Die Integrationsoptionen der Eurasischen Zoll- und Wirtschaftsunion
und der OBOR-Initiative Chinas
Von Folker Hellmeyer
Der bekannte deutsche Ökonom Folker Hellmeyer hielt am 1. Juli
bei der Bad Sodener Konferenz des Schiller-Instituts den folgenden
Vortrag.
Sehr geehrte Frau Zepp-LaRouche, es ist mir eine Ehre, es ist mir eine
Freude, hier heute vortragen zu dürfen, und bevor ich jetzt in den nächsten
zwei Stunden das eine oder andere erzählen werde, möchte ich mich für das
Engagement von Herrn LaRouche und Frau Zepp-LaRouche für dieses Projekt, das
Sie wesentlich auch inhaltlich mitbestimmt haben – über Jahrzehnte –,
bedanken. Und ich möchte Ihnen eines sagen: Es ist das größte
Wirtschaftsprojekt in der Geschichte der Menschheit, seitdem es Schriftzeichen
gibt, seit den Sumerern!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, und das ist mir genauso wichtig, und
das setzt dann auch an dem Vortrag an, den wir eben gehört haben: Es ist ein
Friedensprojekt. Es ist der Aufbau von Infrastruktur. Es ist doch nicht nur
die Wachstumsdividende aus dem Aufbau der Infrastruktur, sondern wir müssen
hier reden über die Zweit- und Drittrundeneffekte durch Erschließung des
Humankapitals. Das ist eine nachhaltige, die Weltwirtschaft bedeutend
verändernde Initiative, der ich übrigens seit fünf Jahren, und so lange kennen
wir uns auch, glaube ich, mich angeschlossen habe und dafür kämpfe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte eines deutlich sagen:
Aristoteles war ein guter Grieche, und Aristoteles hat vor 2350 Jahren gesagt:
Wer Strukturen verändert, verändert nachhaltig die Konjunkturverläufe und
ultimativ die Haushaltslagen. Und diese These von Aristoteles bildet das
Rückgrat meiner gesamten Analysen, seitdem ich diesen Job 1997 mal begonnen
habe, und diese Thesen werden latent bestätigt. Und das ist jetzt auch etwas
für Sie, Herr Zanni, Deutschland hat reformiert – Agenda 2010. Wir haben
Europa schmerzhaft strukturell reformiert – und das bestätigt alles
Aristoteles –, und wir haben heute die strukturellen Haushaltsdefizite
bereinigt, die Nord-Süd-Divergenz bereinigt. Europa wächst – und jetzt hören
Sie bitte genau hin – maßgeblich auf wiederkehrenden Einkommen, das ist die
beste Qualität die es gibt, auch hier wird Aristoteles bestätigt.
Und das Projekt One Belt One Road, Seidenstraße, ist Struktur. Das ist
Aristoteles in Reinkultur, das ist Zukunftsfähigkeit.
Ich soll und werde heute über die Eurasische Zoll- und Wirtschaftsunion
reden, aber ich bin immer noch nicht durch. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle
etwas sagen, denn die Aktualität brennt: Wir haben heute eine Anfechtung genau
dieser Initiativen, One Belt, One Road, weil sie ja länderübergreifend sind,
durch die Vereinigten Staaten. Und das sollten wir nicht klein schreiben. Ich
hatte das Vergnügen, vor zwei Wochen hier in Frankfurt mit einem der vier
Generaldirektoren der Welthandelsorganisation WTO zusammen zu sein, und der
Angriff, der seitens der USA gegen die WTO gefahren wird, ist absolut ernst zu
nehmen. Das Gerüst, das die arbeitsteilige Weltwirtschaft zusammen hält, ist
das Grundgerüst der Welthandelsorganisation. Wenn wir diese
Welthandelsorganisation in ihrer Funktionalität untergraben, dann werden wir
hier einen Sturm ernten, der massiv ist. Denn es gibt heute keine autarken
Wirtschaftsnationen mehr. Wir sind von dieser arbeitsteiligen Konstellation
absolut abhängig. Deswegen gilt es im Moment sehr aufmerksam zu sein, denn für
mich ist der Angriff auf die WTO, auf die Welthandelsorganisation, eben auch
ein Angriff auf das Projekt One Belt One Road und Seidenstraße.
