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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
Friedrich Schiller

 

Krafft Ehrickes Vision für die Zukunft der Menschheit

Von Rainer Apel

Rainer Apel berichtet von der Münchner Konferenz zum 100. Geburtstag des deutsch-amerikanischen Weltraumpioniers Krafft Ehricke.

130 Gäste versammelten sich am 25. März im Münchner Sheraton Arabellapark Hotel zu einer ganztägigen Konferenz des Fusions-Energie-Forums und des Schiller-Instituts aus Anlaß des 100. Geburtstages des deutsch-amerikanischen Weltraum-Pioniers Krafft Ehricke. Das Thema der Konferenz lautete „Krafft Ehrickes Vision für die Zukunft der Menschheit!“, und sie stellte seinen Einsatz für ein neues Paradigma in den Kontext der heutigen Bemühungen zum Aufbau der Neuen Seidenstraße.

Nach der Begrüßung der Teilnehmer und Gäste, unter denen sich auch der amerikanische Ökonom Lyndon LaRouche befand, durch Werner Zuse vom Vorstand des Fusions-Energie-Forums eröffneten drei Künstler – die Sopranistin Diana Milewa, der Bariton Roland Albrecht und die Pianistin Elena Arnovskaya – mit der Arie „Nun scheint in vollem Glanze der Himmel“ aus Joseph Haydns Schöpfung sowie den Liedern An die Musik und Frühlingssehnsucht von Franz Schubert die Konferenz.

Erste Rednerin der Konferenz war die EIR-Wissenschaftsredakteurin und Krafft-Ehricke-Biographin Marsha Freeman.1 Sie sprach über seinen „extraterrestrischen Imperativ“, eine Vision für eine menschliche Zivilisation, die endlich von Kriegen und Armut befreit ist und die unbegrenzten schöpferischen Potentiale des Menschen nutzt. Ehrickes Begeisterung für die Weltraumforschung als Weg zu diesem neuen Paradigma wurde ausgelöst durch Fritz Langs Film Frau im Mond aus dem Jahr 1929, den er im Alter von zwölf Jahren sah, und schon in den frühen 1930er Jahren schrieb Ehricke kurze Science-Fiction-Geschichten, in denen er darstellte, wie die menschliche Zivilisation sich im Verlauf der Erforschung und Kolonisierung des Weltraums bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft verändern wird. Dabei ging er von der Frage aus: Wo werden wir in 50 Jahren oder in 100 Jahren leben? Wenn die Kreativität der Menschen auf die Verwirklichung dieser Vision fokussiert würde, würde dies endlich alle Völker und Nationen vereinen und die Menschheit als ganze endlich „erwachsen“.

Neben seiner Arbeit an der technischen Realisierung der Weltraumforschung, wie der Entwicklung der Atlas-Rakete und der Centaur-Raketenstufe, verfaßte Krafft Ehricke im Lauf der Jahrzehnte zahlreiche Schriften über die politischen und sozialen Aspekte dieses gesamten Prozesses, und Ende der 1960er Jahre ging er daran, sein Konzept des „extraterrestrischen Imperativs“ weiter auszuarbeiten. Er gab zahlreiche Interviews und Vorträge, verfaßte Artikel und Bücher. Und er bekämpfte ausdrücklich die Rock-Drogen-Gegenkultur und die „grüne“ Bewegung gegen die Wissenschaft und die Kernkraft, deren Aggressivität Krafft Ehricke an die Schocktruppen der Nazis erinnerte, die er vor dem Ende der Weimarer Republik in Deutschland erlebt hatte.

Krafft Ehricke vermochte es auch, seine Ideen zu visualisieren, wie seine selbst gezeichneten Entwürfe für die Mondstadt „Selenopolis“ zeigen, eine permanente Kolonie auf dem Mond in der Größe einer Großstadt als logischem nächsten Schritt auf dem Weg in den ferneren Weltraum.

Bis heute ist Ehrickes persönlicher Beitrag zur Entwicklung der Weltraumtechnik und zur Gestaltung der Weltraummissionen unbestritten, und es liegt bei der jungen Generation von heute, sein Werk aufzugreifen und seine Visionen zu verwirklichen.

