Zu was Besserm sind wir geboren!
Von Leona Meyer
Leona Meyer berichtet von der diesjährigen
Mitgliederversammlung des Schiller-Instituts.
Die Mitgliederversammlung des Schiller-Instituts fand am 15. November 2015
in Berlin statt. Nur zwei Tage zuvor schockierten die Terroranschläge in Paris
den ganzen Kontinent. Man fragt nach den Ursachen solcher Schrecklichkeit und
muß der Tatsache ins Auge blicken, daß die Verfasser der Doktrin des Projekts
für ein Neues Amerikanisches Jahrhundert („Project for a New American
Century“) durch den Aufbau und die Finanzierung verschiedener Terrorgruppen
versuchten, alle sich ihnen in den Weg stellenden Staaten aus dem Weg zu
räumen.
Es geht dabei nicht um Öl, sondern um das Konzept, daß der Mensch nur ein
Tier sei, und wenn man dem Großteil der Weltbevölkerung wirtschaftlichen,
wissenschaftlichen und kulturellen Fortschritt verweigere, eine kleine Elite,
ähnlich den Göttern des Olymps, ihr imperiales Machtsystem erhalten könne.
Jetzt, wo die Flüchtlingsströme und Terroranschläge in Westeuropa
angekommen sind, können die Bürger die dramatische Lage in Südwestasien und
Afrika nicht mehr ignorieren.
Zwar haben die europäischen Politiker die Regimewechsel-Politik der USA in
den meisten Fällen unterstützt oder toleriert, aber es herrschte auch ein
kulturelles Umfeld, wo die Bevölkerung nicht wie in den 1980er Jahren zu
Zigtausenden auf die Straßen ging und für den Frieden demonstrierte, sondern
untätig zusah, wie die westlichen Interventionen Terrorismus stärkten und
ganze Staaten völlig zerstörten. Die Konsequenzen dieser Politik sind nun in
unseren eigenen Ländern angekommen und bergen das große Potential, daß die
Bevölkerung ein neues Paradigma, einen ganz neuen Ansatz, an die Probleme der
Welt heranzugehen, annehmen kann.
In diesem Moment der Geschichte braucht Deutschland genügend Menschen, die
die Lösungen der Flüchtlingskrise erkennen und die moralische Stärke haben,
die Ideen einzufordern, statt weiter die Verschlechterung der Lage zu
beobachten und zu kommentieren. Der Ausbau der Neuen Seidenstraße und die
Erweiterung der Neuen Seidenstraße nach Südwestasien und Afrika, um die
gesamten Regionen wieder aufzubauen und den Menschen in ihrer Heimat eine
Zukunftsperspektive zu verschaffen, ist die einzige vernünftige Antwort auf
die Terroranschläge und die Flüchtlingskrise.
In diesem neuen politischen und sozialen Umfeld trafen sich also die
Mitglieder des Schiller-Instituts in Berlin. Nicht ganz selbstverständlich
war, daß Odile Mojon, Repräsentantin des französischen Schiller-Instituts,
trotz der Pariser Ereignisse nach Berlin gereist war, um an der Veranstaltung
teilzunehmen. Sie wurde mit viel Wärme und Mitgefühl empfangen.
Dialog der Kulturen statt „Clash of Civilizations“
In ihrer Hauptrede wies die Gründerin, Helga Zepp-LaRouche, auf die
ursprünglich gesetzte Aufgabe des Schiller-Instituts vor 31 Jahren hin: Es
sollte ein Mittel werden, um Friedrich Schillers Menschenbild in der Welt zu
verbreiten, nämlich die Idee, daß jeder Mensch das Potential habe, sich
unbegrenzt zu vervollkommnen. Jeder könne eine schöne Seele werden, und das
wichtigste im Bildungsprozeß sei deshalb, die Formung eines edlen Charakters
zu fördern.
