Der Neue Suezkanal in der Weltlandbrücke
Von Botschafter Ahmed Farouk
Botschafter Ahmed Farouk ist der ägyptische Generalkonsul in
New York.
Guten Morgen, verehrte Gäste. Ich möchte zunächst dem Schiller-Institut,
vertreten durch die Gründerin des Instituts, Frau Helga Zepp-LaRouche, danken
und auch die Rolle des Ökonomen Lyndon LaRouche, des Gründers und Herausgebers
des Executive Intelligence Review, dabei würdigen, diese wichtige
Konferenz zu veranstalten.
Meine Ausführungen heute über die Geschichte und die neue Initiative der
Seidenstraße werden sehr kurz sein, und ich will mich dabei auf das Projekt
des Suezkanals in Ägypten konzentrieren, der die Seidenstraße im Osten und im
Westen miteinander verbindet.
Zunächst zur Geschichte. Schon immer in der Geschichte sind Menschen von
einem Ort zum anderen gereist und haben Waren, Fertigkeiten und Ideen
ausgetauscht. Eurasien blieb dabei stets ein Zentrum für Kommunikations- und
Handelswege in alle Richtungen, die im Laufe der Zeit als die Seidenstraße
bekannt wurden. Die Geschichte dieser Routen läßt sich Jahrtausende
zurückverfolgen. Ägypten ist mit seiner Geschichte von annähernd 7000 Jahren
schon lange ein Zentrum des globalen Handels an den Achsen der Handelswege,
die Europa, Asien und Afrika miteinander verbinden. Zwei Zweige der alten
Seidenstraße überschnitten sich mit den ägyptischen Schiffahrtswegen und
Karawanenstraßen.
In jüngerer Zeit gibt es viele Versuche, die alte Seidenstraße zu erneuern.
Der jüngste Vorstoß kam von China, als der chinesische Präsident 2013 formell
den Wirtschaftsgürtel der Neuen Seidenstraße ankündigte und später das
Programm um die Maritime Seidenstraße erweiterte. Das Programm zielt darauf
ab, die enormen Handelspotentiale zu entfesseln und die wirtschaftliche
Entwicklung entlang des „Gürtels“ zu stärken.
Das Projekt besteht aus zwei Hauptkomponenten: dem Wirtschaftsgürtel der
Neuen Seidenstraße über Land, und der Maritimen Seidenstraße. Die erste
verbindet China über Zentral- und Westasien mit Europa, die zweite soll China
über das Meer mit Südostasien, Afrika und Europa verbinden.
Ägypten spielt aufgrund seiner strategischen geographischen Lage in diesem
Gürtel eine bedeutende Rolle als Landbrücke zwischen Asien und Afrika und als
Verbindung zwischen zwei der wichtigsten Wasserstraßen: dem Mittelmeer und dem
Indischen Ozean. Dies macht es unvermeidlich zu einem Schlüsselland am
Kreuzungspunkt zwischen Asien, Afrika und Europa und zu einem wichtigen
Partner für die Großmächte und Schwellenländer. Im Januar 2016 haben Ägypten
und China eine Absichtserklärung über den Wirtschaftsgürtel der Neuen
Seidenstraße und die Maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts
unterzeichnet.
Der Neue Suezkanal und sein Korridor
Und nun will ich mich dem Projekt des Neuen Suezkanals zuwenden - dem
Zauberwort des Welthandels. Die Geschichtsschreibung sagt, daß Ägypten das
erste Land ist, das einen von Menschen gemachten Kanal durch sein Land
gegraben hat, um den Welthandel zu fördern. Die Idee, das Mittelmeer durch
einen Kanal mit dem Roten Meer zu verbinden, reicht schon 40 Jahrhunderte
zurück. Als der Suezkanal 1869 eröffnet wurde, veränderte er die Handelsrouten
der Welt, indem er den Weg zwischen Europa und Asien um rund 7000 Meilen
(11.000 km) verkürzte, was ihn zur kürzesten Verbindung zwischen Ost und West
machte. Für Ägypten ist der Suezkanal mehr als ein nationales Gut. Er ist eine
natürliche Ressource, ein besonderer Segen, der stetiges Einkommen erzeugt und
Ägyptens Stellung in der Welt sichert. Dazu muß man nur wissen, daß etwa 20%
der globalen Schiffsfracht diesen Kanal passiert.