Chinas Raumfahrt

Dann wurde eine Botschaft von Krista Ehricke verlesen, der ältesten Tochter Krafft Ehrickes, die leider nicht persönlich an der Konferenz teilnehmen konnte. Sie stellte dar, wie Krafft Ehricke als Wissenschaftler, der sich ganz der Entwicklung der Weltraumwissenschaften und -technologie widmete, gleichzeitig auch ein liebevoller Vater war, der seine Töchter stets dazu veranlaßte, Konzepte zu verstehen und selbst neue Ideen hervorzubringen. Sie wuchs in ihrer Familie im unmittelbarem Umgang mit den ersten amerikanischen Astronauten auf, die die Mercury-, Gemini- und Apollo-Missionen durchführten.

Nach der anschließenden Kaffeepause führten die drei Musiker drei weitere Stücke auf: Das Ave Maria für Sopran von Giulio Caccini, zwei Duette für Sopran und Bariton von Felix Mendelssohn - Ich wollt, meine Liebe ergösse sich und Volkslied – sowie die Sopran-Arie „Casta diva“ aus Vincentos Bellinis Oper Norma.

Zweite Rednerin der Konferenz war Jacqueline Myrrhe, eine bekannte freie Journalistin für Raumfahrt aus Neubrandenburg, die die Zeitschrift Go Taikonauts! herausgibt (siehe http://www.go-taikonauts.com/en/homepage). Sie beschrieb die Entwicklung des chinesischen Weltraumprogramms seit seinen Anfängen 1958 und in den schwierigen Zeiten des „Großen Sprungs nach vorn“ und der „Kulturrevolution“ unter der Herrschaft der Maoisten, die wirkliche Fortschritte in der chinesischen Wissenschaft und Technik unmöglich machten. Erst seit den 70er Jahren machte Chinas Weltraumsektor Fortschritte mit den Arbeiten an einem geostationären Satelliten (1984) und der bemannten Raumfahrt (2003). Dabei habe sich China immer mehr vom „Igel“ zum „Hasen“ entwickelt, also immer schnellere Fortschritte gemacht, und zuletzt zum „Frosch“, der mit großen Sprüngen voranschreitet.

China betrachtete den Weltraumsektor stets als einen Wissenschaftsmotor im Dienste der nationalen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, und hat dafür einen „Fahrplan“ bis zum Jahr 2050 vorgelegt. Chinas Weltraumprogramm mag vor allem in seinen Anfängen vergleichsweise langsam vorangeschritten sein, aber es hat Tempo aufgenommen und zeigt die absolute Entschlossenheit der Chinesen, ihre Pläne zu realisieren. Andere, vor allem die Vereinigten Staaten, mögen diese Ziele schon früher erreicht haben, aber China arbeitet sich Schritt für Schritt darauf zu. Die Pläne für die Weltraumstation, die Mondmissionen (zuerst unbemannt, später bemannt) und Chinas Marsprogramm zeigen eine konsequente und optimistische Entwicklung der technologischen und wissenschaftlichen Kapazitäten, und das gesamte zukünftige Programm steht ebenso offen für die Kooperation mit anderen Nationen wie das Programm der Neuen Seidenstraße.

Grund zum Optimismus

Die Nachmittagssitzung der Konferenz wurde eröffnet von Feride Istogu-Gillesberg (Sopran), die ein chinesisches Liebeslied vortrug, begleitet von Benjamin Lylloff am Klavier. Dann sprach die Präsidentin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche. Sie hatte Krafft Ehricke Anfang der 80er Jahre kennengelernt und mit ihm bis zu seinem Tod 1984 zusammengearbeitet; er war in dieser Zeit auch Mitglied im Vorstand des Schiller-Instituts geworden. Ehricke sei fest davon überzeugt gewesen, daß die Menschheit sich als notwendigen nächsten Schritt in der Evolution von einer auf die Erde beschränkten Gattung zu einer Gattung im All weiterentwickeln muß. Sie erklärte:

    „Ich bin auch sicher, wenn Krafft Ehricke heute hier wäre bzw. in unserer Zeit heute leben würde, daß er unglaublich optimistisch wäre, daß seine Vision, die in seiner Lebenszeit oftmals bekämpft wurde - nicht nur seine Lebensvision, sondern überhaupt die Fortführung der Raumfahrt hatte mit unheimlichen Widersprüchen und Widerborstigkeiten zu kämpfen -, verwirklicht wird. Er würde erkennen, daß wir heute wirklich die strategische Konstellation haben, die die Realisierung seiner Vision in greifbare Nähe bringt... Ich behaupte, daß wir gerade jetzt einen Epochenwechsel erleben, wo diese Idee sich durchzusetzen beginnt.“