Aber ich möchte Sie gleichzeitig beruhigen. Denn die USA haben heute nur
noch 15% Anteil an der Weltwirtschaft, der Rest der Welt sind 85%. Und wenn
diese 85% zusammenstehen, meine Damen und Herren, dann wird dieses Konstrukt,
das hier im Moment aufgebaut wird – maßgeblich durch China, aber auch durch
viele Institutionen – Bestand haben.
Das möchte ich einfach vorneweg als Einführung zu diesem Thema bringen, und
jetzt lassen Sie uns gehen zur Eurasischen Zoll- und Wirtschaftsunion. Wir
haben eben über den Balkan gehört, jetzt schauen wir also im Grunde genommen
in Richtung Kasachstan: die Nordroute.
Der immense Aufstieg asiatischer Nationen, den wir seit Jahrzehnten
erleben, sucht in der Wirtschaftsgeschichte seinesgleichen. Dabei geht es
nicht nur um China oder Indien, meine Damen und Herren, der ganze Kontinent
akzeptiert die Vorherrschaft der alten Industrienationen nicht mehr. Während
unsere westliche Welt mit Überalterung, Politikmüdigkeit und Verschuldung
kämpft, zeichnen sich die meisten Länder Asiens durch Wachstum sowie eine
junge, lernfähige, leidensfähige und leistungsfähige Bevölkerung aus.
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen das deutlich machen. Ich hatte das
Vergnügen, vor einigen Jahren hier in Frankfurt mit einem Vorstandsmitglied
der chinesischen Zentralbank dinieren zu dürfen, und er sagte mir: „Herr
Hellmeyer, wir finden Europa phantastisch, das ist der widerstandsfähigste und
größte Absatzmarkt für uns – die Europäische Union mit 500 Millionen Menschen
-, wichtiger als die USA, wir kaufen Ihre Industrie, wo wir es nur können,
aber“ – meine Damen und Herren, und jetzt, Herr Zanni, hören Sie hin – „Sie
finden außenpolitisch doch gar nicht statt.“ – Ich betone das nochmal: Sie
finden außenpolitisch nicht statt! – „Mit wem sollen wir denn seitens Chinas
reden? Mit Brüssel? London? Lissabon? Helsinki? Berlin? Paris? Mit wem sollen
wir reden? Sie sind ein außenpolitischer Eunuch.“
Und jetzt denken Sie genau darüber nach, denn wir brauchen auch für die
Seidenstraße ein starkes Europa, ein Europa, das außenpolitisch, Herr Zanni,
mit einer Stimme spricht. Das brauchen wir, das ist zwingend erforderlich.
Wir haben den besten und stärksten Kapitalstock der Welt. Was ist
Kapitalstock? Das sind Unternehmen, meine Damen und Herren. Kapitalstock, das
nennt sich „hidden champion“, Ein hidden champion ist die Nr. 1
in seiner Branche in seinem eigenen Land und unter den Top Drei der ganzen
Welt. Davon gibt es 2700. Und die Eurozone hat mit 4,6% der Weltbevölkerung
60% dieses innovativen Kapitalstocks. Wir sind das Powerhouse der Welt,
außerhalb von Hardware, Software und Biotechnologie, und dieses
Powerhouse der Welt, dieser Kapitalstock, hat keine sinnstiftende
außenpolitische Vertretung. Und Herr Zanni, wenn wir in Europa nicht anfangen,
unsere Hausaufgaben zu machen, in einer Welt, die in Blöcke zerfällt, dann
werden wir diesen Kapitalstock in 25 Jahren in der Form, wie wir ihn haben,
nicht haben. Und den brauchen wir doch gerade für die Seidenstraße und das
Projekt. Sehen Sie, Rußland hat die Rohstoffe, wir haben die hidden
champions. Und Asien hat die nicht erschlossene Bevölkerung und die
Bevölkerungswachstumspotentiale. Lassen Sie das zusammenwachsen, und dann sind
Sie bei einem Modell von Prosperität und Frieden. Und übrigens: Frieden ist
immer die Grundlage für Prosperität, das sehen wir gerade bei den
Regimechange-Ländern, da klappt das nicht so mit der Prosperität, und
deswegen gibt es übrigens auch Flüchtlingsströme, und deswegen diskutieren wir
auch bei den Flüchtlingsströmen die vollkommen falschen Ursachen. Die
Regimechange-Politik der letzten 15, 17 Jahre ist die Grundlage für die
Flüchtlingsströme. – In welcher Talkshow haben Sie das gesehen? Sagen Sie es
bitte – keiner. Danke!
