und gegen rücksichtslose Finanzmaßnahmen vorzugehen, die zur
Durchsetzung einer rassistischen Entvölkerungspolitik vor allem gegen Länder
Afrikas, Asiens und Mittel- und Südamerikas betrieben werden, manchmal
kaschiert als „Umweltschutz“ oder „nachhaltige Entwicklung“.
Prominente internationale Persönlichkeiten und Institutionen haben zwar
jüngst über LaRouche zu berichten begonnen, doch hat es keines der „großen
Medien“ bisher gewagt, LaRouches wirkliche Ansichten über politische Fragen,
für die er bekannt war, zu zitieren, obgleich er einer der produktivsten
Autoren Amerikas gewesen ist. Diese Angst vor LaRouche ist erstaunlich, aber
nicht neu. Es war schon immer so, daß die Macht von LaRouches Ideen, genauso
wie oder noch mehr als die Person LaRouche von seinen Gegnern zutiefst
gefürchtet wurde. Diese Furcht wird mit seinem Tod nicht nachlassen.
LaRouches Vier Gesetze, sein Vorschlag eines Viermächteabkommens zwischen
den USA, Rußland, China und Indien, die von ihm entwickelte und 1983 vom
damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan verkündete Strategische
Verteidigungsinitiative (SDI) und sein jahrzehntelanger intensiver Einsatz für
die Entwicklung der kontrollierten Kernfusion dürfen von den heutigen
„Mainstream-Medien“ selbst nach seinem Ableben nicht erwähnt werden. Hätte die
amerikanische Bevölkerung heute Kenntnis über diese politischen Alternativen
und wüßte damit, was ihr durch den jahrzehntelangen Pakt des Schweigens um
LaRouche vorenthalten wurde – insbesondere während der Finanzkrise und den
sinnlosen Raubkriegen der letzten 15 Jahre –, so wäre sie zu dem einfachen
Schluß gekommen, daß jemand sich all diese Jahre nach Kräften bemüht hat, sie
von Lyndon LaRouches Ideen fernzuhalten.
Die Ausrede, „Er ist ein Bösewicht, aber wir dürfen Ihnen nicht sagen,
warum“, genügt nicht mehr als Erklärung für die Menschen, warum sie jetzt
nicht wissen sollten, „wer LaRouche ist“. Damit die Beschränkungen der
Fake News wirklich durchbrochen werden, muß der wirkliche Lyndon
LaRouche jetzt endlich gehört und bekannt werden. Hierzu dient die folgende
kurze, sehr unvollständige Darstellung seines Lebens und Werkes.
Der Werdegang eines Staatsmanns
LaRouche hat sich über mehr als vier Jahrzehnte als der Hauptfeind des
britischen Imperialsystems erwiesen, sowohl in dessen Ausprägung vor dem
Zweiten Weltkrieg wie auch in der Form des Commonwealth nach dem Krieg.
LaRouches Militärdienst im Zweiten Weltkrieg vor allem im Einsatzgebiet von
Burma hat ihn entscheidend geprägt. „Das Erlebnis in Kalkutta 1946 prägte
meine politische Grundüberzeugung, daß die Vereinigten Staaten nach dem Krieg
die Führung beim Aufbau einer neuen Weltordnung übernehmen müßten, mit der
Aufgabe, die Wirtschaftsentwicklung der heutigen ,Entwicklungsländer’ zu
fördern“, schrieb LaRouche in seiner Autobiographie Die Macht der
Vernunft 1988. LaRouche nahm den Kampf gegen die „politischen
Wirtschaftstheoretiker“ und Sklavenhändler der heutigen Form der britischen
Ostindiengesellschaft auf, deren Theorien nach dem Krieg an den
Wirtschaftsfakultäten der amerikanischen Universitäten vorherrschten.
LaRouche war ein entschiedener Gegner der Ansicht, der Mensch sei ein Tier,
wie es Francis Bacon, Thomas Malthus und John Locke vertraten. Statt dessen
setzte sich LaRouche für die Wiedereinführung der Wissenschaft der physischen
Ökonomie in den Vereinigten Staaten ein – eine Wissenschaft, die der deutsche
Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz, der Entdecker der Infinitesimalrechnung
und Miterfinder der Dampfmaschine, 1672 begründet hatte. Zwischen 1948 und
1952 betrieb LaRouche intensive unabhängige Studien in vielen
naturwissenschaftlichen Bereichen, um seine Methode der Wirtschaftsprognose zu
entwickeln. In dem Buch LaRouche: Will This Man Become President?