Sie beschrieb dann zwei wesentliche Dynamiken, bei denen diese neue Sicht der Dinge dabei sei, sich zu verwirklichen: Chinas Initiative der Neuen Seidenstraße und die Veränderungen in den Vereinigten Staaten durch die Wahl Donald Trumps.

In diesem Kontext erläuterte sie die Angriffe auf den neuen amerikanischen Präsidenten, der in seinen jüngsten Reden in Detroit, in Tennessee, in Kentucky und in Washington betonte, man müsse zum „Amerikanischen System“ zurückkehren, also zur Politik von George Washington, Alexander Hamilton, Henry Clay und Lincoln. Trump wolle eine Billion in die Infrastruktur investieren, er wolle keine Interventionskriege mehr führen wie Bush und Obama und die Beziehungen zu Rußland und China auf Kooperation und Zusammenarbeit stellen. Dieses neue Paradigma stelle eine Herausforderung für das alte Paradigma dar, das oligarchische System der Globalisierung, das auf seinen unmenschlichen Axiomen beharrt.

Sie beschrieb dann die Fortschritte der chinesischen Initiative der Neuen Seidenstraße, die inzwischen neben der „Maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts“ sechs weitere Wirtschaftskorridore umfasse, es nehmen inzwischen über 70 Nationen mit 4,4 Milliarden Menschen daran teil, und insgesamt sind 21 Billionen Dollar an Investitionen geplant. China habe beim G-20-Gipfel erklärt, „daß sie ab sofort die Weltwirtschaft auf Innovation gründen wollen und Entwicklungsländer an den wissenschaftlichen und technologischen Durchbrüchen beteiligen wollen, um deren Entwicklung nicht länger aufzuhalten. China hat es zur Absicht erklärt, die Armut auf dem ganzen Planeten bis zum Jahr 2025 zu überwinden.“

Diese Sichtweise sei heute im Westen leider nicht mehr selbstverständlich. Deshalb sei es heute so wichtig, an Krafft Ehricke und seinen Optimismus zu erinnern: „Ich denke, daß Krafft Ehricke, das Menschenbild und die Zukunftsvision, die er repräsentiert, das beste Beispiel für die Zukunft Deutschlands sein sollte.“ (Den Wortlaut ihres Vortrages finden Sie in dieser Ausgabe.)

Beiträge von Astronauten

Der zweite Redner des Nachmittags, der schweizerische Astronaut Prof. Claude Nicollier, berichtete über seine eigenen „Schritte im Weltraum“ bei seinen insgesamt vier Missionen mit dem Space Shuttle (1992, 1993, 1996, 1999), bei denen er u.a. als Spezialist Reparatur- und Wartungsarbeiten am Weltraumteleskop Hubble durchführte. Nicollier, heute Präsident des Swiss Space Center in Lausanne, erklärte, er stimme vollkommen mit Krafft Ehricke darin überein, daß der Weltraum der notwendige nächste Schritt in der Evolution der Menschheit ist. Dies sei eine große Herausforderung, wie schon US-Präsident Kennedy 1962 in seiner berühmten Rede feststellte, als er betonte, daß die Amerikaner zum Mond gehen würden, „nicht weil es leicht ist, sondern weil es schwierig ist“, und weil die Amerikaner zuversichtlich waren, daß sie alle Schwierigkeiten überwinden und innerhalb von zehn Jahren einen Mann auf den Mond und sicher wieder zurückbringen können - was sie auch taten. Das Mondprogramm sei leider mit der Mission Apollo-17 beendet worden, aber die Weltraumstation ISS wurde gebaut, ebenso wie das Weltraumteleskop Hubble. Dies seien wichtige Schritte in den Weltraum, und es müßten weitere bemannte Missionen folgen. Nicollier ist zuversichtlich, daß dies geschehen wird.