Meine Damen und Herren, ich will weitermachen, denn es geht ja um die
Eurasische Zoll- und Wirtschaftsunion.
Emanzipation der aufstrebenden Länder, die sich eben ergeben hat – denn in
den westlichen Institutionen, ob das der IMF ist oder die Weltbank oder auch
UNO, da hatten wir heute morgen ja auch schon drüber gehört, werden die
Interessen dieser aufstrebenden Länder nicht gespiegelt, und diese Länder
emanzipieren sich, mit der Asia Infrastructure Investment Bank, mit der New
Development Bank, mit CIPS als Alternative zu SWIFT. Und das Projekt One Belt
One Road ist dann doch nur die Krönung des ganzen, indem man sagt: Wir
emanzipieren uns – wow!
Und jetzt habe ich eine Frage an Sie: Wieviel Prozent der Weltwirtschaft
stellten die Entwicklungsländer und aufstrebenden Länder im Jahr 1990, als der
Kommunismus fiel und die Globalisierungspolitik begann? Ich gebe Ihnen drei
Möglichkeiten: 60%, 40% oder 20% der Weltwirtschaft? Und Sie wollen sagen:
20%? Vollkommen richtig, Sie sind im Spiel!
Wieviel Prozent haben die aufstrebenden Länder heute? Ich gebe Ihnen drei
Möglichkeiten: 20%, 30% oder 66,798%?
Anders ausgedrückt: Wir haben ein Organigramm mit IMF, Vereinten Nationen,
das spiegelt das Bild von 1990 ab, als der Westen 80% Anteil an der
Weltwirtschaft hatte. Jetzt haben wir noch weniger als 34%, aber die
Strukturen sehen immer noch so aus, als hätten wir 80%. Das funktioniert
nicht! Wenn finanzökonomische Machtachsen sich verändern, muß sich auch was
verändern? Die politische Machtachse! Und wenn das in der Vergangenheit nicht
passierte, meine Damen und Herren, dann gab es Krieg. Und was wir heute
erleben, sind – über Regimechange, Wirtschaftssanktionen,
Finanzsanktionen – hybride Kriege. Es geht nur um das Thema Macht, aber es
geht für Europa auch um das Thema Frieden, es geht für die Welt um das Thema
Frieden. Wie bekommen wir das hin?
Die Eurasische Zoll- und Wirtschaftsunion
Und da sind wir wieder zurück bei der Wirtschafts- und Zollunion Eurasiens.
Wir wissen, daß Herr Putin Deutschland phantastisch findet, und in der
Eurasischen Zoll- und Wirtschaftsunion wird im Grunde genommen adaptiert, was
wir in der Europäischen Union gemacht haben. Sie wurde gegründet am 1. Januar
2015 und ging aus der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft hervor. Das
Gründungsabkommen wurde am 29. Mai 2014 unterschrieben von Kasachstan, Rußland
und Weißrußland, dann kam Armenien dazu, 2014 im Oktober, und schließlich
Kirgisistan 2015. Das ist eine überschaubare Größe an Ländern, und auch wenn
wir uns dann mal die Anteile anschauen (Tabelle 1), dann hat Rußland
bei Bevölkerung und Fläche über 80%, dann ist das schon sehr stark dominiert
von Rußland.