(1983) heißt es dazu:
„1952 erkannte LaRouche erstmals, daß es mit Hilfe eines
Energiebegriffs in Übereinstimmung mit [Bernhard] Riemanns
Habilitationsschrift von 1854 Über die Hypothesen, welche der Geometrie zu
Grunde liegen möglich ist, technologisches und wirtschaftliches Wachstum mit
diesem so definierten Energiebegriff zu messen. In LaRouches Ansatz wird
wirtschaftlicher Wert – reales Wirtschaftswachstum – vor allem im Sinne einer
Zunahme der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte der Gesellschaft
gemessen.“
LaRouche betrachtete jedoch alle seine Arbeiten über physische Ökonomie
als spezifischen Ausdruck einer tieferen epistemologischen Aufgabe. In seinem
Artikel „Beethoven als Musikwissenschaftler“ (1988) schreibt er:
„Meine wichtigsten Entdeckungen in allen Bereichen, in denen ich
Beiträge geleistet habe, basieren auf meiner Widerlegung des berühmten
Kantschen Paradoxes, wie es in Immanuel Kants Kritik der Urteilskraft
geltend gemacht wird. Kant behauptete zwei Dinge, die hier von Bedeutung
sind.
Erstens äußerte er, daß es zwar schöpferische Prozesse gebe, die zu
gültigen grundlegenden wissenschaftlichen Entdeckungen führten, aber diese
Prozesse selbst lägen jenseits jeden möglichen menschlichen Verstehens. Das
habe ich als falsch nachgewiesen, und ausgehend von diesem Beweis entwickelte
ich eine verständliche Darstellung dieser kreativen Prozesse und damit der
impliziten Messung des technischen Fortschritts als solchem.
Auf Grundlage der ersten Behauptung argumentierte Kant zweitens, daß es
in der Ästhetik keine allgemeinverständlichen Kriterien von Wahrheit oder
Schönheit gebe. Der Umstand, daß der gesamte moderne Irrationalismus in
Kunstfragen so allgemein toleriert wird, ist darauf zurückzuführen, daß in
Deutschland und anderswo diese von Kant und später von Friedrich Karl von
Savigny verbreitete These über Ästhetik akzeptiert wurde.“
Die Vielzahl von LaRouches Schriften über Musik, Wirtschaft, Geschichte,
Sprache und Naturwissenschaft hat zahlreiche Menschen auf der ganzen Welt zur
Zusammenarbeit und zum Austausch angeregt. LaRouche war in erster Linie ein
Staatsmann – kein Politiker –, der Staatskunst im Sinne des Sokrates von Athen
praktizierte. Durch eigene Lehrtätigkeit baute er Organisationen auf,
angefangen mit einer mehrteiligen Vorlesungsreihe 1966, in der er vor allem an
Universitäten seine Methode der Wirtschaftsprognose darlegte und zur
Diskussion stellte. Viele sind erstmals auf LaRouche gestoßen, als er mit
akademischen Ökonomie- und Politikgrößen Debatten führte. Das hörte 1971 auf
nach LaRouches berühmter Debatte mit dem Ökonomen Abba Lerner, der die Debatte
verlor, als er behauptete, wenn man die Sparpolitik von Reichsfinanzminister
Hjalmar Schacht in den 1920er Jahren umgesetzt hätte, „wäre Hitler nicht
notwendig gewesen“. Innerhalb weniger Monate fand sich niemand mehr, der
bereit war, mit LaRouche zu debattieren, und seither fand keine solche Debatte
mehr statt.
LaRouches Vorlesungen über „dialektische Ökonomie“, wie er es damals
nannte, waren genau das: Dialoge zwischen LaRouche und philosophischen,
ökonomischen und wissenschaftlichen Köpfen der Geschichte, die er anschaulich
und präzise porträtierte, stets ohne Notizen, oft auch ohne irgendein Buch.