Vor dem letzten Redner der Konferenz wurde dann eine Grußbotschaft des US-Astronauten Thomas Stafford verlesen, einem langjährigen Astronauten, der schon an den Gemini-Missionen und dann am Apollo-Programm sowie der Koordinierung der amerikanisch-sowjetischen Zusammenarbeit im Weltraum beteiligt war. Außerdem wurden zwei Videos gezeigt: eine Grußbotschaft einer Jugendgruppe im Jemen, die sich im Rahmen der Seidenstraßen-Initiative mit Wissenschaftsfragen befaßt, sowie ein Beitrag über eine Jugendgruppe in Leipzig, die einen Prototypen für einen Mond-Rover entwickelte, der im vergangenen Jahr bei einer Präsentation solcher Entwürfe in Huntsville/Alabama ausgezeichnet wurde.

Außerdem wurde die kurze Videoansprache gezeigt, die US-Präsident Trump nur wenige Stunden zuvor anläßlich der Unterzeichnung des Autorisierungsgesetzes für die NASA gehalten hatte, worin er gerade die Entdeckungen, die mit Hilfe des Hubble-Teleskops gemacht wurden, als Beispiel für die Notwendigkeit und die Bedeutung der Weltraumforschung anführte - wobei er z.T. die gleichen Bilder verwendete, die auch Prof. Nicollier in seinem Vortrag verwendet hatte.

Grüne Ideologie abschütteln

Als letzter Redner der Konferenz sprach Prof. Carl-Otto Weiss, früherer Direktor und Professor an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, über die menschliche Kreativität als der einzigen Ressource, mit der die Menschheit sich eine Zukunft sichern kann und wird. Die Angriffe auf die Wissenschaft durch die „grüne“ Bewegung, vom der Propagandakampagne des Club of Rome bis hin zum Klimaschwindel, hätten dazu geführt, daß die Menschen ihren Optimismus verloren haben. Dieser Propaganda, hinter der Weiss eine Methode sieht, die von den Interessen der Wirtschafts- und Finanzoligarchie des westlichen Systems ausgeht, müsse man durch Tatsachen begegnen, die demonstrieren, daß die Erfindungen des Menschen im Verlauf seiner Evolution Zuversicht geben, daß alle Probleme gelöst werden können und werden - durch Wissenschaft, Kreativität und Entwicklung.

Der Klimawandel sei nicht vom Menschen verursacht, es gebe keinerlei wissenschaftliche Belege, die diese Ideologie stützen, die Natur des Klimas sei vielmehr von Faktoren bestimmt, die damit zu tun haben, daß die Erde kein geschlossenes System ist, sondern in das Sonnensystem und in das Universum eingebettet ist, die großen Einfluß auf die Bedingungen auf der Erde haben. Die grüne Propaganda schüre Angst, und eine verängstigte Bevölkerung sei leicht zu manipulieren.

Die Ökologie sei eine neue Religion, in der die Kirchen als die traditionellen Partner der herrschenden Elite abgelöst wurden, sagte Weiss, und er betonte, daß die Ressourcen nicht so knapp seien, wie es diese neue Religion verkündet. Es gebe vielmehr einen Überfluß an Rohstoffen, der die Versorgung der Menschheit auf Jahrtausende und Jahrmillionen sicherstelle. Die Menschheit habe mit der Entdeckung des Feuers den ersten großen Schritt ihrer Evolution gemacht, der nächste große Schritt sei die Entwicklung der Kernkraft, und die Entwicklung der Kernfusion werde ihr noch größere Ressourcen verschaffen.

Aus seiner Sicht sei die grüne Propaganda in Deutschland aus einem besonderen Grund weltweit am stärksten: Die anglo-amerikanischen Geopolitiker wollten schon immer das wissenschaftliche und technische Potential Deutschlands zerstören, vor allem sein Potential, mit Rußland zusammenzuarbeiten, was vom westlichen System als eine tödliche Bedrohung betrachtet werde.

Zum Abschluß der Konferenz sang dann der Chor des Schiller-Instituts das „Va Pensiero“, den Chor der gefangenen Hebräer, aus Giuseppe Verdis Oper Nabucco.


Anmerkung

1. Marsha Freemans Ehricke-Biographie „Hin zu neuen Welten“ können Sie beziehen über: https://eirshop.de/produkt/hin-zu-neuen-welten-buch/