Internationale Tagung der Impulswelle Schweiz:
Kooperation oder Konfrontation der Großmächte?
Von René Machu
Der 13. Mai 2017 hatte es in sich. Rund um die Welt gedachten Christen der
geheimnisumrankten Marien-Prophezeiungen von Fatima, die vor genau hundert
Jahren stattfanden. Die Prophezeiungen sind Warnung und Hoffnung in einem. In
diesem Sinne konkretisierte der Titel der diesjährigen Tagung der Impulswelle
Schweiz „Kooperation oder Konfrontation der Großmächte?“ die Thematik.
Die Tagung stand zudem ganz im Zeichen der tags darauf beginnenden großen
Seidenstraßen-Konferenz in Beijing, an der 110 Länder und 26 Staatschefs,
darunter auch die Bundespräsidentin der Schweiz, Doris Leuthard, teilnahmen.
Der „One Belt, One Road“-Gipfel ist der bisherige Höhepunkt der großen
Infrastrukturinitiative der chinesischen Regierung, die sich, anknüpfend an
die Prinzipien des chinesischen Weisen Konfuzius, an der Maxime „win-win-win“
orientiert. Impulswelle-Stammgast Alexander Hartmann vom Schiller-Institut
betonte, daß dieser Geist des Miteinanders statt des Gegeneinanders auch die
Grundlage des historischen Westfälischen Friedens nach der Beendigung des
30jährigen Krieges darstellte. So ist also der Geist der Kooperation Vater des
Gedankens, der das alte Paradigma einer auf Konkurrenz, Unterwerfung,
Ausbeutung und geopolitischer Dominanz beruhenden Weltordnung ablöst.
Die Referenten der Impulswelle-Tagung nahmen diesen Ball auf; sie zeigten
einerseits, wie die Vertreter der alten Weltordnung, mit tatkräftiger
Unterstützung der Massenmedien, alles noch in ihrer schwindenden Macht
Liegende tun, um die Entstehung einer multipolaren Welt zu verhindern, die
ihre Hegemonie in Frage stellt. Anderseits gaben die Redner einen gut
informierten und respektvollen Einblick in Länder, die von unseren
Propaganda-Medien entweder ignoriert oder beständig schlechtgeredet werden.
Dabei war interessant, daß sich am 14. Mai auch die Tagesschau des
Schweizer Fernsehens genötigt sah, einen längeren Bericht über den Gipfel in
Beijing zu senden – insgesamt relativ neutral, jedoch nicht ohne den
Seitenhieb, daß es China darum gehe, „seine Macht auszubauen“. Leider nein,
liebes Schweizer Fernsehen.
Den Auftakt der Vorträge machte Impulswelle-Aktuar Werner Frey, der
deutlich zeigte, dass es genug Gründe gibt, lieber vor der eigenen Haustür zu
kehren, anstatt anderen Ländern ohne Not böse Absichten zu unterstellen. So
erzählte Werner Frey über Erfahrungen aus seinem Umfeld mit Lohndumping
gegenüber inländischen und Ausbeutung von ausländischen Arbeitskräften in der
neoliberalen Wirtschaftsordnung mit ihrer sakrosankten Personenfreizügigkeit.
Er erwähnte auch, wie derzeit mit dem Lehrplan 21 das hiesige Schulsystem
EU-kompatibel gemacht wird. Zukünftig soll eine ökonomisierte Bildung
Zahnrädchen statt gebildete Bürger hervorbringen. Das Schulsystem soll hinfort
der Entlassung des Menschen in die nicht selbstgewählte Unmündigkeit dienen.
Daß es auch hierzulande Politiker mit Weitblick gibt, zeigte Frau
Nationalrätin Yvette Estermann (SVP). Sie konnte die Zuschauer mit ihrer
herzlichen und optimistischen Art mitreißen. Frau Estermann hat eine Motion im
Nationalrat eingereicht, welche die Verbesserungen der Beziehungen der Schweiz
zu Rußland zum Gegenstand hat. Die Schweiz trägt indirekt die ungerechten und
allen Beteiligten schadenden Sanktionen gegen Rußland mit, obwohl
Wirtschaftsminister Schneider-Amman diese schon öffentlich in Frage gestellt
hat. Frau Estermann, gebürtige Slowakin, konnte uns einen guten Einblick in
„die russische Seele“ geben. Sie erwähnte auch, wie die Schweiz durch ihre
Rolle beim Wiener Kongreß historisch mit Rußland verbunden ist. Fréderic-César
de La Harpe, den Frau Estermann den wichtigsten Schweizer aller Zeiten nannte,
war Erzieher des jungen Zaren Alexander I. von Rußland. Sie konnte aufzeigen,
wie vor dem Putsch in der Ukraine Bemühungen seitens der EFTA bestanden, ein
Freihandelsabkommen mit Rußland zu schließen. Sie vermittelte ein Bild davon,
in welchem Maße die Schweizer Wirtschaft mit Rußland verbunden ist. Auch
zeigte sie auf, daß Rußland einen bedeutenden Markt mit Potential für die
Schweiz darstellt, beispielsweise in den Bereichen Pharma, MEM-Industrie
(Maschinen, Elektro, Metall), Automobilindustrie, Eisenbahnbranche, Transport,
Logistik, Energieeffizienz. So gibt es derzeit 200 Schweizer Firmen, die mit
Rußland verbunden sind, und 600 Schweizer Beteiligungen an russischen Firmen;
darunter Nestlé SA, ABB, Holcim, Kronotec AG und der Finanzsektor.