Wenn man sich die heutige Gesellschaft ansehe, könne man deren Kultur nur
als satanisch bezeichnen - nicht im religiösen Sinne, sondern in dem Sinne,
daß das kulturelle, gesellschaftliche Angebot ausschließlich darauf abziele,
das Schlechte im Menschen hervorzulocken. Alles werde auf die rein sinnliche,
niedere Ebene reduziert, und die Vernunftebene - das, was den Menschen von
jedem Tier fundamental unterscheidet, was uns zum Entdecker und wahren
Künstler macht - werde häufig sogar geleugnet.
Zu dem neuen Paradigma, mit dem wir die zivilisatorischen Krisen überwinden
können, gehört auch, daß wir einen Dialog der Kulturen schaffen, in dem jeder
Repräsentant seiner eigenen kulturellen Hochphasen wird und im internationalen
Austausch anderen Personen als Repräsentanten ihrer Hochkulturen
gegenübertritt und versucht, diese kennen und verstehen zu lernen. Auf dieser
Ebene wird man die beste Basis für gemeinsame Interessen finden und
respektvoll miteinander umgehen (denn Arroganz resultiert meist aus Unkenntnis
und Vorurteilen).
Zu der deutschen kulturellen Hochphase gehört vor allem die Weimarer
Klassik und die reiche klassische Musik von Bach bis Brahms. Diese Ideen
wiederzubeleben, wird der Schlüssel zur Entfaltung der eigenen Kreativität
sein.
Die schöne Kunst
Als einer von ganz wenigen hat Friedrich Schiller das Scheitern der
Französischen Revolution schon sehr früh erkannt. Er beschrieb in den Briefen
zur ästhetischen Erziehung des Menschen die aus seiner Sicht einzige
Möglichkeit, in dieser Lage einen gerechteren Staat zu errichten, wenn die
politischen Kreise korrupt und die Bevölkerung erschlafft sind: Die
Verbesserung müsse durch die Veredelung des Individuums kommen - und das sei
die Aufgabe der schönen Kunst.
Nur wenn dieses Kriterium erfüllt sei, daß die Kunst das Individuum
veredle, könne man von Kunst sprechen. Schillers Anforderungen an den Künstler
selbst, der es wagen will, die Seelen zu rühren, sind daher sehr hoch: Er
müsse sich zum Zeitpunkt des künstlerischen Schaffens selbst zum edelsten
Ideale des Menschen emporgehoben haben, um andere Menschen durch seine Kunst
veredeln zu können. Unter diesen gesetzten Maßstäben kann man heute nur
Weniges tatsächlich Kunst nennen.
„Nudging“ - Menschen in eine bestimmte Richtung zu „stupsen“ - und andere
Methoden, um die Meinungen der Massen durch die Medien zu manipulieren, müßten
wieder durch Liebe zur Wahrheit ersetzt werden. Laut Friedrich Schiller findet
man das Streben nach Wahrheit nur in der Kunst und der Wissenschaft. Die für
den menschlichen Geist erkennbaren universell gültigen physischen und
ästhetischen Prinzipien vergrößern dann in ihrer Anwendung den menschlichen
Effekt aufs Universum. Zu diesem Wahrheitsstreben solle der Mensch wieder
zurückgeführt werden.
Man müsse sich selbst gegenüber ehrlich sein und auf diese innere Stimme
hören, um die Gesetze des Universums besser zu verstehen.
Wir müssen es heute schaffen, betonte Frau Zepp-LaRouche, Deutschland
wieder mit seiner eigenen klassischen Kultur zu verbinden. Durch die frühere
Tradition der Hausmusik wirkte die klassische Kultur in der Gesellschaft fort.
Damit diese klassischen Schätze heute wieder ihre Wirkung entfalten können,
wird das Schiller-Institut in Berlin einen großen Chor aufbauen und ihn dazu
nutzen, um wieder bewußt ein schönes Menschenbild zu verbreiten.
Das ist nicht des Deutschen Größe
Ob zu siegen mit dem Schwert,
In das Geisterreich zu dringen
Männlich mit dem Wahn zu ringen
Das ist seines Eifers wert.
(aus Schillers Fragment Deutsche Größe)
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