Um den etwa 150 Jahre alten Kanal in das 21. Jahrhundert zu bringen,
startete Ägyptens Präsident Al-Sisi im August 2014 das Megaprojekt des Neuen
Suezkanals, bestehend aus einer Erweiterung des existierenden Kanals und der
Entwicklung seines Umlands zu einem Umschlagsplatz des Welthandels. Diese
Erweiterung umfaßte einen etwa 35 km langen, neuen, parallelen Wasserweg sowie
eine etwa 37 km lange Vertiefung und Erweiterung des bestehenden Kanals. Dies
erlaubt Verkehr in beide Richtungen, sodaß sich die Zeit, die Schiffe zur
Fahrt durch den Kanal benötigen, von 22 auf 11 Stunden halbiert.
Der neue Kanal kostete 8 Mrd.$ - 4 Mrd. für das Graben und Bauen des Kanals
und 4 Mrd. für Tunnel, die den Sinai mit dem Hauptteil Ägyptens verbinden. Die
Regierung lud die ägyptische Öffentlichkeit ein, sich durch steuerfreie
Investitionszertifikate, die von staatlichen Banken zum Kauf angeboten wurden,
an dem Projekt zu beteiligen. Überraschenderweise und erstaunlicherweise waren
die Zertifikate nach nicht einmal zehn Tagen ausverkauft, die ägyptische
Regierung erlöste die 8 Mrd.$ in genau neun Tagen.
Die Grundidee hinter dem Projekt des Neuen Suezkanals war, daß Ägypten ein
Projekt brauchte, das die nationale Wirtschaft stützt und die bestehenden
Potentiale nutzt, um eine gut entwickelte Industriezone zu schaffen. Wir
mußten Arbeitsplätze schaffen und gleichzeitig neue städtische Siedlungen
bauen, um junge Menschen in die Kanalzone zu ziehen, ausgehend vom wachsenden
Welthandel, u.a. aus China, Südostasien und Indien, der durch den Suezkanal
nach Europa und den Vereinigten Staaten verläuft. Seit das Projekt begann,
haben mehr als 43.000 Ägypter daran mitgearbeitet. Sie haben innerhalb eines
Jahres eine halbe Billion Kubikmeter Erdreich bewegt - nach ägyptischen
Maßstäben entspricht das zweihundert Großen Pyramiden. Der neue Kanal wurde im
August 2015 eröffnet, und man erwartet, daß die Einnahmen aus dem Kanal von
etwa 5,3 Mrd.$ im Jahr 2015 auf 13,2 Mrd.$ im Jahr 2020 ansteigen werden.
Das Kanalprojekt geht einher mit dem „Entwicklungsprojekt des
Suezkanal-Korridors“, einer Entwicklungszone, die Ägypten in ein
internationales Logistikzentrum verwandeln wird. Es sieht vor, mehr als 1000
Quadratkilometer neue Industriezonen, darunter sechs Häfen am Mittelmeer und
am Golf von Suez, zu entwickeln, um ein Dienstleistungszentrum um die
Kanalaktivitäten herum zu schaffen. Man erwartet, daß dies eine Million neue
Arbeitsplätze für Ägypter und andere schafft, vor allem für junge Menschen,
und die Wirtschaft vor Ort fördern wird. Das Entwicklungsprojekt des
Suezkanal-Korridors ist das Kernstück einer ehrgeizigen
Entwicklungsperspektive, mit Auswirkungen auf ganz Nordostafrika, Südwestasien
und die Maritime Seidenstraße. Es ist eine Botschaft der Hoffnung auf eine
bessere Zukunft für die Jugend und die kommenden Generationen in Ägypten, im
Mittelmeerraum und in Afrika. Es zielt auf besseres gegenseitiges Verständnis,
mehr Toleranz und friedliche Koexistenz.
(Im Anschluß an seinen Vortrag zeigte Botschafter Farouk auch ein
achtminütiges Video über den Neuen Suezkanal, das Sie im Internet, im
englischen Original, ansehen können unter https://www.youtube.com/watch?v=eGNnYq5dT3w)
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