Betrachtungen über das neue Konzept „Ein Gürtel, eine Straße“
Von Prof. Shi Ze
Prof. Shi Ze ist Senior Research Fellow und Direktor für
Internationale Strategische Energiestudien des China Institute of
International Studies (CIIS), einer Denkfabrik des Außenministeriums,
Beijing. Der folgende Text beruht auf dem vorab eingereichten Manuskript, das aus dem Chinesischen übersetzt wurde.
I.
Bereits als das großartige Konzept von „Ein Gürtel, eine Straße“
vorgestellt wurde, zog die chinesische Führung die Aufmerksamkeit der gesamten
internationalen Gemeinschaft auf sich.
Die Mehrheit der internationalen Gemeinschaft reagierte sehr positiv. Aber
bestimmte Beobachter sahen in dem Konzept „Ein Gürtel, eine Straße“ die
strategische Bedeutung von Chinas Wirtschafts- und Sozialentwicklung und
seiner Diplomatie.
Ihnen erschien es, als wenn China die Idee von „Ein Gürtel, eine Straße“
nur in der Perspektive seiner eigenen Entwicklung sehe, und nicht als wichtige
Möglichkeit, Wachstum und Entwicklung in alle Regionen der Zone und sogar auf
die ganze Welt zu bringen. Aber wer meint, das Projekt „Ein Gürtel, eine
Straße“ sei nur für die Entwicklung Chinas gedacht, der verkennt die tiefe
Bedeutung seines strategischen Ziels. Viele ausländische Medien
interpretierten dieses Konzept als chinesische Version des „Marshallplans“ und
als Herausforderung für die internationale Ordnung der USA. Das ist eine noch
voreingenommenere Deutung.
Warum also hat China dieses ehrgeizige Konzept „Ein Gürtel, eine Straße“
vorgestellt?
Zuerst möchte ich mit der Analyse beginnen, ausgehend vom Standpunkt einer
ausgewogenen Entwicklung, warum Chinas Eintreten für „Ein Gürtel, eine Straße“
dazu führen kann, eine gemeinsame Entwicklung der Länder entlang der
Seidenstraße zu ermöglichen.
Wenn man von einer ausgewogenen Entwicklung der Länder entlang der Route
ausgeht, lassen sich drei Ebenen unterscheiden:
Erstens, angesichts des Entwicklungsstandes in China selbst fördert das
Projekt eine ausgewogene Entwicklung zwischen dem westlichen und dem östlichen
China, denn derzeit besteht ein Ungleichgewicht in der Entwicklung von Ost und
West.
Wer die Topographie Chinas kennt, weiß, daß der Westen hoch und der Osten
tief ist, daß der Westen ein Hochplateau und der Osten eine Ebene ist.
In wirtschaftlicher Hinsicht ist genau das Gegenteil der Fall. Da ist der
Osten hoch und der Westen ganz unten. Das heißt, im Osten, einschließlich der
Küstenregion, ist die Wirtschaftsentwicklung stärker, während sie im Westen
schwächer ist. Die Wirtschaftsentwicklung in den Bergen und auf dem Land ist
relativ zurückgeblieben.
Man könnte sagen, das ist das Gegenteil der Topographie.
Nach den Daten, die das chinesische Statistikamt vor kurzem veröffentlicht
hat, beträgt das BIP Chinas 6800 $ pro Einwohner. Während das BIP pro
Einwohner in der autonomen Region Xinjiang an der westlichen Grenze 6200 $
beträgt, liegt das BIP im Delta des Perlenflusses bereits seit mehreren Jahren
über 10.000$, und in bestimmten Zonen sogar fast 20.000$. Es gibt also enorme
Unterschiede.
Die zweite Ebene betrifft die unausgewogene Entwicklung zwischen China und
den Ländern östlich und westlich seines Umfeldes.
2014 erreichte unser Handelsvolumen mit Japan 310 Mrd. $; mit den
ASEAN-Ländern waren es 480 Mrd. $, und mit Südkorea wurden 290 Mrd. $
erreicht. Wenn man alle drei zusammenrechnet - Japan, Südkorea und die
ASEAN-Länder - war das gesamte Handelsvolumen 1 Bio. $.