Die Studenten erhielten einen umfangreichen Lehrplan mit einem festgelegten
wöchentlichen Lesestoff. Ein damaliger Teilnehmer erinnerte sich: „Es wurde
auf Passagen aus Werken wie beispielsweise Kants Kritik der Praktischen
Vernunft verwiesen. Man wurde aufgefordert, diese zu lesen. Wenn man dies
tat und zur nächsten Vorlesung kam, beschrieb LaRouche zunächst seine
Vorstellungen über diese Passage, und das überzeugend und sehr genau. Im
weiteren nahm er die Passage Stück für Stück auseinander, und da man sie
gelesen und akzeptiert hatte, entdeckte man plötzlich die Trugschlüsse, die
tief im eigenen Denken verwurzelt waren. Er zeigte einem den Unterschied
zwischen Lesen und Denken auf. Das waren keine Vorlesungen; das waren
Zwiegespräche. Und das weckte unser Interesse.“
LaRouches Hauptorganisation war der National (später International) Caucus
of Labor Committees, eine philosophische Vereinigung in Form eines „Systems
von Konferenzen“, die gewöhnlich zweimal im Jahr stattfanden. Aus dieser
Vereinigung gingen viele weitere Organisationen hervor, etwa die Fusion Energy
Foundation, die U.S. Labor Party, das National Democratic Policy Committee,
die Anti-Drug Coalition und andere. LaRouche gründete Organisationen in
Frankreich, Deutschland, Italien, Schweden, Kanada, Dänemark, Mexiko,
Kolumbien, Peru, Australien und vielen anderen Ländern und arbeitete mit ihnen
zusammen.
Im Dezember 1977 heiratete LaRouche in Deutschland Helga Zepp, die später
das Schiller-Institut gründete, eine Denkfabrik für die Förderung von
Staatskunst und einer Renaissance der klassischen Kultur.
„Im Herbst 1977 schlug ich vor, wir sollten heiraten... Ich war etwas
überrascht, aber angenehm, als sie zustimmte... Wir führten beide wahrlich
kein normales Leben, und es war sehr unwahrscheinlich, daß es je anders sein
würde. Wir heirateten am 29. Dezember 1977 in Wiesbaden. Die Trauung wurde auf
deutsch vollzogen; der Standesbeamte fragte mich auf deutsch, ob ich wüßte,
was vor sich ging. Meine Freunde haben noch Wochen später darüber
gelacht.“
Sie blieben 41 Jahre lang verheiratet.
Der kämpferische und polemische Stil von Wahlkämpfen und anderen Kampagnen
LaRouches und seiner Verbündeten waren im politischen Leben Amerikas der 70er,
80er und 90er Jahre einzigartig. LaRouches halbstündige Fernsehsendung von
1976 „Dringende Ansprache an die Nation“ war das erste Mal, daß ein
unabhängiger Kandidat in einer Präsidentschaftswahl soviel Sendezeit im
Privatfernsehen kaufte. Bei der Präsidentschaftswahl 1984 trat LaRouche 15 Mal
in halbstündigen Fernsehsendungen auf, wodurch er praktisch erfand, was später
als „Infomercial“ (Informations-Werbesendung) bekannt wurde. LaRouches
Präsidentschaftskampagnen und auch die Kandidaturen seiner Mitstreiter – 1986
allein bewarben sich tausend LaRouche-Kandidaten um ein öffentliches Amt –
versetzten seine Gegner in Angst und Schrecken, ermutigten jedoch auch andere,
sich nicht nur um ein öffentliches Amt zu bewerben, sondern auch eine Politik
zu unterstützen, die nicht nur den „örtlichen Krähwinkel“ betrifft, sondern
die gesamte Menschheit voranbringt.
Eine solche Politik war 1975 LaRouches Vorschlag einer Internationalen
Entwicklungsbank (IEB) anstelle des Internationalen Währungsfonds, um die
sogenannte „Dritte Welt“ zu entwickeln, indem man den Export moderner Technik
und sogar den Bau ganzer Städte finanziert. Diese Städte sollten als
Ausbildungsstätten für die Bevölkerung des Entwicklungssektors dienen, um
ihnen möglichst schnell das Rüstzeug zur Entwicklung einer „vollständigen“
Volkswirtschaft zu geben, anstatt zu Schuldsklaven zu werden, wie es
anschließend tatsächlich geschah.
Politiker wie Fred Wills, der damalige Außenminister von Guyana,
unterstützten LaRouches IEB-Vorschlag auf einer UNO-Sitzung 1976. Der
mexikanische Präsident José López Portillo und die indische
Ministerpräsidentin Indira Gandhi trafen sich mit Lyndon und Helga LaRouche
und übernahmen Aspekte seiner Vorschläge, von welchen viele in Buchform
verbreitet wurden, so u.a. „Operation Juárez“ für Mexiko, „Die
Industrialisierung Indiens: Aus der Rückständigkeit zur Industriemacht in 40
Jahren“ und „Ein fünfzigjähriger Entwicklungsplan für den Indischen Ozean und
den Pazifik“. Alle diese Schriften, die noch heute ihre Gültigkeit haben, hat
LaRouche Anfang der 80er Jahre verfaßt.