Tab. 1: Mitgliedstaaten der Eurasischen Wirtschaftsunion
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Land
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Unterzeichnungsdatum
|
Einwohner in Mio.
|
Einwohner in %
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Fläche in km²
|
Fläche in %
|
Kasachstan
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29. 5. 2014
|
18,0 (2017)
|
9,9 %
|
2.724.900
|
13,45 %
|
Rußland
|
29. 5. 2014
|
146,5 (Schätzung 2015, mit Krim)
|
80,2 %
|
17.102.344 (mit Krim)
|
84,40 %
|
Weißrußland
|
29. 5. 2014
|
9,5 (2016)
|
5,2 %
|
207.595
|
1,02 %
|
Armenien
|
10. 10. 2014
|
3,0 (2018)
|
1,6 %
|
29.800
|
0,15 %
|
Kirgisistan
|
23. 12. 2014
|
5,6 (Schätzung 2012)
|
3,0 %
|
199.900
|
0,99 %
|
Summe
|
|
182,6
|
100 %
|
20.264.539
|
100 %
|
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Eurasische_Wirtschaftsunion
|
Aber es gibt weitere Beitrittskandidaten: Tadschikistan, Usbekistan,
Mongolei, Aserbaidschan, Syrien; und wie gesagt, Ziel ist es, am Ende so etwas
darzustellen wie die Europäische Union.
Was wurde dort gemacht?
- Abschaffung von Zollgebühren und Zollkontrollen (Zollunion),
- 2007 einheitlicher Wirtschaftsraum
- 1. Januar 2015: freier Personen- und Waren- und Dienstleistungsverkehr
und Kapitalfluß,
- 1. Januar 2016: Gemeinsamer Markt für pharmazeutische Mittel und
medizinische Geräte,
- 2019: Beginn gemeinsamer Energiemarkt,
- 2019: Gemeinsamer Strommarkt,
- 2024: Gemeinsamer Erdölmarkt,
- 2025: Gemeinsamer Gasmarkt,
- bis 2025: Schaffung der Bedingungen für einheitlichen Finanzmarkt,
gemeinsame Währung.
Sehen Sie? Da versucht man doch tatsächlich, das Modell der Eurozone
nachzubauen – übrigens gar nicht so schlecht.
Ein Exkurs: Ist Ihnen eigentlich bewußt, daß die Eurozone einen
Goldstandard hat? Herr Zanni, genau hinhören: einen Goldstandard! Was war der
Goldstandard früher? Große Stabilität. Viele finden ihn ganz toll. Der
Goldstandard war: Ein Land benimmt sich nicht, muß für die Importe die
Goldreserven hergeben, irgendwann sind sie alle. Und was muß es dann machen?
Es muß sich restrukturieren und die Fehler, die selbst gemacht worden sind,
dann auch wieder korrigieren. There is no easy way out, as the British
would say, with a stiff upper lip, ladies and gentlemen.
Und was hat die Eurozone? Ein Land benimmt sich daneben, reißt die
Defizitgrenzen, dann wird es ermahnt, Strukturreformen zu machen; wenn es die
nicht macht, wird der Druck erhöht, weil auch die Märkte den Druck erhöhen;
und wenn es dann knallt, wie Italien 2012, als man 7% für zehnjährige
Staatsanleihen zahlen mußte, wäre ohne die Hilfe der EZB und der
Solidargemeinschaft Europas Italien pleite gewesen. Was machen wir? Wir stehen
zur Seite, es werden Strukturreformen umgesetzt, meine Damen und Herren, und
die Erfolge sind sensationell! Die Eurozone hat, anders als die USA und UK
einen Goldstandard light, mit einer sozialen Komponente über die Solidarität
des Systems. Und ich bin empört, und das sage ich auch an die Adressen im
Europäischen Parlament, ich bin empört, daß wir diese faktische Lage nicht
richtig darstellen.
Die Lage in den Mitgliedstaaten der EAWU
Was wir jetzt in der Eurasischen Zoll- und Wirtschaftsunion sehen, ist
eigentlich die Adaption unseres Modells. Und ich darf Ihnen eines sagen: Das
ist auch nicht schlecht.
Tabelle 2: Rußland – Konjunktur- und Strukturdaten
|
BIP-Wachstum 2018 | Circa 2%
|
Verbraucherpreise aktuell | 2,4% im Jahresvergleich
|
Außenhandel | Überschüsse in Höhe von circa 10 Mrd. $ pro Monat
|
Realer Lohnanstieg | Aktuell circa 7% im Jahresvergleich
|
Öffentlicher Haushalt | Defizit bei 0% des BIP per 2018 gemäß
IWF-Prognose
|
Staatsschulden | 18,7% des BIP gemäß Prognose des IWF
|
Lassen Sie uns auf die einzelnen Länder eingehen.