Was ist andererseits die Lage der Importe und Exporte mit dem Westen? 2014
war das Handelsvolumen zwischen China und den fünf zentralasiatischen Ländern
etwa 40 Mrd. $; mit Indien etwa 70 Mrd.$, und der Handel mit Rußland lag unter
100 Mrd. $.
Die Russische Föderation und Indien gehören zu den größten Ländern der
Welt. Zusammen mit Zentralasien war der gesamte Handel zwischen China und
diesen Ländern noch nicht einmal so groß wie das Handelsvolumen zwischen China
und Südkorea, das sich auf 240 Mrd. $ belief. Deswegen begannen wir mit dem
Konzept „Ein Gürtel, eine Straße“, einer strategischen Vision, die sich auf
die Regionen westlich von China und die große eurasische Region orientiert, so
daß die Entwicklung dieser Regionen im Westen genauso dynamisch werden könnte
wie in den Regionen im Osten.
Wir wissen, daß der Westen Chinas reich an Rohstoffen ist. Dort sind reiche
Ressourcen konzentriert. Chinas Nachbarn im Westen, wie die zentralasiatischen
Länder, Rußland und die westasiatischen Länder, haben reiche Öl-, Gas- und
Nichteisenmetall-Vorräte. Das sind die Länder auf der Erde mit vielen
Reserven.
Derzeit droht Chinas anhaltender Entwicklung ein Engpaß, nämlich in Form
von Rohstoffen. Die Ölimporte lagen im letzten Jahr bei 310 Mio. t. 310 Mio. t
sind eine große Menge. Sie bedeutet 58-59% des Gesamtverbrauchs unseres
Landes, also fast 60%. Somit ist China bei der Energie offenbar von fremden
Ländern abhängig.
Deswegen muß China bei Energie und Rohstoffen mit den Ländern entlang der
Seidenstraße kooperieren, nicht nur, um deren Volkswirtschaften zu verbessern
und zu entwickeln, sondern auch wegen der nachhaltigen Entwicklungsbedürfnisse
Chinas selbst. Zusammenarbeit bei Energie und Rohstoffen ist nicht nur im
Interesse der Entwicklung der Länder entlang der Seidenstraße, sondern ist
auch für die Entwicklung Chinas von Vorteil. Der Zweck ist, den Interessen
beider Seiten zu dienen.
Die dritte Ebene ist, die Entwicklung des gesamten eurasischen Kontinents
zu fördern. Dadurch kann eine neue Lokomotive für das weltweite
Wirtschaftswachstum entstehen.
Der eurasische Kontinent ist ein riesiges Gebiet. Der östliche Teil ist das
asiatisch-pazifische Wirtschaftszentrum mit einer blühenden Wirtschaft. Das an
Eurasien angrenzende Westeuropa ist auch ein prosperierender
Wirtschaftsraum.
Im Gegensatz dazu entwickelt sich die große mittlere Zone nur sehr langsam,
sie liegt weit hinter den beiden Außenbereichen des Kontinents. Im
übertragenen Sinne ergibt sich daraus das Bild einer Hantel: Groß an beiden
Enden und ein schmaler Stab dazwischen. Doch darin sind viele Samen enthalten
und bieten ein enormes Potential. Anders gesagt, die beiden Außenzonen
Eurasiens erleben eine rapide Entwicklung, und die mittleren Regionen hinken
schon seit langer Zeit hinterher.
Wenn die Entwicklung von „Ein Gürtel, eine Straße“ vorankommt, kann so eine
riesige neue Wirtschaftszone entstehen, was Bevölkerung, Gesamtwirtschaft und
Entwicklungspotential angeht. Keine der jetzigen beiden Wirtschaftszonen läßt
sich mit dieser Zone vergleichen, die eine Struktur erzeugen kann, die die
Entwicklung ganz Eurasiens fördern kann, indem sie durch den Osten, die Mitte
und den Westen der Region verläuft.
Eine beschleunigte Entwicklung des eurasischen Kontinents wird eine
wichtige Lokomotive für das Wachstum der Weltwirtschaft sein. Sie wird eine
wichtige Rolle bei einer ausgeglichenen Entwicklung spielen, um die
Weltwirtschaft zu stimulieren.
II.
