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Schiller-Institut e. V.
"Zweck der Menschheit ist kein anderer als die
Ausbildung der Kräfte des Menschen, Fortschreitung."
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Afrikas Entwicklungsaussichten mit der BRICS-Bank

Von S.E. Botschafter Kingsley Mamabolo

Der folgende Redebeitrag für die New Yorker Konferenz des Schiller-Institus am 17. Januar stammt vom Botschafter Südafrikas bei den Vereinten Nationen in New York, Kingsley Mamabolo. Er wurde von Thembile Joyini, Rechtsberater der Ständigen Mission Südafrikas bei den Vereinten Nationen, verlesen.

Im Namen Seiner Exzellenz, Botschafter Kingsley Mamabolo, Ständiger Vertreter Südafrikas bei den Vereinten Nationen, möchte ich Ihnen und den Veranstaltern der Konferenz, darunter Herrn Lawrence Freeman, dafür danken, daß Sie uns zu dieser Konferenz eingeladen haben und Ihnen einige unserer Gedanken zu dem Thema „Die BRICS-Nationen erneuern Dr. Martin Luther Kings Traum: Wirtschaftliche Gerechtigkeit ist ein unveräußerliches Recht“ mitteilen lassen.

Martin Luther King unterstützte aktiv den Kampf des südafrikanischen Volkes gegen die Apartheid. 1963 wurde das Sonderkomitee der Vereinten Nationen gegen Apartheid gegründet, und einer der ersten Briefe, die das Komitee erhielt, war von Martin Luther King. Zusammen mit dem Friedensnobelpreisträger von 1960, dem ANC-Führer Albert J. Lutuli, machte Martin Luther King am Menschenrechtstag, dem 10. Dezember 1962, einen „Aufruf zum Handeln gegen Apartheid“. In einer Rede, die er 1964 in London hielt, wiederholte Martin Luther King seinen Aufruf zu Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika und sagte: „Wir können uns an einer Form gewaltloser Aktion beteiligen, die Südafrika Freiheit und Gerechtigkeit bringen könnte - die Aktion, zu der führende Afrikaner aufgerufen haben -, in einer mächtigen Bewegung für Wirtschaftssanktionen.“

Es waren diese Sanktionen, die unter anderem die Apartheid-Regierung zwangen, Nelson Mandela aus dem Gefängnis freizulassen. Nach seiner Freilassung kam Mandela in diese Kirche, um Ihnen, den Menschen von Harlem, und allen Amerikanern, die den Kampf des südafrikanischen Volkes unterstützten, seinen Dank auszusprechen.

BRICS

Zur BRICS: Ich stimme zu, daß dies erst der Anfang einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung ist; es wird ein stufenweiser, aber stetiger Prozeß sein. Ich stimme auch zu, daß nicht alle über die Bedeutung der BRICS-Bank einer Meinung sind, aber die Schaffung der BRICS-Bank ist bedeutsam für die zukünftige internationale Ordnung - aus drei Gründen.

Erstens beweist sie die Lebensfähigkeit und Dynamik der BRICS, trotz aller Skepsis und Kritik der letzten Jahre. Ein Teil der Kritik ist berechtigt, weil BRICS-Nationen in jüngster Zeit weniger Wachstum erleben; sogar Chinas Wirtschaftswachstum scheint sich aus verschiedenen Gründen zu verlangsamen. Kritiker der BRICS-Bank verweisen auch auf die unterschiedlichen Ansichten unter den Mitgliedern als Beweis für ernste Probleme der Bank.

Aber das geht am Kern der Sache vorbei. Es wird immer unterschiedliche Meinungen und Ansichten unter den BRICS-Ländern geben, genauso wie es Unterschiede zwischen G7-Mitgliedern gibt. Das wichtige ist jedoch, ob die Mitgliedstaaten ein großes gemeinsames Ziel haben, welches sie trotz der Unterschiede einigen kann. Die Antwort lautet: Entwicklung.

Anders als die G7-Mitgliedstaaten sind die BRICS-Mitglieder noch weitgehend Entwicklungsländer, und diese Situation bedeutet, daß diese Länder sich noch lange Zeit darauf konzentrieren werden, wie sie den Lebensstandard ihrer Bürger verbessern können. Auch andere Entwicklungsländer brauchen dringend Finanzierung für Infrastrukturprojekte.