Rußland ist wichtig in diesem Zusammenhang, und dann gucken wir mal auf
Wirtschaftsdaten aus Rußland (Tabelle 2):
Da haben wir ein Wachstum in diesem Jahr wahrscheinlich von 2% in etwa;
Inflation auf dem niedrigsten Niveau seit Gründung Rußlands, bei 2,4%; im
Außenhandel Überschüsse – 10 Mrd. $ pro Monat, also ganz anders als die USA;
realer Lohnanstieg inflationsbereinigt 7%, also Wohlstandsgewinne;
öffentlicher Haushalt: 0% der Wirtschaftsleistung. Something Italy has to
go for, really. 0%.
Und wie hoch ist eigentlich die Staatsverschuldung Rußlands? Ich gebe Ihnen
drei Möglichkeiten: so hoch wie in Japan, 240%, so hoch wie in den USA, ca.
108-110%, oder 18,4% der Wirtschaftsleistung? 18,4%! Und wissen Sie, was
unsere Ratingagenturen dazu sagen im Westen? Müll, junk. Sie sehen,
deswegen wollen diese Länder sich von uns emanzipieren, weil wir das mit der
Wahrheitsfindung nicht so ernst nehmen.
Weißrußland
|
Wirtschaftsentwicklung | Trendwende geschafft
|
Investitionen | Moderater Anstieg erwartet
|
Konsum | Verbrauch könnte 2018 um 3% steigen
|
Außenhandel | Deutsche Exporte 2017 mit hohem Zuwachs
|
Meine Damen und Herren, Rußland ist damit ein Kernstück des ganzen.
Dann haben wir Weißrußland, Belarus: Auch da läuft die
Wirtschaftsentwicklung wieder besser, auch die Beilegung des Zwists mit
Rußland hilft dabei, die Rohstoffpreise helfen dabei. Bei den Investitionen
wird ein moderater Anstieg erwartet, der Konsum, der private Verbrauch, könnte
im Jahr 2018 um 3% steigen, auch der Außenhandel fängt an, wieder zu
wachsen.
Kasachstan ist im Grunde am stärksten begünstigt durch dieses Projekt
Seidenstraße. Wir haben hohe Investitionen. Wenn Sie mal in Astana sind, ich
glaube, Hans [von Helldorff], wir hatten dort diese Bilder vom Bahnhof:
vollkommen überdimensioniert, das erinnert so ein bißchen an Napoleon. Alles,
was Napoleon gebaut hat, ich komme aus Hamburg, und die Palmaille dort hält
noch heutigen Anforderungen stand. Und so ähnlich ist das auch in Astana, in
Kasachstan, man baut im Großen, weil man sagt: Da kommt etwas auf uns zu, über
die Seidenstraße, über die Verbindung mit China, über Investitionen, die von
China laufen. Kasachstan gehört sicherlich zu den Ländern, wenn wir über die
Eurasische Wirtschaftsunion sprechen, die am stärksten profitieren.
Armenien
|
Wirtschaftsentwicklung | Gute Chancen für kräftiges Wachstum
|
Investitionen | Lang erwartete Trendwende in Sicht
|
Konsum | Verbraucher geben wieder mehr aus
|
Außenhandel | Gute Aussichten auf weiteren signifikanten Zuwachs
|
Kirgisistan
|
Wirtschaftsentwicklung | Nachlassendes Tempo wegen Rückgang der
Goldförderung
|
Investitionen | Internationale Geber und chinesische Investoren sind
bestimmend
|
Konsum | Einkommensentwicklung stimmt positiv
|
Außenhandel | Einfuhren wachsen stark
|
Dann haben wir noch Armenien: leider geschlossene Grenzen zur Türkei und
auch nach Aserbaidschan, und damit so etwas eine Insellösung. Die profitieren
am wenigsten davon, aber lange Rede kurzer Sinn: auch das sieht alles nicht
schlecht aus.
Kirgisistan kommt dieses Jahr auch wieder, wenn wir die IWF-Prognosen
sehen, über 4%, und was wir feststellen bei allen diesen Ländern, ist, daß die
Staatsverschuldung relativ gering ist. Also die Strukturdaten: Aristoteles!