China hat diese Idee unter Bedingungen entwickelt, die eine große
Herausforderung bedeuten, was seine Inspiration und Kreativität erheblich
angeregt hat. Ausgangspunkt ist die Entwicklung Chinas und gleichzeitig die
Förderung der Entwicklung und des Fortschritts der Welt insgesamt.
Was bedeutet das Projekt „Ein Gürtel, eine Straße“ für die Welt? Meiner
Ansicht nach spielen dabei die folgenden Punkte eine Rolle:
Erstens wird es den Prozeß der Globalisierung fortsetzen. In den letzten
Jahrzehnten wurde durch den Anstoß der Globalisierung die rapide Integration
von Politik, Wirtschaft und Kultur beschleunigt. Die rapide Entwicklung der
Globalisierung veränderte die politische Struktur der Weltwirtschaft. Die
Rolle der Staaten, insbesondere von Schwellenländern, darf in der
Weltwirtschaft nicht ignoriert werden.
Dennoch hat die Finanzkrise, die in den Vereinigten Staaten begann, in
vielen Ländern Zweifel aufkommen lassen. Sie sehen in der Globalisierung nicht
nur einen Vorteil für ihre eigene Entwicklung, sondern auch eine Quelle vieler
Probleme. Einige Länder haben sogar damit begonnen, über die Vor- und
Nachteile der Globalisierung nachzudenken. Erkenntnisse und Aktionen gegen die
Globalisierung wurden laut. Probleme sind spürbar in Handelsfragen, wobei die
entwickelten Länder die Handelsvorschriften für die Schwellenländer verschärft
haben. Einige haben sogar das Banner des Protektionismus bei den
multilateralen Handelsgesprächen der WTO geschwenkt.
Ein gleichermaßen neues Phänomen in der Weltwirtschaft ist die Abkopplung
und eine Differenzierungstendenz zwischen Entwicklungsländern und entwickelten
Ländern. Das Wirtschaftswachstum in den entwickelten Ländern erreicht nicht
mehr das Niveau, das in der Vergangenheit üblich war, als es auch das Wachstum
der Entwicklungsländer mitzog.
In diesem Zusammenhang schlug Präsident Xi Jinping das Projekt „Ein Gürtel,
eine Straße“ vor, um die Globalisierung zu fördern. Er betonte, daß Chinas
Ziel unter dem Einfluß der Globalisierung nicht die Selbsterhaltung sei,
sondern China wolle, daß sich unter den Ländern mit ihrer Geschichte und ihrer
Kultur neue Beziehungen entwickeln.
Indem „Ein Gürtel, eine Straße“ 60 Länder zusammenbringt und deren
Kommunikationsgrundlage sowie die Wirtschafts- und Handelskooperation unter
ihnen stärkt, wird sie ein starker Anstoß für die Globalisierung sein.
Zweitens geht es um die Schaffung neuer Lokomotiven für das weltweite
Wirtschaftswachstum.
An einen Ende von „Ein Gürtel, eine Straße“ liegt der asiatisch-pazifische
Wirtschaftskreis, am anderen liegt der entwickelte europäische
Wirtschaftsraum, und dazwischen liegen Länder mit reichem Samen, und alles
zusammen hat ein ungeheures Potential. „Ein Gürtel, eine Straße“ wird ein
rapides Wachstum für den Aufbau der Weltwirtschaft beitragen, denn Entwicklung
ist die Lösung für das Problem der Armut. Nur nachhaltige Entwicklung ist das
wirksame Mittel, um endlich das Problem der Armut zu lösen und den
Lebensstandard der Bevölkerung zu heben.
Drittens, wird sie die positive Energie unterschiedlicher Zivilisationen
freisetzen und die Toleranz fördern. Angesichts der Komplexität der Religionen
aller ethnischen Gruppen müssen wir überall entlang von „Ein Gürtel, eine
Straße“ Aufgeschlossenheit und Toleranz üben, was zur Lösung der eben
erwähnten Probleme beitragen wird.
Die chinesische Kultur ist durch große Toleranz gekennzeichnet. Der Einfluß
der Kultur ist fundamental. Die Toleranz der chinesischen Kultur ist auch
entscheidend in der Logik des chinesischen Vorgehens in der internationalen
Gemeinschaft.