Um LaRouches Ideen zu verbreiten, bedienten sich seine Anhänger der
sokratischen Methode – dem direkten Gespräch mit Menschen an Infoständen, vor
Arbeitsämtern, Postämtern, an Flughäfen, Straßenecken, in Innenstadtbereichen
und Einkaufszentren. Der direkte Kontakt mit der amerikanischen Bevölkerung
vermittelte LaRouche zudem ein viel besseres Bild über die Zustände „vor Ort“,
über das keine andere politische Kraft verfügte. Korrupte Elemente im
Justizministerium und sog. „Nichtregierungsorganisationen“, die grünes Licht
erhielten, das verfassungsmäßige Recht der LaRouche-Bewegung auf freie
Meinungsäußerung zu stören, konnten sich nur noch darauf verlegen, die
LaRouche-Organisation als „Sekte“ zu verleumden, um Bürger von Unterstützung
abzuhalten.
Keiner von LaRouches Verleumdern konnte seine zutreffenden
Wirtschaftsprognosen wegdiskutieren, darunter den Zusammenbruch des
Bretton-Woods-Systems am 15. August 1971, den Wall-Street-Crash im Oktober
1987 (von LaRouche im Mai jenes Jahres vorhergesagt) und seine Vorhersage in
einer Internetsendung vom 22. Juli 2007 zum Billionen-Dollar-Börsencrash vom
September 2008. Am 12. Oktober 1988 sagte LaRouche in einer Rede im Berliner
Hotel Kempinski:
„Von Beruf bin ich Wirtschaftswissenschaftler in der Tradition von
Gottfried Wilhelm Leibniz und Friedrich List in Deutschland sowie von
Alexander Hamilton und der Brüder Carey in Amerika. Auch meine politischen
Grundsätze teile ich mit Leibniz, List und Hamilton, aber auch mit Friedrich
Schiller und Wilhelm von Humboldt. Wie die Gründerväter der Vereinigten
Staaten glaube ich ohne Einschränkungen an die Notwendigkeit vollkommen
souveräner Nationalstaaten und lehne deshalb alle supranationalen
Einrichtungen, die die Souveränität einer Nation untergraben, ab. Wie Schiller
glaube ich, daß jeder Mensch, der eine schöne Seele werden will, ein wahrer
Patriot und zugleich Weltbürger sein muß.
In den vergangenen 15 Jahren bin ich ein ausgewiesener Fachmann in den
außenpolitischen Angelegenheiten meines Landes geworden. Infolge dieser Arbeit
habe ich in einigen Kreisen meiner Regierung in Fragen der Außenpolitik und
Strategie wachsenden Einfluß gewonnen. So arbeitete ich in den Jahren 1982 und
1983 zusammen mit dem Nationalen Sicherheitsrat am Entwurf der Strategie, die
später Strategische Verteidigungsinitiative, kurz SDI, genannt wurde. Auch
wenn die Einzelheiten dieser Zusammenarbeit vertraulich sind, so kann ich doch
sagen, daß meine Ansichten über die gegenwärtige strategische Lage heute in
den USA mehr Einfluß haben als zu irgendeinem früheren Zeitpunkt.
Deshalb kann ich Ihnen versichern, daß man das, was ich Ihnen nun zum Thema
einer möglichen deutschen Wiedervereinigung sagen werde, in relevanten Kreisen
in den Vereinigten Staaten sehr sorgfältig prüfen wird.