Herr Vital Burger, der in verschiedenen Schweizerisch-Iranischen Verbänden
aktiv ist, bereiste mehrmals Rußland, den Iran und Syrien. Er ermunterte uns
alle, selbst nach Syrien zu gehen, um uns ein Bild vor Ort zu machen. Eine
Reise sei derzeit problemlos möglich! Herr Burger hat ein großes Wissen über
die geopolitischen Ränkespiele einer Allianz aus den USA, Großbritannien, der
EU, Israel sowie den Golfstaaten, die sich die Zugänge und Transportwege zu
den großen Öl- und Gasvorkommen der Region sichern wollen, wobei sie nicht
davor zurückschrecken, gemeinsame Sache mit terroristischen Gruppierungen wie
der Al-Nusra-Front oder Daesch (ISIS) zu machen. Herr Burger hat selbst im Bau
befindliche Pipelines vor Ort besucht.
Auf der anderen Seite stehen die Vertreter der Neuen Seidenstraße, die in
Syrien einen wichtigen Nexus und eine Handelsdrehscheibe sehen, um Asien,
Afrika und Europa miteinander zu verbinden. Sie sehen in der gewählten
syrischen Regierung einen Garanten für Stabilität und Frieden. Kooperation
oder Konfrontation?
Herr Burger zeigte auch zahlreiche erschreckende Beispiele, wie
prowestliche Geheimdienste Gruppierungen wie die ominösen White Helmets
(Weißhelme) dazu nutzen, die Notwendigkeit von humanitären Interventionen zu
beschwören, wie wir das neulich in der Bombardierung eines syrischen
Flughafens durch die USA erleben mußten.
Herr Gerry Michel, Mitglied des Kernteams der Impulswelle, enthüllte uns,
wie die Dämonisierung der syrischen Regierung in unseren Medien funktioniert.
Dank seiner geschickte Montage verschiedener Filmausschnitte von
Pressekonferenzen und Auseinandersetzungen im UNO-Sicherheitsrat, die mit der
Realität auf dem Boden konfrontiert wurden, fielen alle Masken. Es wurde zum
Beispiel deutlich, daß die NATO-Mächte kein Interesse daran haben, die
angeblichen Giftgasangriffe durch eine unabhängige Kommission untersuchen zu
lassen, weil ihnen das Ergebnis nicht gefallen würde. Da vertrauen sie lieber
völlig kompromittierten Organisationen wie den oben erwähnten White Helmets
oder der sogenannten Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die aus
einem Mann besteht, der in England wohnt.
Was Syrien betrifft, werden wir täglich von unseren Medien belogen, nur um
damit einen durch die NATO-Staaten inszenierten Bürgerkrieg fortzusetzen, der
bereits mehr als 100.000 Menschenleben gekostet hat und der täglich neue
Flüchtlinge an die Ufer einer krisengebeutelten EU spült. Es ist Wahnsinn,
aber es hat Methode.
Herr René Machu, Kernteam Impulswelle, hatte während zweier Monate Indien
bereist. Er war schon zum fünften Mal in Indien gewesen und konnte mit eigenen
Augen sehen, welche Aufbruchstimmung auf dem Subkontinent – der Heimat der
großen Vedischen Kultur – mit seinen 1,3 Milliarden Menschen herrscht. Überall
wird gebaut, und die Bevölkerung schätzt es, daß sich die Regierung Modi mutig
gegen die verbreitete Korruption einsetzt. Leider läßt sich Indien noch zu
stark von westlichen Think Tanks beeinflussen, welche altes Mißtrauen
gegenüber China nähren. Die indischen Intellektuellen und Künstler sind dabei
oft die Sprachrohre einer prowestlichen Politik. Besonders die ehemalige
Kolonialmacht Großbritannien spielt ihr altes Teile-und-herrsche-Spiel.
