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Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
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US-Kriegspartei poltert gegen Rußland und China

Von Harley Schlanger

Während US-Präsident Trump bessere Beziehungen mit China und Rußland anstrebt, ergehen sich seine Geheimdienstchefs erneut in feindseliger Rhetorik.

Mitte Februar betrieb US-Präsident Donald Trump Diplomatie der Art, wie er sie seinen Wählern im Wahlkampf versprochen hatte – nämlich Bemühungen um freundschaftliche, kooperative und für beide Seiten vorteilhafte Beziehungen zu Rußland und China, im Gegensatz zu der gefährlichen Feindseligkeit, die sein Vorgänger Barack Obama mit seinen Provokationen gegen beide Großmächte heraufbeschworen hatte. Am 10. Februar empfing Trump Chinas ranghöchsten Diplomaten, Staatsrat Yang Jiechi, in Washington, und sie sprachen über eine Vertiefung der diplomatischen und wirtschaftlichen Vereinbarungen, die die Präsidenten Trump und Xi Jinping im vergangenen November getroffen hatten. Trump bat Yang, Xi seine herzlichsten Grüße zu übermitteln, zu dem er, wie er oft gesagt hat, ein „großartiges“ persönliches Verhältnis entwickelt hat. Washington sei bereit, die Zusammenarbeit mit China zu intensivieren und für mehr positive Fortschritte in den bilateralen Beziehungen zu arbeiten. Yang sprach während seines Aufenthalts in Washington auch mit Trumps Sicherheitsberater McMaster und mit Außenminister Tillerson.

Zwei Tage später führte Trump ein Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, in dem er als erstes sein Beileid für die Opfer des Flugzeugabsturzes bei Moskau vom Vortag ausdrückte, wie in einer anschließend vom Kreml veröffentlichten Erklärung besonders vermeldet wird. Außerdem sprachen die beiden Staatschefs über die Zusammenarbeit für einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten, gemeinsame Bemühungen zur Entschärfung der Nordkoreakrise und andere Fragen von „gemeinsamem Interesse“.

Zehn Tage zuvor waren die Chefs der drei großen russischen Geheimdienste in Washington gewesen, um mit ihren „Kollegen“ in den amerikanischen Geheimdiensten zu sprechen. Verschiedenen Berichten zufolge behandelten sie ein breites Themenfeld, darunter die Kooperation im Krieg gegen den Terror und die Bekämpfung des Drogenhandels, und tauschten ihre Ansichten über Bereiche potentieller Konflikte aus. Der US-Botschafter in Moskau, John Huntsman, bezeichnete diese Kontakte in einem Interview mit der Moskauer Radiostation Echo Moskwy als „die wahrscheinlich wichtigsten Konferenzen über Terrorismusbekämpfung, die wir seit sehr, sehr langer Zeit auf hoher Ebene hatten“.

Unipolare Geopolitiker zielen auf Rußland und China

All das entspricht dem, was man von Regierungen der maßgeblichen Nationen der Welt erwarten sollte – Bemühungen um Zusammenarbeit, um Krisen, die neue gefährliche Kriege auslösen könnten, zu entschärfen und zu überwinden. Eine völlig andere Dynamik kommt jedoch von den Kreisen, die Trumps Versuchen, aus der alten Geopolitik auszubrechen, entgegenwirken. Das zeigten die Anhörungen vor dem Geheimdienstausschuß des US-Senats am 13. Februar, wo die „Einschätzung der US-Geheimdienste über die weltweiten Bedrohungen“ vorgestellt wurde.

Ganz im Gegensatz zu den diplomatischen Bemühungen des Präsidenten erinnerte die Sprache seiner Geheimdienstchefs – sogar derjenigen, die sich soeben mit ihren russischen Amtskollegen getroffen hatten – bei der Charakterisierung des Verhältnisses zu Rußland und China an die finstersten Zeiten des Kalten Krieges. Der Direktor der Nationalen Geheimdienste, Dan Coats, eröffnete seinen Vortrag mit der Behauptung: „Offen gesagt, die Vereinigten Staaten werden angegriffen.“ Er und andere Sprecher bei der Anhörung, darunter CIA-Direktor Mike Pompeo, FBI-Direktor Christopher Wray und NSA-Direktor Admiral Mike Rogers, stellten sich erneut hinter die Erklärung von Präsident Obamas Geheimdienstchefs vom 7. Januar 2017, Rußland habe den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 manipuliert.