Zweites belegt die BRICS-Bank Chinas globale Führungsrolle. Angesichts Chinas gewaltiger Größe und schneller Entwicklung besteht kaum Zweifel daran, daß die Welt Chinas Führung wirklich braucht. Dabei muß China sorgfältig darauf achten, daß ein Gleichgewicht zwischen seinem eigenen Einfluß auf die Bank und dem Einfluß anderer Mitglieder aufrechterhalten wird.

Es ist daher ein gutes Zeichen, daß zwar Shanghai als Sitz der neuen Bank ausgewählt wurde, aber der erste Präsident ein Inder sein wird, der erste Vorsitzende des Gouverneurrates russisch, der erste Vorsitzende des Direktoriums brasilianisch, und daß das erste regionale Zentrum der Bank in Südafrika sein wird.

Drittens ist die BRICS-Bank bedeutsam, weil sie eine direkte Herausforderung gegenüber der vom Westen angeführten globalen Ordnung ist. Viele sehen in der neuen BRICS-Bank eine Reaktion auf die gescheiterten Reformen beim IWF und der Weltbank, weil Entwicklungsländer wie China und Indien ihren Einfluß in diesen Institutionen nicht vergrößern können.

Man sollte allerdings nicht vergessen, daß die BRICS-Bank gegenwärtig die liberale Wirtschaftsordnung nicht infragestellt. China und Indien sind die vielleicht größten Nutznießer einer offenen liberalen Wirtschaftsordnung; und daher sollte die BRICS-Bank versuchen, den IWF und die Weltbank anzuspornen, offener und transparenter zu werden. Letztlich sollte es beim Wettbewerb zwischen der BRICS-Bank und dem IWF und der Weltbank um die Effizienz gehen und nicht um einen Machtkampf zwischen liberalen und alternativen Wirtschaftsideologien.

In diesem Sinne besteht eine starke komplementäre Beziehung zwischen der BRICS-Bank, dem IWF und der Weltbank. Abgesehen davon sollten der Westen, der IWF und die Weltbank die BRICS-Bank nicht als Bedrohung ihrer Vorherrschaft in der globalen Wirtschaftsordnung betrachten.

Um das zu betonen: Es ist unwahrscheinlich, daß die neue BRICS-Bank in der nahen Zukunft IWF und Weltbank ersetzen wird, denn letztere werden mächtige Mitspieler in der globalen Wirtschaftsordnung bleiben. Am wahrscheinlichsten ist ein Verhältnis zwischen beiden, bei dem sie einander ergänzen, anstatt im Konflikt zu stehen. Dennoch wird auf längere Sicht der Wettbewerb zwischen beiden intensiver werden, und das Endergebnis wird von dem Machtgleichgewicht zwischen den beiden Blöcken abhängen - der sich entwickelnden Welt und der entwickelten Welt. Sicher ist jedenfalls, daß interessante Zeiten auf uns zukommen.

PIDA

Zum Programm für Infrastrukturentwicklung (PIDA): Weil das Infrastrukturdefizit in Afrika Wachstum und Entwicklung auf dem Kontinent hemmt, haben die afrikanischen Staats- und Regierungschefs im Juli 2010 ein neues Programm für Infrastrukturaufbau in Afrika (PIDA) begonnen. Organisiert von der Afrikanischen Union (AU), der Neuen Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NEPAD) und der Afrikanischen Entwicklungsbank (ADB), hat die Initiative ein Budget von mehreren Milliarden Dollar. Das übergreifende Ziel von PIDA ist die Förderung wirtschaftlich-sozialer Entwicklung und Armutsbekämpfung in Afrika durch verbesserten Zugang zu integrierten regionalen und kontinentalen Infrastrukturnetzen und Dienstleistungen.