Viele Menschen sind heute der Meinung, daß unter den richtigen Bedingungen
die Zeit gekommen ist, erste Schritte hin zu einer baldigen deutschen
Wiedervereinigung einzuleiten. Es ist offensichtlich, daß Berlin dann wieder
die deutsche Hauptstadt werden sollte.“
Zielgenaue Zerstörung
Zwei Tage nach dieser Rede im Kempinski erhob die US-Justiz Anklage gegen
Lyndon LaRouche und mehrere seiner Mitarbeiter. Im Nationalen Presseclub
äußerte sich LaRouche später dazu: „Man könnte über diese Anklage sagen, daß
jeder, der sich an Gott oder der Menschheit oder beiden versündigt, früher
oder später seine gerechte Strafe erhält.“ Zwei Jahre vor der Anklageerhebung
war am 6. Oktober 1986 ein Mordanschlag auf LaRouche verübt worden, über den
sich LaRouche 2004 in einer Schrift mit dem Titel „,Sperrt ihn ein oder tötet
ihn!’ Die Nacht, in der sie kamen, um mich umzubringen“ so äußerte:
„Am 6. Oktober 1986 fiel ein Heer von über 400 bewaffneten Beamten in die
Stadt Leesburg in Virginia ein, um die Büroräume von EIR zu
durchsuchen; sie verfolgte aber noch eine andere, üblere Mission. Das Anwesen,
in dem ich damals wohnte, wurde von einer bewaffneten Einheit umstellt,
während Flugzeuge, gepanzerte Fahrzeuge und weitere Einsatzkräfte auf den
Befehl warteten, vorzurücken und zu schießen. Glücklicherweise kam es nicht
zum Schußwechsel, da jemand mit einer höheren Autorität als William Weld von
der Kriminalabteilung des Justizministeriums Anweisung erteilte, den Angriff
auf mich abzublasen. Die Einsatzkräfte, die bereit waren, gegen mich, meine
Frau und einige meiner Mitarbeiter vorzugehen, wurden am Morgen abgezogen.
Das war die zweite vollständig dokumentierte Beteiligung des
US-Justizministeriums an Operationen mit dem Ziel, mich aus der Politik zu
eliminieren.“
LaRouche und sechs andere wurden zwar von einem Gericht in Alexandria
(Virginia) im Dezember 1988 schuldig gesprochen und am 27. Januar 1989
inhaftiert, aber der internationale und nationale Aufschrei gegen diese
korrupten Urteile dauert bis heute an. Der ehemalige amerikanische
Justizminister Ramsey Clark, der LaRouche als Anwalt vertreten hat, erklärte
zu Recht, bei der Strafverfolgung LaRouches habe es „mehr und längeren
bewußten Betrug und systematisches Fehlverhalten unter Ausnutzung der
staatlicher Macht gegeben als bei jeder anderen mir bekannten Anklage der
US-Regierung“. In einem Dossier von Executive Intelligence Review vom
September 2017 „Robert Mueller ist ein amoralischer juristischer Auftragstäter
– er wird seinen Job eiskalt erledigen, wenn wir es nicht verhindern“ wird
umfassend dargestellt, wie der heutige Sonderermittler gegen Donald Trump,
Robert Mueller, ein wichtiger Beteiligter bei der politischen Verfolgung
Lyndon LaRouches in den 1980er Jahren gewesen ist.
In seiner Gefängniszeit schrieb LaRouche weiter, wobei er oft ganze
Buchkapitel durch das Telefon diktierte, auch das ohne irgendwelche
Nachschlagewerke. Neben der Schriftensammlung Christentum und Wirtschaft
und andere Gefängnisschriften schrieb oder diktierte LaRouche viele
weitere Dokumente, von denen einige mit anderen bisher unveröffentlichten
Schriften zusammengetragen wurden.
Während des Jahres 1989, als offensichtlich wurde, daß der sowjetische
Comecon zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, arbeiteten
LaRouche und seine Frau Helga intensiv an einem Programm mit dem Namen
„Produktives Dreieck Paris-Berlin-Wien“, das nach dem Zusammenbruch der
Sowjetunion zur „Eurasischen Landbrücke“ erweitert wurde. Das Programm sah
vor, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die Bevölkerungs- und
Industriezentren Europas und Asiens durch sog. Entwicklungskorridore zu
integrieren. Dies war der einzige umfassende Friedensplan für das 21.
Jahrhundert, der damals auf dem Tisch lag – eine Option, die von den Briten
und anglophilen Neokonservativen in den Vereinigten Staaten vehement bekämpft
wurde, da diese ihre Politik einer unipolaren Welt und ihr neoliberales System
unbedingt erhalten wollten. Die Eurasische Landbrücke wurde sehr schnell auch
als „Neue Seidenstraße“ bekannt. Mehr als zwei Jahrzehnte später ist die
chinesische Gürtel- und Straßen-Initiative, die sich aus diesem Konzept
entwickelte, zur wichtigsten Lokomotive der physischen Wirtschaft der Welt
geworden.