Diese Sichtweise spiegelt sich auch in den Formulierungen der „Bedrohungs-Einschätzung“ wider. Darin heißt es: „Wir kommen zu der Einschätzung, daß die russischen Geheimdienste auch weiterhin versuchen werden, über die vom russischen Staat kontrollierten Medien und verdeckte Online-Personas falsche Informationen über die Aktivitäten der Vereinigten Staaten zu verbreiten, um Amerika-feindliche politische Ansichten zu fördern. Moskau ist bemüht, Spaltungen zu schaffen, die das Vertrauen in demokratische Prozesse verringern, Demokratisierungsbestrebungen herabzuwürdigen, die Partnerschaft der USA mit ihren europäischen Verbündeten zu schwächen, die westlichen Sanktionen zu untergraben, Amerika-feindliche politische Ansichten zu fördern und Versuche zu vereiteln, die Ukraine und andere frühere sowjetische Staaten in die europäischen Institutionen zu holen.“

Coats behauptete in seiner Aussage sogar, nachdem Rußland überzeugt sei, daß seine Aktivitäten zur „Störung“ der Wahlen 2016 in den USA erfolgreich waren, werde es dies auch bei den Kongreßwahlen 2018 versuchen. Die USA müßten dem „Paroli bieten und sagen, wir werden nicht zulassen, daß Rußland uns vorschreibt, wie wir wählen sollen, wie wir unser Land regieren sollen“. Folgt man dieser und ähnlichen Aussagen, dann haben sogar einige der von Trump eingesetzten Spitzenbeamte die Linie der Putschisten und Trump-Hasser geschluckt, er habe seinen Sieg über Hillary Clinton nur einer von Präsident Putin angeordneten russischen Einmischung in den Wahlkampf zu verdanken.

Keiner der an der Anhörung beteiligten Senatoren – nicht einmal von den Trump-Unterstützern bei den Republikanern – war so ehrlich und mutig, Coats und Kollegen zu fragen, ob sie auch die andere Hälfte des „Russiagate“-Märchens glauben, nämlich daß all das mit Trump abgesprochen gewesen und Trump eine Marionette des russischen Präsidenten sei.

Das Säbelrasseln richtete sich auch gegen China, Wortführer war hier der republikanische Senator Marco Rubio. Er ist einer der Vorsitzenden des CECC (Congressional Executive Committee on China), einer notorisch chinafeindlichen Gruppierung im Kongreß, die „Menschenrechtsverletzungen“ in China beobachtet. Rubio sagte, Rußland sei zwar noch eine Bedrohung, aber „das größte Thema unserer Zeit ist China“.

Das CECC hatte am 27. Dezember 2017 eine Konferenz veranstaltet, deren Titel lautete „Chinas langer Arm: Wie der Autoritarismus chinesischer Prägung exportiert wird“ – eine negative Anspielung auf den „Sozialismus chinesischer Prägung“, wie Präsident Xi Jinping seine erfolgreiche Wirtschaftspolitik nennt. Zu den Rednern der CECC-Konferenz gehörten auch Vertreter des National Endowment for Democracy (NED), das unter Bush und Obama als Koordinationszentrale für die Regimewechsel fungierte, und der neokonservativen Hoover Institution.

Rubio führt eine Kampagne an, in den USA die Konfuzius-Institute zu schließen, die mit staatlicher Förderung aus Beijing vor allem an Universitäten die chinesische Sprache und Kultur verbreiten. Er verleumdet die Konfuzius-Institute als Speerspitze einer „aggressiven Kampagne Chinas, amerikanische Hörsäle zu ,infiltrieren’, freie Forschung zu ersticken und Meinungsfreiheit im In- und Ausland zu unterminieren“.

FBI-Direktor Wray stimmte vor dem Geheimdienstausschuß in diesen Chor ein: Der Austausch mit China im akademischen Rahmen sei eine Bedrohung für die USA, „seien es Professoren, Wissenschaftler, Studenten – wir sehen das in fast jeder Außenstelle, die das FBI in diesem Land hat. Nicht nur in den großen Städten, sondern auch in den kleinen, es betrifft praktisch alle Disziplinen. Und ich denke, das Ausmaß der Naivität auf Seiten des akademischen Sektors hierüber schafft seine eigenen Probleme. Das Büro ermittelt aktiv gegen einige von der chinesischen Regierung unterstützte Gruppen, die den Dialog zwischen chinesischen und amerikanischen Akademikern fördern.“

Wray und Rubio verwendeten ein Schlagwort, das von der NED stammt: China setze seine „schlaue Macht“ (sharp power) ein, um die amerikanische Demokratie zu untergraben. Zu diesem Thema gab es in den letzten Monaten etliche Konferenzen neokonservativer Stiftungen, wie dem NED, der Heritage Foundation und dem Center for a New American Security – dessen neue Chefin die berüchtigte Victoria Nuland ist, die maßgeblich den blutigen Putsch in der Ukraine im Februar 2014 steuerte – sowie zahlreiche Traktate von Publikationen wie der Zeitschrift Foreign Affairs des Council on Foreign Relations. Für Rubio & Co. gehört es schon zu den „subversiven“ Tätigkeiten, die sie den Konfuzius-Instituten vorwerfen, daß amerikanische Schüler und Studenten dort Chinesisch lernen können!

Das neue Paradigma

Wie die Präsidentin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, in ihren wöchentlichen Internetsendungen betont, ist der wahre Grund für all diese Polemik gegen China und Rußland nicht etwa eine militärische Bedrohung der USA durch diese Staaten, und auch kein imperialer Plan, die USA zu verdrängen und „Demokratien“ durch „autokratische Regime“ zu ersetzen. Der Grund ist vielmehr die Angst der imperialen Kräfte hinter den politischen Neokonservativen und Wirtschafts-Neoliberalen, daß ihr bankrottes und diskreditiertes Paradigma von Freihandel, Austerität und ewigen Kriegen einem Neuen Paradigma weichen muß.