[Südafrikas] Präsident Jacob Zuma wurde einstimmig zum Präsidenten von PIDA gewählt, weil die erfolgreiche Organisation der Fußball-Weltmeisterschaft den ganzen Kontinent inspiriert hat. In seiner Rede zur Einführung des Programms sagte Präsident Zuma: „Afrikas Zeit ist gekommen, und ohne Infrastruktur werden unsere Träume niemals verwirklicht werden. Wir können auf dem Kontinent keinen Handel treiben, weil es an Kommunikationsmitteln fehlt. Die Infrastruktur, die wir schaffen wollen, wird unserem Kontinent neue Chancen eröffnen.“

Das Programm für Infrastrukturentwicklung in Afrika wird verschiedene Infrastrukturinitiativen auf dem Kontinent, wie den Kurzfristigen Aktionsplan von NEPAD, den Mittel- bis Langfristigen Strategischen Rahmen (MLTSF) von NEPAD und die Infrastruktur-Gesamtpläne der AU, zu einem kohärenten Programm für den ganzen Kontinent zusammenfassen und vereinen.

Das Ziel von PIDA ist die Schaffung einer Rahmenstrategie für Infrastrukturentwicklung auf der regionalen und kontinentalen Ebene, die alle vier Schlüsselbereiche Verkehr, Energie, grenzüberschreitendes Wasser sowie Informations- und Kommunikationstechnik abdeckt. PIDA wird das entscheidende Planungs- und Programmdokument von AU/NEPAD sein, an dem sich die Agenda, Pläne und Investitionsprioritäten in den Schlüsselbereichen der kontinentalen Infrastrukturentwicklung von 2011-2030 orientieren.

Die ADB wird über ihre Abteilung für Regionale Integration für die Umsetzung des Programms für Infrastrukturentwicklung in Afrika (PIDA) verantwortlich sein. Die Rolle der Bank als ausführende Behörde umfaßt die Verantwortung für das vertragliche, finanzielle, technische und verwaltungstechnische Management des Programms, eingeschlossen die Verantwortung für Vergabeverfahren in Übereinstimmung mit ihren existierenden Vorschriften, Haushaltsmanagement und Mittelvergabe. PIDA soll von den regionalen Wirtschaftsgemeinschaften verwaltet werden. Diese werden eng mit den jeweiligen Mitgliedstaaten, den spezialisierten Agenturen der AU und Organisationen der verschiedenen Sektoren zusammenarbeiten. Das PIDA-Budget, ungefähr 7,8 Mio.€, wird finanziert von der Europäischen Union, der Islamischen Entwicklungsbank, dem Afrikanischen Fonds für Wasser und der Neuen Partnerschaft für Afrikas Entwicklung.

Grand Inga

Zum Wasserkraftprojekt Grand Inga: Im August 2014 gab das Kabinett die Zustimmung zur Ratifizierung des Vertrags über das Wasserkraftprojekt Grand Inga zwischen Südafrika und der Demokratischen Republik Kongo (DRK); das machte den Weg frei für die nächste Phase dessen, was letztlich das größte Wasserkraftprojekt der Welt werden kann, mit dem Potential, den halben Kontinent mit Strom zu versorgen. Das Grand-Inga-Projekt soll das Kraftpotential des Kongo, dem größten Wasserweg Afrikas südlich der Sahara, nutzbar machen. Wenn alle sieben geplanten Phasen vollendet sind, wird erwartet, daß gewaltige 40.000 MW erneuerbare Energie erzeugt werden. Spätere Phasen, die sich zu einer Gesamtkapazität von 40.000 MW summieren, werden es Ländern im südlichen Afrika, in Nordostafrika und Teilen Westafrikas erlauben, von der Produktion an dem Standort zu profitieren. Das Projekt hat das Potential, saubere und erschwingliche importierte Wasserkraft zu liefern, um den Bedarf der DRK, Südafrikas und umliegender Länder zu decken, und es birgt das Potential, die Entwicklung der SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) zu beschleunigen, Energiearmut zu lindern, Wirtschaftswachstum anzuregen und Infrastrukturaufbau zu erleichtern.

Es stellt eine der ehrgeizigsten Projekte dar, die jemals auf dem afrikanischen Kontinent unternommen wurden, und eines, das lange ein überwältigendes Symbol des Aufstieg Afrikas und seiner Menschen sein wird.

Kernkraft

Abschließend zur Kernenergie: Südafrika hat viele Verträge über Kernenergie geschlossen und hat zwei Kernreaktoren, die 5% seines Stroms erzeugen. Südafrikas erster kommerzieller Kernreaktor nahm 1984 den Betrieb auf. Die Regierung setzt entschlossen auf die Zukunft der Kernkraft und hat gesicherte Pläne für weitere 9600 MW im nächsten Jahrzehnt.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.