Struktur ist das entscheidende, die Struktur bestimmt die Konjunktur! Das ist
das A und O. Mit Finanzkosmetik und Interventionen und nivellierenden
Standards gewinnen Sie nicht die Zukunft, damit verspielen Sie die Zukunft
Ihrer Kinder. Die Strukturdaten in diesen Ländern sehen grundsätzlich, auch
gerade im Vergleich zum Westen, gut aus.
Und dann kommt dieses zusätzliche Projekt – One Belt, One Road,
Seidenstraße – als ein potentieller Wachstumstreiber hinzu: Erschließung von
Humankapital durch Infrastrukturmaßnahmen, das ist der Schlüssel zum
Erfolg.
Integrationsoptionen: „Business of sale demands politics of
scale“
- Optimierende Verkehrsanbindung für Kirgisistan, Kasachstan, Rußland und
Weißrußland
- Höhere Verkehrsdichte mit Wachstumsimplikation (Dienstleistung)
- Anbindung eigener Produktionszweige an den Weltmarkt über neue
Verkehrswege
- Chance verstärkter Wirtschaftsclusterbildung im Rahmen eigener
Stärken
- Chance auf verbesserten kulturellen Austausch
- Chance auf mehr Tourismus (Dienstleistung)
- Stärker im Fokus der Weltwirtschaft => Mehr Chancen auf internationale
Förderung
Schlußbemerkung
Meine Damen und Herren, ich möchte schließen.
Integrationsoptionen: „Business of sale demands politics of
scale.”
Was will ich damit sagen? Es gibt einige Politiker bei uns in Europa, die
glauben, daß man mit den Rezepten der Vergangenheit die Probleme der Zukunft
lösen kann. Und nichts ist weiter von der Realität entfernt. Der Weg zurück
zur Nationalstaatlichkeit – siehe Brexit – ist extrem teuer. sofern der Brexit
stattfindet, gnade Großbritannien Gott, die schießen sich dahin, wo sie 1965
waren! In welcher wirtschaftlichen Situation befand sich Großbritannien 1965?
Ich gebe Ihnen drei Möglichkeiten: prekär, sehr prekär oder äußerst prekär?
Sie wollen sagen, äußerst prekär, und Sie haben recht.
Also meine Damen und Herren, ich will Ihnen das an einem Beispiel deutlich
machen. Als 1990 die Globalisierung sportlich begann, war BASF ein deutsches
Unternehmen. Die maßgeblichen Produktionsanlagen waren in Deutschland, aus
Deutschland wurde exportiert. BASF 2018 ist immer noch ein deutsches
Unternehmen, weil es sein Headoffice hier bei uns hat. Aber heute sind die
geringsten Produktionsanlagen in Deutschland, und es ist ein „Global Player“.
Und wenn Sie glauben, mit einer Währung eines kleinen Landes – Deutschland mit
81 Millionen Menschen von 7,5 Milliarden auf der Welt –, daß wir mit 81
Millionen Menschen die Interessen dieser Institution schützen können; wer das
glaubt, der glaubt damit, diese Unternehmen mit ihren Produktionsstandorten an
uns zu binden, der macht seine Hose mit einer Kneifzange zu, meine Damen und
Herren!
Und das funktioniert nicht. Wenn wir business of scale haben, so wie
wir die arbeitsteilige Welt aufgebaut haben, dann brauchen wir am Ende auch
politics of scale, um diesen Kapitalstock außenpolitisch vertreten zu
können.
Und Sie sehen das im Moment genau in der Auseinandersetzung mit den USA. Da
haben wir in Europa ein Problem: Wir sprechen nicht mit einer Zunge, oder? Und
damit spielen wir mit diesem Kapitalstock, der die Grundlage ist für die
kommenden Generationen, um Sicherheit, um wirtschaftlichen Erfolg zu
haben.
Meine Damen und Herren, deswegen: business of scale demands politics of
scale. Und wer glaubt, mit der Nationalstaatlichkeit hier auch nur eine
Lösung anzubieten, der verkauft die kommende Generation.