Die von Konfuzius inspirierte chinesische Kultur verlangt, „sich selbst zu
kultivieren und dann anderen zu helfen“. Das bedeutet, man sollte zuerst sich
selbst Gutes tun, und dann ist man fähig, mit anderen zu interagieren. Der
Einfluß der chinesischen politischen Philosophie und Kultur ist der wichtigste
und grundlegende Schlüssel für China: Besinnung nach innen und Toleranz nach
außen.
Diese Philosophie unterscheidet sich sehr von anderen Philosophien in der
Welt, insbesondere der westlichen Philosophie. Kulturen auf Weltebene sind
zwar unterschiedlich, aber es gibt keinen Unterschied dabei, Gut von Böse zu
unterscheiden. Die Vielfalt der Kulturen unterstreicht nur den Reichtum der
Menschheit. Der Bau von „Ein Gürtel, eine Straße“ bedeutet, vom anderen zu
lernen, gegenseitige Toleranz zu üben und nicht den Weg zum Konflikt zu
beschreiten. Das sind die Erkenntnisse und Fähigkeiten, die China zur Welt
beizutragen hofft.
Viertens, Frieden und Sicherheit auf der Welt stärken helfen. Die Erfahrung
Europas und anderer Länder zeigt, daß enge wirtschaftspolitische Kooperation
dauerhaften Frieden und Sicherheit bringt.
Die Interessen der Länder entlang von „Ein Gürtel, eine Straße“ sind
verwickelt und komplex. Der Bereich traditioneller und nichttraditioneller
Sicherheitsbedrohungen ist sehr ernst und ist eine fundamentale Überlegung bei
der Umsetzung des Projekts „Ein Gürtel, eine Straße“.
Die Einrichtung tragfähiger regionaler Sicherheitsmechanismen ist bei Bau
von „Ein Gürtel, eine Straße“ unverzichtbar. Am vordringlichsten ist jedoch
die Entwicklung einer engen Wirtschaftszusammenarbeit zwischen den Ländern
entlang des Gürtels.
Wirtschaftliche Integration allein ist eine wichtige Grundlage, um die
Sicherheit zu erhalten. Präsident Xi Jinping hat auf dem Treffen der Konferenz
für Zusammenwirken und Vertrauensbildung in Asien (CICA) ein neues
Sicherheitskonzept vorgeschlagen, und hat die Notwendigkeit für gemeinsame
Sicherheit, kollaborative Sicherheit, kollektive Sicherheit und nachhaltige
Sicherheit unterstrichen. Dieses Konzept könnte ein wichtiger Konsens im
Aufbau von „Ein Gürtel, eine Straße“ werden.
„Ein Gürtel, eine Straße“ kann nicht ohne einen gemeinsamen,
kollaborativen, kollektiven und nachhaltigen Sicherheitsmechanismus
verwirklicht werden; es kann nicht entstehen, ohne die Sicherheitsbedenken der
Großmächte zu berücksichtigen, und des muß für Sicherheit entlang den See- und
Landkorridoren von „Ein Gürtel, eine Straße“ sorgen, um die Produktion zu
schützen, was ein Beitrag für die zukünftige Sicherheit der gesamten Welt
ist.
III.
Was sind die von China vorgeschlagenen Innovationen von „Ein Gürtel, eine
Straße“?
Erstens unterscheiden sie sich in diplomatischer Philosophie von der
Politik, die zu Beginn der Reform und Öffnung eingeführt wurde, nämlich in dem
Begriff „äußere Ressourcen leihen“ im Dienst des wirtschaftlichen Aufbaus,
aber es zeigt auch, daß die Vision von Chinas Strategie kein enger
Nationalismus ist, wie einige Medien behaupten, sondern zu einer Form des
kosmopolitischen Denkens geworden ist.
Es ist eine Kombination von Entwicklung und Fähigkeiten, die mit der Reform
und mit der Öffnung zum internationalen System in den letzten 30 Jahren
erreicht wurden. Dies wurde in die Außenwelt zurückübertragen, wodurch ein
Kreislauf interaktiver, zweidirektionaler Entwicklung geschaffen wurde.
Dies zeigt, daß China wirklich damit begonnen hat, eine Art System von
„Gerechtigkeit und Vorteil“ aufzubauen, das zur gemeinsamen Entwicklung aller
Länder auf der Welt, Nachbarländer eingeschlossen, beiträgt, um die Dividenden
der Entwicklung Chinas zu teilen.