Dieses Neue Paradigma beruht auf der Idee einvernehmlicher wirtschaftlicher Entwicklung – das, was Xi „Win-Win-Politik“ nennt –, und im Mittelpunkt steht dabei die Anziehungskraft der Gürtel- und Straßen-Initiative (BRI) als weltweiter wirtschaftlicher Aufbauplan, um neue Infrastruktur-Plattformen zu schaffen und so den produktiven Wohlstand der beteiligten Länder zu steigern. Anders als Obamas Transpazifisches Freihandelsabkommen TPP, welches China bewußt ausschloß, steht die BRI – verbunden mit einer mehr oder weniger Hamiltonischen Kreditschöpfung – allen Ländern der Welt offen, auch den Vereinigten Staaten.

Der Grund für die Reaktion von Kleingeistern wie Rubio gegenüber China und Rußland ist, daß der Erfolg der BRI die Vormachtstellung und Privilegien globaler Kartelle in Bereichen wie Finanzen, Versicherungen, Pharmaindustrie, Energie und Rohstoffen ins Wanken bringt – die einzigen Nutznießer des kollabierenden spekulativen Finanzsystems, die wiederum die „Denkfabriken“ finanzieren, die Rubio und Konsorten die Argumente vorgeben. Rubio schrieb selbst in einem Gastkommentar für CNN am 13. Dezember 2017, die chinesische „Gefahr“ für das transatlantische System liege in der BRI. Er warf China vor, „seine konventionellen und unkonventionellen militärischen Kapazitäten zu erweitern und zu modernisieren“ und gleichzeitig „seine Wirtschaftsmacht einzusetzen, um den langen Arm seines geopolitischen Einflusses zu verlängern, vor allem durch seine ,Gürtel- und Straßen-Initiative’ – die aggressive Förderung von Infrastrukturprojekten in ganz Asien, Afrika, dem Nahen Osten und Europa.“ (Vielleicht sollte jemand Rubio einmal darüber aufklären, daß es nicht China ist, sondern die USA, die in mehr als 70 Ländern Truppen stationiert haben und deren Verteidigungshaushalt mit jetzt fast 700 Mrd. Dollar größer ist als von den nächstgrößten acht Ländern zusammen!)

Ähnlich argumentiert die deutsche Denkfabrik MERICS, der Vorreiter der Anti-China-Kampagne in Deutschland, in einem neuen Bericht gegen die BRI. In einem seltenen ehrlichen Augenblick geben die Autoren selbst die Antwort auf die Frage, warum China so „gefährlich“ ist: weil es „ein erfolgreiches sozio-ökonomisches Modell“ hat! Anstatt zu versuchen, aus Chinas gewaltigem Erfolg bei der Armutsbekämpfung – 800 Millionen Chinesen wurden aus der Armut befreit – Lehren zu ziehen, wollen die Anhänger des alten Paradigmas uns weismachen, daß China diese früher bitterarmen Menschen „unterdrückt“.

Es sind die gleichen Netzwerke, die auch hinter dem Angriff auf Präsident Trump mit dem Russiagate-Schwindel stehen. Wenn Trump die USA erfolgreich in das Neue Paradigma hineinbringt, verlieren die alten Eliten der Wall Street und ihre Verbündeten der Londoner City ihre privilegierte Stellung, die auf der Ausbeutung von 99% der Weltbevölkerung beruht, und sie müssen anfangen, für ihren Lebensunterhalt ehrlich zu arbeiten – falls sie nicht wegen ihrer betrügerischen Geschäfte im Gefängnis landen.

Die chinesische Staatsführung weist zwar die bösartigen Verleumdungen gefaßt zurück, sie handelt aber auf einer höheren Ebene, um andere als Vorbild zu inspirieren: Sie demonstriert, daß das Neue Paradigma auf Liebe beruht, statt auf Haß.

Chinas Botschafter in den Vereinigten Staaten, Cui Tiankai, griff dieses Thema bei einer Feier zum chinesischen Neujahrsfest in der Washingtoner Botschaft am 13. Februar auf seine Weise auf. Zu den amerikanisch-chinesischen Beziehungen sagte er: „Im letzten Jahr haben wir wichtigen Fortschritt in unserem Verhältnis gesehen.“ Es gebe weiterhin Meinungsverschiedenheiten, aber „die Übereinstimmungen sind wichtig, und der Dialog wird zu einer Lösung führen“.

Und er fuhr fort: „Alle Menschen möchten ein besseres Leben haben, und alle Völker streben danach. Manchmal werden die internationalen Beziehungen als Konkurrenzkampf um Macht aufgefaßt, aber das Streben nach Glückseligkeit ist allen Völkern gemeinsam. Und die Bedürfnisse unseres Volkes zu erfüllen, sollte unser höchstes Ziel sein.“