S C H I L L E R J A H R

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F R I E D R I C H   S C H I L L E R

Schiller ist nichts für Dünnbrettbohrer
Ralf Schauerhammer

Friedrich Schiller genießt im Jahr 2005 Popularität. Das ist erfreulich, da er viele Jahre wie ein toter Hund behandelt wurde. Hoffentlich werden in diesem Jahr möglichst viele Jugendliche dazu angeregt, Schillers Werke zu lesen. Das ist besser, als das Lesen der vielen Schiller-Bücher, welche rechtzeitig zum Schillerjahr 2005 erschienen sind. Diese vermitteln bisweilen ein völlig falsches Bild von Schiller, vor allem, wenn sie Schiller zu einem Vorläufer der "Moderne" machen.

Ein Beispiel für diese fehlgeleitete "Modernisierung" ist das Buch von Sigrid Damm, welches in der Neuen Solidarität (Nr. 42/2004) besprochen wurde. Ich frage mich, warum Frau Damm dieses Buch überhaupt geschrieben hat. Sie kommt zu dem Schluß, daß Schiller sein Handeln immer nur seinem Werk untergeordnet habe und schließt mit der Feststellung: "Ich verlasse Friedrich Schiller. Es bleibt nichts als sein Werk." Aber genau über dieses "Werk" ist in dem Buch fast nichts zu erfahren. Mein Rat: Man spare sich die 500 Seiten des Buches und lese dafür Schillers Werk.

Zusätzlich hat das Nichtlesen dieses Buches den Vorteil, daß man sich nicht über Frau Damms falsche "Modernisierung" Schillers ärgern muß. Wie kommt Frau Damm zu der Behauptung, Schiller resigniere zunehmend vor der zyklisch verlaufenden Geschichte und werde zum Vorläufer einer Geisteshaltung, für die Hofmannsthal später den Begriff der "Konservativen Revolution" geprägt habe? Ins gleiche Horn stößt übrigens Rüdiger Safranski, dessen Buch ebenfalls in der Neuen Solidarität besprochen wurde, wenn er behauptet: "Wie Nietzsche hätte auch Schiller sagen können: Wir haben die Kunst, damit wir am Leben nicht zugrunde gehen." Das ist modern, denn modern ist, daß die Kunst in der Welt nichts bewirken kann und bestenfalls dabei hilft, sich mit der Welt abzufinden.

Das steht aber im diametralen Widerspruch zu Schiller. Und wenn wir 2005 etwas von Schiller lernen sollten, dann vor allem die Erkenntnis, daß diese moderne Vorstellung von Kunst feige, faul und falsch ist. In einer schier hoffnungslosen politischen Situation, wie sie nach der gescheiterten Französischen Revolution in der Tat in Europa bestand, wirkte und wirkt Schiller durch die schöne Kunst. Er besserte und bessert noch heute den einzelnen Menschen, die menschliche Gattung, um letztendlich den freien Vernunftstaat zu verwirklichen. Dazu haben wir die schöne Kunst! Und was als Kunst nicht diese Wirkung erzielt, das verdient diesen Namen nicht.

Deshalb schreibt Schiller allen Künstlern ins Stammbuch:

Wer herausfinden will, warum Schiller damit recht hat, der muß Schillers Werke lesen, und zwar vor dem Hintergrund seiner theoretischen Schriften.