Das Leben Tausender verändern
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis am 26. Januar 1994 setzte LaRouche
seine Arbeit als Wirtschaftsprognostiker fort. Er entwickelte 1995 als
pädagogisches Modell die „Tripelkurve“ oder „Typische Kollapsfunktion“, um
auch Nichtökonomen zu verdeutlichen, wie die transatlantische Welt von einer
„Weimarer Hyperinflation“ erfaßt und so ausgeblutet wurde, daß nichts mehr das
vorherrschende Geldsystem retten konnte. Die einzige Möglichkeit war, es
umfassend zu reorganisieren, in dem man unter Rückgriff auf Franklin
Roosevelts Glass-Steagall-Trennbankengesetz aus der Zeit des New Deal die
Banken saniert. Im Januar 2001 warnte er vor der Gefahr eines schweren
Terrorangriffs auf eine oder mehrere amerikanische Städte und stellte diese
Warnung in den Zusammenhang einer Analyse, warum und wie das Finanzsystem
1999-2000 in eine Phase einer „Hightech-Blase“ eingetreten war.
LaRouche sprach davon, daß es zu einer Art „Reichstagsbrand“ kommen könnte,
wenn die Vereinigten Staaten infolge des sich verschärfenden wirtschaftlichen
Ruins unregierbar würden. Ähnlich wie er im Mai 1987 den Kollaps des
Aktienmarktes im Oktober 1987 vorausgesagt hatte, erklärte LaRouche am 22.
Juli 2007, ein Jahr vor der finanziellen Kernschmelze von Lehman Brothers und
AIG, im September 2008:
„Das Weltfinanzsystem befindet sich derzeit im Prozeß der Desintegration.
Daran ist nichts Geheimnisvolles. Ich spreche darüber bereits seit einiger
Zeit, es ist im Gang, es läßt nicht nach. Was als Aktienwerte und Marktwerte
auf den Finanzmärkten international geführt wird, ist Quatsch! Das sind rein
fiktive Vorstellungen. Dahinter steht keinerlei Wahrheit; die Gaunerei ist
enorm. Ein ist ausgeschlossen, daß das jetzige Finanzsystem nicht kollabiert.
Es ist am Ende – jetzt!
Das jetzige Finanzsystem läßt sich unter keinen Umständen
aufrechterhalten, unter keiner Präsidentschaft, unter keiner nationalen
Führung. Nur eine grundlegende und plötzliche Veränderung im
Weltwährungs- und -finanzsystem könnte eine allgemeine, sofortige
Kettenreaktion in den Kollaps verhindern. Wie schnell das geht, wissen wir
nicht, aber er wird weitergehen und unaufhaltsam sein. Und je länger er
andauert, bevor es endet, um so schlimmer wird es.“
Wie aus dieser Vorhersage deutlich wird, die LaRouche im Alter von 84
Jahren erstellte, war er weiterhin sehr produktiv, und mehr noch. Um die
Jahrhundertwende leitete LaRouche Schritte zur Rekrutierung junger Menschen
ein, und diese Jugendbewegung war so erfolgreich, daß die Demokratische Partei
in verschiedenen Teilen der USA versuchte, sie zu vereinnahmen. Tausende junge
Leute durchliefen diesen Erziehungsprozeß. Die LaRouche-Jugendbewegung
produzierte in Videoformat bahnbrechende Beiträge zur Darstellung von Johannes
Keplers Werk, zum klassischen Belcantogesang für die höhere Schulbildung wie
auch als Gegenmittel gegen die kulturelle Selbsterniedrigung sowie die
Darstellung der amerikanischen Geschichte und auch der aktuellen Geschichte
(nicht als „Zeitgeschehen“ oder bloße „News“), wie den Film 1932.
Seit seines Hervortretens als öffentliche Person vor über 50 Jahren bestand
die einzige Tragödie in Lyndon LaRouches Leben darin, daß nicht zugelassen
wurde, daß er als US-Präsident oder als Berater eines Präsidenten die
Wirtschaftsreformen durchzusetzen konnte, die das Leben von Millionen
Amerikanern und vielen hundert Millionen Menschen auf der ganzen Welt
verbessert hätten.
Auch wenn Lyndon LaRouche viele Freunde auf der Welt hatte und hat,
führende Köpfe in Wissenschaft, Musik, Wirtschaft und Politik, waren seine
besten Freunde – abgesehen von seiner Ehefrau Helga – die vielen vergessenen
Männer und Frauen in Amerika und anderen Ländern.
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