Meine Damen und Herren, machen wir weiter. Was haben wir mit dieser
Eurasischen Wirtschafts- und Zollunion? – Das war eigentlich mein Thema, aber
ich mußte den Rest bringen, ganz im Ernst, ich fühlte mich dazu verpflichtet.
- Wir haben optimierende Verkehrsanbindung für Kirgisistan, Kasachstan,
Rußland und Weißrußland. Und jeder, der sich damit auskennt, weiß:
Infrastruktur ist dann immer die Grundlage für Ansiedelung von
Unternehmen.
Wir haben eine höhere Verkehrsdichte mit Wachstumsimplikation im
Dienstleistungssektor. Wir haben eine Anbindung eigener Produktionszweige an
den Weltmarkt aus diesen nationalen Ökonomien über diese neuen Verkehrswege.
Wir haben Chancen verstärkter Wirtschaftsclusterbildung. Das ist jetzt im
Grunde genommen der entscheidende Punkt, da hat Herr Krugman als
Nobelpreisträger ja auch viel für China damals gemacht: Clusterbildung. Was
jetzt passieren muß in diesen Ländern, ist, daß man sagt: Wo sind unsere
Stärken? Und dann werden wir Cluster um diese Verkehrswege herum anbinden, um
unsere Wirtschaft zu optimieren.
Die Chance auf verbesserten kulturellen Austausch – das ist mir wichtig,
meine Damen und Herren! Weil der kulturelle Austausch immer die Grundlage für
die Friedensdividende ist, und alles basiert auf Frieden.
Die Chance auf mehr Tourismus, auch das. Ich habe jetzt mit Frau Welteke
gesprochen, der Ehefrau unseres Ex-Bundesbankpräsidenten, die kommt aus
Aserbaidschan, sie waren gerade in Baku. Das muß irre sein, ich fahre
demnächst auch hin! Sie sehen, es klappt.
Meine Damen und Herren: Stärker im Fokus der Weltwirtschaft ist gleich mehr
Chancen auf internationale Förderung. Auch das spielt dann eine Rolle.
Lassen Sie mich hier schließen. Die Eurasische Zollunion und
Wirtschaftsunion ist im Grunde genommen ein Baby der Europäischen Union, von
der Grundstruktur her. Es nimmt den Gedanken „business of scale, politics
of scale“ auf, um eben auch diese Region sinnvoll vertreten zu können, um
nicht in der Kleinteiligkeit von den Rädern der Zeitgeschichte zermalmt zu
werden, meine Damen und Herren.
Und ich möchte schließen mit dem Satz: Im Osten liegt die Zukunft.
Und jetzt ein Wort an Berlin: Wir sind in Deutschland ein sehr
exportstarkes Land, habe ich gelesen. Und ich habe auch überhaupt nichts
dagegen und ich bin überhaupt nicht bei Ihnen, Herr Zanni, daß Sie sagen, das
müssen wir ändern, wir müssen mehr konsumieren. Mehr Konsum habe ich nichts
dagegen, wenn es nicht unbedingt kreditfinanziert ist. Aber wir haben eben die
hidden champions, und da wollen wir ja nicht schlanker werden, da
wollen wir eher größer werden! Das sollte unser Streben sein.
Aber zurück zu dem Thema: Mit welchen Ländern machen wir eigentlich
Freihandelsabkommen? Und Sie wollen sagen: Kanada, Japan, wir bemühen uns
gerade um die USA. Meine Damen und Herren, das ist der Blick in den
Rückspiegel, und wir sollten durch die Frontscheibe schauen! Denn die
aufstrebenden Länder haben 66% Anteil an der Weltwirtschaft, sie wachsen
doppelt so schnell wie die westlichen Wirtschaftsnationen, sie haben also
demnächst 70 und über 70% Anteil an der Weltwirtschaft, sie stellen 88% der
Weltbevölkerung. Sie kontrollieren 70% der Weltdevisenreserven. Dort spielt
die Musik! Und Sie sehen an der Form, wie wir die Freihandelsabkommen machen:
Wir gucken in den Rückspiegel. Das ist die Negation des Begriffs Verantwortung
in Wirtschafts- und Außenhandelspolitik! Und meine Damen und Herren, ich freue
mich, daß Sie hier heute da sind, um das zu ändern.
Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
eir
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