Wir können die Zeit nicht anhalten
Von Jacques Cheminade
Zum Abschluß des fünften und letzten Konferenzabschnitts zog
Jacques Cheminade ein Resumée aus den Vorträgen des Nachmittags.
Bevor Helga (Zepp-LaRouche) diese Konferenz beschließt, möchte ich gerne noch etwas sagen, eine Art Reflexion über dieses Panel.
Zunächst einmal: Um die Menschen zu lähmen und zu manipulieren, verbreitet
die Oligarchie die Vorstellung, der Mensch wäre von Natur aus schlecht, ein
Raubtier, und schon seine Existenz an sich stehe im Widerspruch zur Natur. Das
ist der erste Punkt.
Der zweite ist die Vorstellung, die Zeit wäre eine mit unseren Sinnen
erfaßte Realität, und wir könnten die Zeit an einem bestimmten Punkt anhalten,
so daß die biologischen Arten für immer gleich bleiben müssen. Wenn neue
Gattungen auftauchen, dann fragen wir sie nach ihrem Paß oder schieben sie ab,
die alten Gattungen müssen erhalten bleiben.
Und das dritte ist schließlich die Vorstellung, alle Ressourcen wären
begrenzt.
Zu alledem möchte ich dies sagen. Betrachten wir uns den Zyklus der
Präzession der Erdachse gegenüber der Galaxis. Das ist ein Zyklus von 100.000
Jahren. Wenn Sie das Prähistorische Museum in Tautavel besuchen, was ich jedem
nur empfehlen kann, bekommen Sie dort in den Ausstellungsräumen eine
Vorstellung, was in den letzten 500.000 Jahren geschehen ist.
Es gab in diesem Teil Europas zu jener Zeit das Wollnashorn, und alles war
voller Eis und Schnee. Zu anderen Zeiten gab es Tiger und Krokodile,
gigantische Varianten dieser Tierarten. Es passiert also etwas in der Natur:
Die Dinge ändern sich, und diese Zyklen der Veränderung von 100.000 Jahren
sind sehr wichtig.
Man kann nicht einfach die Zeit anhalten und alles in diesem Moment
einfrieren - das ist eine völlig infantile Idee. Und wer infantile
Vorstellungen hat, ist manipulierbar, und die Oligarchen können ihn
beherrschen.
Bedenken Sie, was Odile Mojon uns gesagt hat: Denken ist wesentlich, und
die Menschen müssen darüber nachdenken, was sie zu ihrer Gattung und zu ihrer
Umwelt, in der sie leben, beitragen können. Nicht bloß auf der Erde, sondern
auch im Sonnensystem und in der Galaxis.
Wenn man - insbesondere, aber nicht nur - das Judentum und Christentum
betrachtet, dann ist es offensichtlich: Wenn man so tut, als könne man die
Zeit aufhalten, ist das wie eine Sünde, ein Vergehen wider den Geist. Wenn Sie
sich die moderne Wissenschaft und insbesondere Einstein betrachten, dann sind
Raum und Zeit nichts absolut Gegebenes, sie sind relativ. Die Raumzeit ist
relativ. In Bezug auf diese Dinge muß man an Heraklit denken, der das
wahrscheinlich als erster nach den indischen Veden gesagt hat: Das einzige,
was bleibt, ist die Veränderung.
Tatsächlich ist es diese Auffassung der Menschen - daß wir denken und das
Universum verändern und verbessern können -, die uns grundsätzlich von allen
Tieren unterscheidet. Und das ist eine sehr positive Aufgabe, nichts
Schlechtes, und nur diese Fähigkeit, das Universum zu verändern und zu
verwandeln, gibt uns eine Zukunft.
Die Oligarchie verbreitet Kulturpessimismus, die Vorstellung eines
Menschen, der notwendigerweise negativ auf die Natur wirkt. Mensch und Natur
werden völlig getrennt; die Macht der Natur wird vollkommen unterschätzt -
jedenfalls von Grünen. Und diese Trennung dient als Rechtfertigung von
Entvölkerung - weil die Ressourcen begrenzt seien; weil man die Uhr der Zeit
in einem bestimmten Moment anhalten könne; weil man zugeben müsse, daß „die da
oben“ die Mittel und das Recht haben, über uns zu herrschen; deshalb müsse man
sich unterwerfen; man müsse zugeben, daß wir für allezeit so bleiben wollen,
wie wir jetzt sind.
Und wenn wir uns die Gesellschaften in Europa anschauen, dann ist eines
sehr charakteristisch, was ein Ausdruck davon ist - neben dem Verfall der
Kultur, über den Helga gleich noch zu uns sprechen wird: das ist die
Nichtbeteiligung an Wahlen. Die Menschen greifen nicht mehr als Bürger in die
Politik ein. Und das freut die Oligarchie sehr. Sie hofft, daß es 2017 eine
Wahl zwischen Nicolas Sarkozy, Le Pen und François Hollande sein wird, also
eine Art Einfrieren der Zeit. Und dagegen, diese drei genannten Personen,
wollen wir mobilisieren. Das nur als eine kleine Reflexion.
Die eigentliche Herausforderung ist jedoch, daß wir in uns die Stärke
finden, ins Unbekannte vorzudringen. Wir brauchen diese Eigenschaft der
Astronauten, die notwendigerweise auf Neues stoßen, weil sie Neues erfinden
müssen, um zu überleben. Das ist etwas sehr wichtiges an der Raumfahrt, am
extraterrestrischen Imperativ: daß er alle zwingt, mehr zu wissen und zu
entdecken, mit maximaler Kompetenz in der Physik und in der Kultur und mit
maximaler Kompetenz im Handwerklichen. Und da liegt die Zukunft der Menschheit
- in neue Welten vorzustoßen, im Interesse aller und im Interesse der
gegenseitigen Entwicklung.
So sollte man diese letzte Vortragsrunde betrachten. Unsere Zukunft liegt
in diesem Kontext darin, Herr der Prozesse der Galaxis und des Sonnensystems
zu werden - von der Erde aus, ohne notwendigerweise in Hollywood-Manier an
diese Orte zu reisen, weil man nur sehr schlecht mit der galaktischen
Strahlung und der solaren Strahlung fertig wird.
Ich denke, wenn Einstein nicht jeden Tag mehrere Stunden, jedenfalls
mindestens eine halbe Stunde seine Geige gespielt hätte, dann wäre er nicht
der beste, der wichtigste Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts geworden. Aus
dieser Sicht möchte ich nun Helga um ein Schlußwort für uns bitten, daß sie
den Bereich der Kultur betritt, was das wesentliche ist, womit wir uns
befassen müssen, vom Morgen, wenn wir aufwachen, bis zum Abend, wenn wir zu
Bett gehen. [Applaus.]