Deshalb war Indien nicht offiziell in Beijing beim Seidenstraßengipfel
vertreten. Es wird viel davon abhängen, ob es gelingt, Indien positiv
einzubeziehen, ohne daß sich Delhi von China bedroht fühlt. Gleichzeitig
braucht es in Delhi die Einsicht, daß die Tage von Mao Zedongs China längst
vorüber sind. Es können alle nur von einer Freundschaft der beiden großen
Kulturnationen Asiens profitieren.
Einen Einblick verschaffte Machu auch in die Wurzeln der indischen Kultur,
die auf den Veden beruht. Die Veden sind eine Sammlung von Schriften, deren
mündliche Quellen vermutlich vor die letzte Eiszeit zurückreichen. In der
indischen Literatur und Philosophie ist ein Wissen über Ursprung und
Bestimmung unseres Lebens enthalten, das wir erst langsam zu erschließen
beginnen.
Herr Alexander Hartmann, Chefredaktor der Neuen Solidarität, ließ
uns wie immer an seiner Gabe teilhaben, die vielen laufenden geopolitischen
Ereignisse in ihrer Bedeutung und im Gesamtzusammenhang einzuordnen. Durch
seine Kontakte nach Amerika und die Informationen von EIR (Executive
Intelligence Review), einer amerikanischen Nachrichtenagentur, gab er uns
einen Einblick in die Versuche, in einer Art Putsch die Regierung von Donald
Trump zu stürzen oder daran zu hindern, ihrem Wahlversprechen nachzukommen,
die Kooperation mit Rußland und China zu suchen. Ein weiterer Faktor ist
dabei, daß Trump der Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankensystems
gegenüber Offenheit signalisiert hat. Es gehe nicht darum, Trump-Anhänger zu
werden, sondern den Präsidenten dazu zu bringen, das Richtige zu tun. So ist
es als positives Zeichen zu werten, daß Donald Trump eine hochkarätige
Delegation nach Beijing geschickt hat.
Als Mitarbeiter im Team Helga Zepp-LaRouches, der Vorsitzenden des Schiller
Instituts, wußte Herr Hartmann auch viel über die bereits im Bau befindlichen
Projekte der Neuen Seidenstraße zu berichten. Frau Zepp-LaRouche war
offizieller Gast in Beijing und hielt dort eine vielbeachtete Rede. Es wurde
jedem Teilnehmer der Tagung deutlich, welches enorme Entwicklungspotential die
Neue Seidenstraße für alle daran sich beteiligenden Staaten bietet. Neben
vielen anderen positiven Effekten, wie einer Rückkehr zu Vollbeschäftigung für
krisengeschüttelte Länder Europas, Afrikas und Asiens, ist die Neue
Seidenstraße ein völkerverbindendes Projekt des Friedens im Zeichen des
gemeinsamen Wohlergehens.
Den Abschluß machte Frau Doris Zimmermann, die Präsidentin der Impulswelle.
Sie betonte noch einmal, wie dringlich es ist, daß wir dem neuen Paradigma der
Kooperation mit Worten und Taten Nachdruck verleihen. Als weiteres Beispiel
für eine sich anbahnende neue Welt zeigte sie uns Computergraphiken einer
Stadt, die auf schwimmenden Inseln vor Singapur errichtet werden soll. Nach
anfänglicher Skepsis der umliegenden Länder konnten Bedenken ökologischer Art
zerstreut werden. Zudem bietet das Projekt ein Ventil für das notorisch
überbevölkerte Singapur.
Es bleibt noch anzufügen, daß aus dem Publikum viele fundierte
Meinungsäußerungen und interessante Fragen und Anregungen kamen. Es stimmt
hoffnungsvoll, daß immer mehr Menschen begreifen, worum es derzeit wirklich
geht. So konnten Gäste, Referenten und die Mitglieder der Impulswelle mit
frischem Mut dem Sonntag und den kommenden Aufgaben entgegenblicken.
Im Sinne der Tagung möchte ich mit einem vedischen Mantra aus Indien
schließen, das den Geist der Einheit beschwört:
Om
Purnamadah Purnamidam
Purnath Purnamudachyate
Purnasya Purnamadaya Purnameva Vashishyate
Jenes ist ganz und dieses ist ganz
Aus dem Ganzen ist das Ganze manifestiert
Wenn das Ganze aus dem Ganzen genommen wird, bleibt immer noch das
Ganze
Die Videos mit allen Vorträgen der Tagung finden Sie in Kürze unter
www.impulswelle.ch
|