Dieses Vorgehen wird ein Vorteil im Interesse dieser Länder werden. Denn es
bedeutet, daß China, das sich weiter entwickelt, aktiv eine internationale
Perspektive auf Grundlage geltender Bestimmungen aufbauen will. Auf diese
Weise werden auch China und andere Länder über die „Wirtschaftszone der
Seidenstraße“ in eine Art Polymerisierungsreaktion hineingeraten.
Zweitens, China ist während des Baus von „Ein Gürtel, eine Straße“ die
politische Verpflichtung eingegangen, weiter Offenheit, Gleichheit und
Teilhabe zu betreiben. Chinas Hauptanliegen ist es, eine Art kulturelle
Zusammenarbeit mit den Ländern zu bilden, die entlang der Region liegen, und
das trotz großer Differenzen in Politik, Ideologien und
Wirtschaftsmodellen.
Man auch sagen, dies ist eine Destillation des „Geistes von Schanghai“, der
„gegenseitiges Vertrauen, gegenseitigen Vorteil, Gleichheit, Konsultation,
Achtung der kulturellen Vielfalt und Suche nach gemeinsamer Entwicklung
umfaßt.
Dies ist Ausdruck der neuen geopolitischen und geoökonomischen Realität
Eurasiens in der Zeit nach dem Kalten Krieg. Sein Ziel ist es, einen
dauerhaften Frieden in der Region herzustellen und zu konkretisieren, um einen
dynamischen Mechanismus für eine harmonische Entwicklung und gemeinsame
Prosperität zu schaffen.
Das bedeutet, daß alle Seiten aufgerufen sind, sich an der Zusammenarbeit
der Projektbeteiligten zu beteiligen und partnerschaftliche Beziehungen
weiterzuführen, und daß ein übertrieben egoistisches Verhalten, selbst wenn es
nicht aggressiv ist, die Begeisterung der Partner bei der Kooperation
beeinträchtigt.
In diesem Rahmen könnte Chinas Orientierung auf andere Länder durch einen
Prozeß gegenseitiger Zusammenarbeit in Interessen und Politik die
Möglichkeiten der Zusammenarbeit anregen.
Drittens, wenn man die Verpflichtungen und Verantwortlichkeit Chinas in
regionalen Angelegenheiten unterstreicht, bedeutet dies nicht, daß China
versucht sein könnte, sie zu dominieren oder gar zu monopolisieren und in eine
Art geopolitisches Projekt umzufunktionieren. Der chinesische Präsident Xi
Jinping hat bei seiner letzten Reise nach Zentralasien betont, daß China
grundsätzlich „keine Hegemonie in regionalen Angelegenheiten sucht, noch
danach strebt, eine Einflußsphäre zu verwalten“.
Zwar konzentriert sich diese Initiative auf Ideen zum Aufbau der
Zusammenarbeit unter bestimmten Ländern in der Region, doch China wünscht
auch, Koordinationsmechanismen mit anderen Regionen und auch auf
internationaler Ebene beizubehalten.
Chinas Initiative, die Entwicklung der Shanghaier Organisation für
Zusammenarbeit (SOZ) und der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft
voranzutreiben, insbesondere dadurch, daß chinesische und russische Führer im
Mai diesen Jahres die Gemeinsame Erklärung des „Wirtschaftsgürtels der
Seidenstraße“ und der „Eurasischen Wirtschaftsunion“ unterschrieben haben, ist
Beweis für im Gang befindliche Annäherung.
Die Initiative des „Wirtschaftsgürtels der Seidenstraße“ ist gewiß kein
absolut reziprok vorteilhafter Austauschmechanismus. Sie ist vielmehr Ausdruck
des chinesischen Wunsches, die Grundlage für Fähigkeiten und andere Faktoren
öffentlicher Güter zu schaffen. Es sollen gemeinsame Entwicklungsmöglichkeiten
mit den Ländern entlang der Region geteilt, die gegenseitige Entwicklung
gefördert und dann ein Vorschlag für eine Prinzipiengemeinschaft entlang des
Gürtels unterbreitet werden. Die Existenz und weitere Entwicklung dieser
Interessengemeinschaft soll erhalten und gefördert werden.